Es gibt Mountainbike-Fahrer, die wie ein Formel-1-Pilot mit der technischen Entwicklung ihres Fahrzeugs nichts zu tun haben und einfach damit losbrausen, wenn es fertig zusammengebaut ist. Und es gibt Mountainbike-Fahrer wie Mathias Flückiger (35). Die aktuelle Weltnummer 1 ist ein Velo-Tüftler sondergleichen und massgeblich an der technischen Entwicklung seines brandneuen Bikes beteiligt, das ihn an den Olympischen Spielen in Paris auf Medaillenkurs bringen soll.
Beim Schweizer Hersteller Thömus, der Firma von Velo-Tausendsassa Thomas Binggeli (49) aus dem bernischen Oberried, begann direkt nach Flückigers Olympia-Silbermedaille 2021 in Tokio die Arbeit an der neuen Rennmaschine mit Fokus auf Paris 2024. Mittendrin bei der 1,3 Millionen teuren Entwicklung: Flückiger und Rennstallchef Ralph Näf (43), selber ehemaliger Olympionike.
Der Bruder arbeitet bei der Konkurrenz
Flückiger sagt: «Ich habe ja mal Baumaschinenmechaniker gelernt. Dort habe ich mir das Grundwissen angeeignet.» Der Bike-Routinier redet beim Brainstorming mit, gibt technische Inputs und ist natürlich auch Testfahrer. Die Begeisterung des Gesamtweltcupsiegers von 2021 für die Velotechnik ist förmlich greifbar, es sprudelt nur so aus Flückiger heraus, wenns darum geht, mit welchen Kniffs ein Bike leichter und um entscheidende Sekundenbruchteile schneller gemacht werden kann.
Doch hoppla. Ausgerechnet im engsten Familienkreis musste er in den letzten Jahren schweigen, wenns um seine neue Paris-Rakete ging. Denn Flückigers Bruder Lukas (40) arbeitet bei der Konkurrenz – der frühere Weltcupfahrer ist Teammanager beim Schweizer Velobauer Bixs in Sursee LU, wo für Olympiaanwärter Marcel Guerrini (29) ebenfalls fleissig entwickelt wird.
«Das stimmt», sagt Mathias Flückiger auf die Frage, ob er sich beim Fachsimpeln mit Bruder Lukas auf die Zunge beissen musste, «das war manchmal schwierig. Ich musste aufpassen, dass ich nicht etwas ausplappere. Denn sie arbeiten gleichzeitig ja auch an ihrem neuen Velo.»
Jetzt ist die Geheimniskrämerei vorerst vorbei, das ganze Weltcup-Team inklusive Frauen-Hoffnung Alessandra Keller (28) startet mit dem neuen Modell in die Saison.