Mit Bayern gescheitert
Ist Thomas Tuchel ein guter Trainer?

Taktisch gilt er als gewieft, aber Noch-Bayern-Trainer Thomas Tuchel geht etwas ab, was es heutzutage braucht, um auf höchstem Niveau langfristig Erfolg zu haben.
Publiziert: 27.02.2024 um 16:04 Uhr
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Aktualisiert: 27.02.2024 um 16:09 Uhr
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Thomas Tuchel setzte sich beim Spiel am Samstag in Leipzig lieber auf eine Alu-Kiste am Spielfeldrand, anstatt auf die Bank.
Foto: DUKAS
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Patrick MäderAutor Blick Sport

Es gibt gute und weniger gute Fussball-Trainer. In meiner aktiven Zeit habe ich verschiedenste Typen kennengelernt. Da waren die Emotionalen mit wenig Ahnung von Taktik – ich nenne sie «Geht raus und fresst Gras»-Typen. Dann die Gspürigen, die uns kurz vor dem Anpfiff zum innigen gemeinsamen Händchenhalten aufforderten, um uns dann im Guru-Ton Sätze wie «Ihr könnt das, ihr seid gut, habt Vertrauen in euch. Ohmm» zuzuflüstern.

Am Schlimmsten aber waren die Beleidigten, die nur nach Siegen von «wir» sprachen und uns Spieler nach Niederlagen zwei Tage lang mit Schweigen, Nichtbeachtung und sinnlosem Extralauftraining bis zum Beinahe-Erbrechen bestraften. Und dann gabs noch die Faulen, die nach den Trainings schnell abhauten, um rechtzeitig auf dem Golfplatz zu stehen.

Der Pedant und der Strahlemann

Ok, ich spreche hier von den Achtzigern und Neunzigern, viel zu lange her. Seitdem hat sich in der Trainerausbildung sehr viel Positives getan. Doch unterschiedliche Trainertypen gibt es immer noch. Pep Guardiola, Meister in Sachen Struktur, Ordnung und Feintuning, der seinen Spielern klare Rollen zuteilt, ihnen aber trotzdem die Freude am Spielen lässt. Ein Tüftler, ein Pedant – mehr Leidenschaft für den Fussball geht nicht. Guardiolas unbändiger Erfolgshunger ist ansteckend, seine Titelsammlung imposant, sein Drang nach Perfektion beeindruckend.

Und Jürgen Klopp, der Menschenfänger, der es wie kein anderer versteht, die Fans, ja eine ganze Region, zum 12. Mann zu machen. Er elektrifiziert mit seinen Emotionen das ganze Stadion. Er treibt seine Spieler an, macht sie heiss, lässt sie stürmen, liebkost sie, spricht mit ihnen, steht hinter ihnen, egal, ob sie gewonnen oder verloren haben. Die Spieler würden für ihn durchs Feuer gehen – die Fans sowieso. Klopp ist aufregend und authentisch. Und ganz nebenbei ist er weltweit der Mann mit den weissesten Zähnen – ein Strahlemann.

Und da ist Tuchel, der beleidigte Miesepeter. Der alles persönlich nimmt, keine Kritik erträgt. Der die Spieler, die ihm nicht passen, demontiert. Der sich selber zu wichtig nimmt – so auch am Samstag im Spiel in Leipzig zu beobachten, als sich Tuchel trotzig auf eine Alu-Kiste setzte, weg von der Teambank. Wohl um allen demonstrativ mitzuteilen, dass er nach der verkündeten Trennung auf Ende Saison eigentlich nicht mehr dazugehören will zu den Bayern, ab jetzt nur noch auf sich selber schaut, die Koffer bereits gepackt hat, weil man ihm wieder einmal Unrecht getan hat. Tuchel, der Missverstandene, der gern ironisch wird, wenn ihm eine Journalistenfrage zuwider ist. Sogar unerschütterliche Bayern-Fans in meinem Kollegenkreis sind froh, dass er bald weg ist.

Empathie und Sozialkompetenz 

Natürlich: Es ist unfair, Menschen zu beurteilen, die man nicht persönlich kennt. Ich mutmasse bloss aufgrund von Beobachtungen, und möglicherweise irre ich mich. Trotzdem: auf Top-Niveau können heutzutage nur Trainer langfristig Erfolg haben, die empathisch sind und neben dem taktischen Genius hohe Sozialkompetenz besitzen.

Es braucht jemanden, zu dem man aufschaut, der die Spieler ernst nimmt, miteinbezieht, auf sie eingeht, auf jeden einzeln, und der auch Fehler zugeben kann. So wie Carlo Ancelotti einer ist, wie Köbi Kuhn einer war, wie Xabi Alonso einer werden kann.

Ich verstehe es, wenn die Spieler für Tuchel keine Extrameile gehen wollen. Aber das liegt wohl auch am Zustand der Bayern-Profis selber, die offensichtlich zu viel Macht im Klub haben, die möglicherweise zu satt, zu verwöhnt sind. Tuchel ist nicht der erste Trainer, der in München scheitert. Auch Ancelotti und Guardiola konnten die riesigen Erwartungen nicht erfüllen.

Damit alles zusammenpasst, muss zudem auch das Glück mitspielen, die Klub-Chemie stimmen – und noch viele andere Faktoren. Am Ende entscheiden die Resultate, der Erfolg, die Anzahl gewonnener Titel, ob ein Trainer gut ist oder nicht. Bayern droht eine titellose Saison.

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