Noch eine Sport-Party in Paris
Die Franzosen lieben auch die Paralympics

Spiele der Inklusion sollten die Paralympics in Paris werden, ein zweites grosses Sportfest nach den Olympischen Spielen. Die Gastgebernation hat Wort gehalten.
Publiziert: 08.09.2024 um 17:41 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2024 um 17:58 Uhr
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Die Olympischen Spiele in Paris waren gigantisch – die Paralympics sind es auch: Nicht nur beim Rollstuhl-Basketball toben die französischen Fans.
Foto: Getty Images

Auf einen Blick

  • Paralympics in Paris begeistern Kinder und Touristen
  • Auch in der Vorstadt Clichy-sous-Bois war die Atmosphäre grossartig
  • Mehr als 2,4 Millionen verkaufte Tickets, 92% davon an Franzosen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Marco Keller, Paris

Freitagmorgen, kurz vor 9 Uhr. Pendlerströme und zahlreiche Touristen pflügen sich durch den Gare du Nord, dazu zahlreiche Touristen. Plötzlich helle Kinderstimmen, die immer wieder drei Wörter wiederholen. «Allez les Bleus!» Unruhig stehen sie in Zweierreihen ein und werden begrüsst von einem Paralympics-Volunteer, der eine Fahne mit der Aufschrift «Stade de France» trägt.

Für sie geht es zur Morgensession der Para-Leichtathletik. «Es ist eine wunderbare Möglichkeit für die Kinder, Spitzensportler zu erleben, und die Vorfreude ist gross», sagt Catherine, die Lehrerin.

Wenig später sind wir in Clichy-sous-Bois, jener Vorstadt von Paris, an der die Radstrassen-Wettbewerbe ausgetragen werden. An die Abschrankungen gelehnt viele Kleinkinder – jedes Mal, wenn Fahrerinnen oder Fahrer durchfahren, schwenken sie ihre blau-weiss-roten Fahnen.

Vergleichbar mit London 2012

Wer hier lebt, hat es nicht einfach: 2019 war Clichy die Gemeinde mit der dritthöchsten Armutsquote im europäischen Frankreich (42 Prozent). Durch die Paralympics sollen nun auch Kids aus diesen unterprivilegierten Zonen der Hauptstadt mit der olympischen Bewegung in Berührung kommen. «Es sollen Spiele für alle sein», sagt Tony Estanguet, der OK-Präsident der Olympischen und Paralympischen Spiele.

Punkto Atmosphäre hat auch Clichy-sous-Bois die Erwartungen erfüllt. «Die Atmosphäre war grossartig», sagt Timothy Zemp, der Schweizer Zeitfahrspezialist, der mit Platz 7 ein Diplom holte. Beat Bösch, der als Para-Leichtathlet seine siebten Spiele absolvierte und damit mehr als jeder andere Schweizer der Delegation, ordnet Paris generell ganz oben ein: «Es ist eine Riesenstimmung, vielleicht nicht ganz so wie in London 2012, aber definitiv vergleichbar.»

Die Begeisterung war generell gross. So wurde im Para-Badminton während Ballwechseln spontan die Nationalhymne angestimmt, die «Marseillaise», so übertrug einer der nationalen TV-Kanäle am ersten Tag den Para-Taekwondo-Einsatz des 19-jährigen französischen Talents zur besten Sendezeit in die Wohnzimmer, und so war im Stade de France jede Leichtathletik-Session ohnehin ein Spektakel. Wenn ein Athlet der «Équipe Tricolore» startete, wäre generell ein Ohrenschutz nützlich gewesen. Und – das ist für französische Sport-Aficionados ungewöhnlich – war die Positivität auch bei Misserfolgen gross.

Mehr als 2,4 Millionen verkaufte Tickets

Die Gastgebernation erachtete die Paralympics keineswegs als unerwünschtes Anhängsel. Und setzen damit das um, was Estanguet, einst dreifacher Kanu-Olympiasieger, in seiner emotionalen Rede an der Eröffnungsfeier gesagt hatte: «Heute Abend beginnt die schönste Revolution, die paralympische Revolution. Ihr seid Revolutionäre aus der ganzen Welt, ihr habt Mut und Entschlossenheit.»

Mehr als 2,4 Millionen Tickets sind laut den Organisatoren verkauft worden, mehr als 92 Prozent davon an französische Staatsangehörige. Von den 144 Nationen, in die Tickets abgesetzt wurden, stellen Grossbritannien (28 Prozent), Deutschland (14) und die USA (10 Prozent) die grössten ausländischen Kontingente.

Am Montag werden die Tribünen abgebaut und die Metropole geht nach einem denkwürdigen Sommer langsam wieder ihrem Normalzustand entgegen. Erst längerfristig wird sich auch zeigen, ob die angestrebte Inklusion wirklich erreicht wird und damit die Worte Estanguets nachhallen. Barrierefreiheit ist an den allermeisten Orten in Paris noch reines Wunschdenken. Eine schockierende Zahl dazu: Bislang ist einzig die Linie 14 der Metro komplett barrierefrei.

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