Ex-Para-Star ist Blick-Experte
Ist der Schweizer Wohlstand hinderlich für Paralympics-Spitzenleistungen?

Die Schweiz bietet ihren Paralympioniken hervorragende Bedingungen, die weltweit mehr oder weniger einzigartig sind. Doch Blick-Experte Lukas Christen stellt sich die Frage, ob der Wohlstand im internationalen Wettkampf sogar ein Nachteil sein kann.
Publiziert: 29.08.2024 um 18:28 Uhr
|
Aktualisiert: 01.09.2024 um 11:34 Uhr
Lukas Christen ist fünffacher Goldgewinner an den Paralympics.
Foto: PHILIPP SCHMIDLI | Fotografie
Lukas Christen

Der Schweizer Schwimmer Leo McCrea kämpft in seiner Kategorie gegen Profis. Er trainiert ebenfalls täglich, schuftet aber zusätzlich noch für das Studium. Grandios!

Schützin Nicole Häusler musste wegen ihres Handicaps die Sportart wechseln. Sie arbeitete hart und schaffte den Disziplinenwechsel. Das ist aussergewöhnlich!

Leichtathletin Patricia Eachus meisterte mehrere gesundheitliche Rückschläge und kämpfte sich an die Paralympics. Und das neben einem Teilzeitjob. Das ist enorm aufwendig!

Das alles ist möglich, weil die Schweiz eine Topnation ist, auch jenseits des Sports. Das Zusammenspiel von Spitzensport, Beruf, Studium und gesellschaftlicher Einbettung funktioniert. Was Verbände, Vereine und Support-Institutionen leisten, ist Weltklasse.

Athleten aus armen Ländern gehen härter an die Grenze

Die Schweizer Paralympics-Szene hat im Verbund mit ihren Partnern wunderbare Umstände geschaffen. Das ermöglicht, dass auch Cracks, die weniger bekannt sind als Marcel Hug oder Catherine Debrunner, gute Lebensperspektiven haben.

Es gibt kaum andere Länder, in denen das auf diesem Level möglich ist. Unsere Paralympioniken sind zwar dankbar dafür und ziehen viel Motivation aus diesem Wohlstand.

Jedoch: Gibt man im Sport wirklich alles, wenn man um das Auffangnetz dieses Wohlstands weiss? Ich habe Athleten aus armen Ländern gesehen. Sie fahren im Wettkampf eine radikale Leistungsbereitschaft hoch und überschreiten die eigenen Grenzen. Sie wachsen über sich hinaus, weil sie wissen: Ein Erfolg an den Paralympics kann ihre wirtschaftliche Lage und ihre oft misslichen Lebensperspektiven massiv verbessern.

Wird der Schweizer Wohlstand für unsere Paralympics-Cracks also im Wettkampf mit den Gegnern aus der ganzen Welt eher ein Nachteil sein? Oder gibt er doch zusätzlichen Schub? Die kommenden Tage in Paris werden es zeigen.

Lukas Christen (58) verlor mit 21 Jahren bei einem Töffunfall sein linkes Bein. Parallel zum Wirtschaftsstudium wird er als Sprinter und Weitspringer zu einem der weltbesten Behindertensportler. Christen nimmt 1992, 1996 und 2000 an den Paralympics teil und holt fünfmal Gold. Die Paralympics 2024 in Paris begleitet der Zentralschweizer als Blick-Experte.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?