Damian Ott ist der lebende Beweis, dass man aus Corona auch einen grossen Gewinn erzielen kann. Beim letzten Wettkampf vor der Pandemie verpasst der Toggenburger als 19. den angestrebten Kranz am Eidgenössischen in Zug deutlich. Aber während andere Schwinger gejammert haben, weil sie zwischen März 2020 und März 2021 pandemiebedingt kaum Zweikämpfe im Sägemehl bestreiten durften, hat sich Ott in der Folterkammer des ehemaligen Konditionstrainers von Jörg Abderhalden zu einem echten Giganten entwickelt.
«Wir sind im Kanton St. Gallen eine Gruppe von jungen Schwingern, die unter der Leitung von Robin Stadler extrem gut zusammen trainiert», sagt Ott. So gut, dass er sich nach seinen Bergfestsiegen auf dem Weissenstein und am Schwarzsee nun auch Kilchberg-Sieger nennen darf.
Als Schulhof-Rüpel fing alles an
Dabei wollte Ott ursprünglich gar nicht Schwinger werden. Damian ist mit sieben Geschwistern in einer Bauernfamilie in Dreien bei Mosnang aufgewachsen, die stark vom Seilziehen geprägt ist. «Meine Schwester Petra hat bei den U-23-Weltmeisterschaften im Seilziehen die Goldmedaille gewonnen. Und eigentlich wollte auch ich Seilzieher werden.»
Aber nachdem der Klassenlehrer den Eltern mitgeteilt hat, dass sich ihr Bub auf dem Pausenplatz mit den Kameraden raufen würde, hat man ihn ins Schwingtraining geschickt. Ab diesem Zeitpunkt hat sich Ott auch in der Schule mustergültig verhalten.
Bösch war sein Lehrer im Sägemehl
Sein Lehrer im Sägemehl hat 2011 für den bis gestern letzten Nordostschweizer Triumph an einem Eidgenössischen Anlass gesorgt. Die Rede ist von Unspunnen-Sieger Daniel Bösch (33). «Dani gehörte im Schwingklub Wil zu meinen wichtigsten Lehrmeistern. Egal, was ich ihn gefragt habe – ich habe von ihm immer eine gute Antwort erhalten.»
Die Nachricht, dass Dani Bösch an Krebs erkrankt ist, hat ihn darum Anfang Sommer besonders hart getroffen.
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Lieber voll arbeiten als Sponsoren
Auf andere Gedanken kommt der 1,97-Meter-Mann mit Schuhgrösse 49,5 bei seiner Arbeit als Zimmermann. Im Gegensatz zu anderen Top-Schwingern hat Ott sein berufliches Pensum kaum reduziert. Das liegt auch daran, dass er trotz seinem raketenartigen Karriere-Verlauf noch keine Sponsoren-Verträge abgeschlossen hat. «Ich bin im Sport nicht aufs Geld aus, ich Schwinge aus Freude.»
Nicht ganz so viel Freude bereitet ihm offensichtlich das Musizieren. Otts Eltern Romy und Oskar haben bei der Erziehung grossen Wert darauf gelegt, dass jedes Kind ein Musikinstrument erlernt. Damian hat sich für ein Schwyzerörgeli entschieden. Doch darauf spielt er heute nur noch selten.