Er gab ein letztes Interview dem welschen Magazin «L’Illustré». Dann verschwand Christian Constantin (66) nach dem schmählichen Abstieg des FC Sion von der Bildfläche. Abschalten in Indonesien. Eine Kreuzfahrt bei Bali und Umgebung soll ihn während zwei Wochen auf andere Gedanken bringen.
Doch was er davor dem «Illustré» zu sagen hatte, ist durchaus brisant. Erst gratuliert er artig Stade-Lausanne-Ouchy zum Aufstieg. «Sie haben verdient gewonnen.» Doch dann ledert er los und es geht – und das ist schon ein Ritual – gegen die Liga und die Schiedsrichter. Aber auch gegen Mario Balotelli (32)!
CC will 25 Millionen – auch wegen Yverdon
«Wenn du permanent bestohlen wirst, ist es schwierig, deine Bijouterie offenzulassen», sagt CC. Und zielt damit auf die Schiedsrichter-Benachteiligungen ab. Was wahr ist: Die Saison ist vorbei, man kann Bilanz ziehen: Glück und Pech bei Schiedsrichter-Entscheidungen und VAR-Interventionen halten sich üblicherweise zwar in etwa die Waage. Doch viele Leute aus dem Fussball-Business, die nichts mit dem FC Sion zu tun haben, haben durchaus festgestellt, dass im Fall der Walliser die Balance heuer nicht gestimmt hat. Da hat sich schon sehr, sehr viel Pech kumuliert.
Weil das aus Sicht von CC nicht Pech ist, sondern gezielte Attacken auf den FC Sion, zieht er vor Gericht und fordert von der Liga Schadenersatz in der Höhe von 20 bis 25 Millionen Franken. Für die Schiri-Fehler und die dem Aufsteiger Yverdon gemäss CC zu Unrecht erteilte Lizenz. «Dieser Betrag entspricht in etwa dem Budget der abgelaufenen Saison.»
«Meine Fehler haben nicht das Gewicht eines Abstiegs»
Die «Illustré» macht in diesem Interview ihren Job und hakt nach. CC selber sei doch der Hauptverantwortliche des Abstiegs. So wie das Blick im Kommentar über die Relegation des Traditionsklubs auch ausgemacht hat. Doch CC sieht das nicht so. «Wenn man ein grosses Schiff wie einen Profi-Fussballklub führt, macht man nicht immer alles richtig. Aber ich denke nicht, dass meine Fehler das Gewicht eines Abstiegs hatten. Da waren die erwähnten Probleme. Dazu noch ganz viel Pech.»
Nicht in diese Kategorie fällt indes der Superstar, den CC auf diese Saison hin geholt hat, um europäisch zu werden und den er mit der unglaublichen Summe von 2,8 Millionen Franken königlich entlohnt: Mario Balotelli. CC: «Mario hat uns weder das in ihn gesetzte Vertrauen zurückgegeben, noch hat er uns für den grossen Effort, den wir geleistet haben, belohnt. Der Junge denkt, dass die Regeln, welche ein Kollektiv am Laufen halten, vor allem für die anderen gemacht seien. Wenn seine Berater ein Land für ihn finden, in welchem das Geld nicht denselben Wert hat wie bei uns, wird er vielleicht bald wieder spielen. Vielleicht auch nicht. Und das wäre vielleicht sogar besser so.»
Die aktuelle Spielergeneration denke nur an Insta und Ferien
Ganz generell hält CC wenig von der neuen Spielergeneration: «Alles hat geändert. Vor allem die Mentalität der Spieler. Für sie haben das Palmarès, Ehre und Stolz, das Trikot eines Klubs zu tragen, nicht mehr dieselbe Bedeutung. Ob sie gewinnen oder verlieren, was zählt, sind ihre Social-Media-Accounts, und sie sind schneller im Organisieren ihrer Ferien als die nötigen Ressourcen anzuzapfen, um ein Resultat zu kehren.»
CC wirkt in diesem Interview nicht geknickt. Schon gar nicht, wenn er sagt, dass der Abstieg ihm vielleicht ermögliche, sich langsam in Richtung Ende zu bewegen, weil er ohnehin vorhabe, den Profi-Fussball in einem Jahr aufzugeben. So schimmert auch eine gewisse Müdigkeit, ja Überdruss durch. Auch wenn es um Kritik an ihm selber geht. «Es macht nie Spass, kritisiert zu werden. Vor allem, wenn man mehr Energie und Geld hineingesteckt hat als deine Konkurrenz, um sich auf demselben Niveau bewegen zu können. Da sage ich mir dann schon: Weshalb präsentiere ich Leuten ein Spektakel, die dir nichts bringen ausser Tausende von Franken an Bussen und schlaflose Nächte wegen des Ärgers? Und dann kritisieren sie dich, während sie auf Polizisten losgehen. Was ich ihnen zugutehalten muss: Wenn sie mich als ‹crétin des alpes›* bezeichnen, haben sie recht. Man muss wirklich ein Vollidiot sein, um solch einen Aufwand zu betreiben und so viel Geld auszugeben, wie ich es getan habe. Das war 25 Jahre lang mein Leben und ich bereue nichts. Ich möchte einzig daran erinnern, dass es nur zwei Präsidenten gegeben hat, die mit dem FC Sion Geschichte geschrieben haben: Monsieur Luisier und ich. Und das wars dann. Man muss sich keinen Illusionen hingeben: Kein Privater wird sich das antun wollen.»
Investoren stehen bereit!
Tönt schon schwer melancholisch. Nur: In diesem Punkt täuscht sich CC: Es gibt sehr wohl Interessenten und Investoren, die den Profi-Fussball im fussballverrückten Wallis am Leben erhalten würden. Nur haben alle dieselbe Bedingung: CC muss sich vollständig zurückziehen. Was nicht mehr ausgeschlossen scheint.
*Dummkopf der Alpen
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |