Hinter dem Jubelschrei von Marie-Therese Sporer (27) beim Nachtslalom am Dienstag in Flachau steckt mehr als die Erleichterung über ein ansprechendes Ergebnis. Vielmehr zeigt sich dahinter eine Leidensgeschichte, bei der sich Leistungsdruck, Zukunftsängste und fehlendes Vertrauen in einem Gefühlschaos aufgestaut haben. «Ich habe die Pistole an die Brust gesetzt bekommen vor dem Rennen», sagt Sporer nach ihrem 18. Platz. Davor habe es geheissen: Entweder hole sie Weltcup-Punkte oder es sei ihr letztes Rennen gewesen, es gebe jüngere, die nachdrängen. Jetzt hat die Technikerin den Kopf noch einmal aus der Schlinge gezogen – abermals.
Die Österreicherin ist seit 2018 auf oberster Stufe im Riesenslalom und Slalom unterwegs. Mehr als ein Top-15-Resultat erreichte sie seither nicht. Stattdessen schied Sporer regelmässig aus. Vergangenes Jahr wuchs die Kritik im Verband (ÖSV) an ihren Leistungen und den ausbleibenden Weltcup-Punkten. Vor dieser Saison wurde sie aus dem Nationalkader aussortiert. Ihre Karriere stand vor dem Aus.
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Persönliches Bestresultat reicht nicht
Doch sie raffte sich auf. Und stand, nachdem sie sich in der internen Qualifikation gegen ihre Teamkolleginnen durchgesetzt hatte, beim Saisonauftakt in Levi am Start. Im ersten Slalom schied Sporer zwar aus, doch einen Tag später sorgte sie mit Platz 13 für ein Ausrufezeichen.
Trotzdem bleibt ihr ein Kaderplatz weiterhin verwehrt. Weniger Privilegien geniesst sie deshalb aber nicht: «Ich werde vom ÖSV akzeptiert, auch mein Papa als Servicemann, ich darf im Teamhotel wohnen und alles mitmachen. Meine Kosten werden übernommen, die Kosten für meinen Papa zahle ich selber. Das sorgt natürlich auch für ordentlich Druck, finanziell wie mental», sagt Sporer.
In den Wochen nach Levi rutschte sie erneut in eine Abwärtsspirale. Nichts funktionierte mehr. Was folgt, ist schliesslich die Kraftprobe in Flachau. «Da ist es um Karriere fortsetzen oder Karriereende gegangen und da wird es dir schon ein bisschen schwummrig, da weisst du nicht, wo oben und unten ist», sagt Sporer.
Klare Worte an Verband
Rückblickend kritisiert sie das damalige Verhalten des ÖSV: «Ich hoffe, die Trainer setzen mir nicht noch einmal die Pistole auf die Brust, weil das wirklich ungut ist. Da kämpfst du fast jeden Tag ums Überleben.»
Selbstverständlich versteht sie aber auch manche Entscheidungen des Trainerteams, allen voran von Cheftrainer Roland Assinger: «Er hat mir immer wieder die Chance gegeben und ich habe ja gewusst, dass da jetzt etwas kommt, da ich mich oft nicht qualifiziert habe.» Nun hat Sporer ihre letzte Chance genutzt. Nächstes Wochenende geht ihre Karriere in Jasna weiter. (men)