Mehr Action, kürzere Spiele
Revolutioniert die Halle den Fussball?

Mehr Action, weniger lange Spiele und spezielle Regeln. Mit Hallenligen soll der Fussball revolutioniert und die Jugend begeistert werden. Eine wirkliche Konkurrenz zum klassischen Spiel ist es aber nicht, findet Jung-Autor Björn Lindroos im Newsletter Steilpass.
Publiziert: 30.01.2024 um 15:40 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2024 um 17:14 Uhr
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Die Zukunft des Fussballs? Spieler duellieren sich in der Ballers League.
Foto: imago/Eibner
Björn Lindroos

«Ein Dach über dem Kopf ist das Wichtigste im Leben, nur ein Dach kann Geborgenheit uns geben», besagt ein bekanntes Sprichwort. Gilt dies nun auch für den Fussball? Könnte sein, denn eine Hallen-Revolution rollt auf unsere geliebte Sportart zu.

Mit der «Baller League» haben die deutschen Fussball-Stars Mats Hummels (35) und Lukas Podolski (38) Anfang Januar ihre eigene Hallenfussballliga lanciert. Zwölf Teams treten an elf Spieltagen jeweils am Montag gegeneinander an. Gespielt wird dabei sechs gegen sechs auf einem Kleinfeld mit Kunstrasen, eine Halbzeit dauert 15 Minuten. In den Schlussminuten der beiden Halbzeiten kommen zudem jeweils Sonderregeln zum Einsatz, die das Spiel noch ereignisreicher machen sollen. Welche Regel gilt, wird durch ein Glücksrad bestimmt. Beispiele für solche Sonderregeln: Tore dürfen nur noch per Volley erzielt werden oder Pässe sind nur noch nach vorne erlaubt.

Alisha Lehmann als Coach

Etliche Stars wurden zur Unterstützung an Bord geholt. So stehen Influencer, Fussballer und Prominente aus anderen Bereichen als «Team-Manager» im Einsatz und coachen die insgesamt zwölf Teams der Liga. Auch die Schweizer Fussballerin Alisha Lehmann (25) ist dabei. Die Bernerin mit über 16 Millionen Instagram-Follower steht beim Podolski-Team «Street United» an der Bande. Auf dem Platz spielen dann effektiv aber keine Fussballprofis, sondern Amateurspieler.

Mit der Liga wollen Hummels und Podolski eine neue Ära im Fussball einläuten. Die Zielgruppe dabei ist klar: die Jugend. Man will meine Generation Z mit der immer kürzer werdenden Aufmerksamkeitsspanne erreichen. Eben keine 90 Minuten Fussball mehr, sondern alles kürzer, schneller und spektakulärer. Tiktok auf dem Fussballplatz.

Spiele werden gestreamt

Auch die Übertragung ist auf die Jugendlichen ausgerichtet, die Spiele können auf der Streaming-Plattform Twitch angeschaut werden. Die Kommentatoren interagieren dabei mit dem Live-Chat und lassen die Zuschauer so aktiv am Geschehen teilhaben. Mit Influencern als Trainer und Werbefiguren sollen zudem weitere junge Fans vor die Bildschirme gelockt werden. Falls ältere Leser dieses Newsletters das Phänomen Influencer nicht verstehen, hilft ein Zitat von Christoph Kramer (32): «Sie sind der Thomas Gottschalk der Jungen», so der Gladbach-Spieler, der als Trainer auch Teil der Hallenliga ist.

Ich kann der Baller League aber nicht wirklich viel abgewinnen. Auch wenn die Idee mich als jugendlichen Fussballfan doch eigentlich abholen sollte. Mit Fussball hat dies meiner Meinung nach aber nicht mehr viel zu tun. Ausserdem ist die Qualität der Spiele nicht wirklich hoch. Ich schaue mir lieber am Wochenende 90 Minuten «richtigen Fussball» an, auch wenn nicht jede Sekunde etwas passiert.

In der Schweiz einst beliebt

Doch es gibt auch die andere Art von Hallenfussball. Denn die Schweizer Profiklubs schnürten sich lange die Hallenschuhe und begeisterten die Massen. Gerade in den 80er- und 90er-Jahren sei es laut Erzählungen meines Vaters enorm beliebt gewesen. Er erzählte mir auch, wie Franz Beckenbauer 1983 das Zürcher Hallenstadion begeisterte, als ihn GC extra für das Turnier verpflichtete.

Zu meinen Lebzeiten gab es dann noch die Hallenmasters in Winterthur. Als ich 2014 als 10-Jähriger mit meiner Familie selbst in Winti war und die (für mich) legendäre GC-Mannschaft um Bürki, Zuber, Dabbur und Caio in der Halle spielen sah, war es fast etwas surreal. Doch es war eine gelungene Abwechslung in der Winterpause und durchaus sehenswert. Seit 2017 gibt es das Turnier aber nicht mehr, der Schweizer Hallenfussball ist tot. Ein Revival ist unwahrscheinlich, doch es wäre toll. Oder würdest du die Super-League-Teams nicht gerne an einem Hallenturnier spielen sehen? Mir wäre es sicherlich lieber als die mit Influencern gespickte Baller League.

Final vor 90'000 Fans

Doch die Zahlen sprechen für sich, das Konzept hat sich anderswo bewährt. Im letzten Jahr lancierte schon Gerard Piqué seine eigene Hallenliga und feierte damit riesige Erfolge in Spanien. Das Finalturnier wurde vor über 90'000 Zuschauern im Camp Nou ausgetragen. Unglaublich. Ein solches Finalturnier in einem grossen Stadion soll auch die Baller League planen. Und weitere Konkurrenzprodukte stehen übrigens bereits in den Startlöchern.

Doch ich sehe keine wirkliche Konkurrenz zum klassischen Fussball. Denn trotz etlicher, neuer, Varianten in der Halle wird das traditionelle Spiel unter freiem Himmel nie seinen Glanz verlieren. 

Apropos Hallenfussball: Im Winter spiele ich selbst sehr gerne unter einem Dach. An jedem ersten Montag des Monats duellieren wir fussballbegeisterten Blick-Mitarbeiter uns in einer Zürcher Halle. Ob die Qualität auch für die Baller League reichen würde? Beim Januar-Tschuten bildeten Blick-Fotograf Toto Marti und ich jedenfalls ein dynamisches Offensiv-Duo, welches auch den deutschen Influencern das Fürchten lehren würde. 

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