Verständlicherweise ist Nati-Captain Granit Xhaka (28) zu diesem Zeitpunkt stinksauer: Paul Pogba, einer von Frankreichs hochgelobten Superstars, hat den Ball aus 20 Metern ins Lattenkreuz geknallt. Die Schweiz hat im Achtelfinal eine 1:0-Führung aus der Hand gegeben, liegt gegen 1:3 zurück. Der Frust muss bei Xhaka irgendwie raus. Keine Minute später meckert er wegen einer Freistoss-Entscheidung. Der argentinische Ref Fernando Rapallini zeigt ihm Gelb!
Dampf ablassen am TV
Eine Verwarnung mit Folgen: Denn es ist Xhakas zweite in diesem Turnier. Der Taktgeber und verlängerte Arm von Vladimir Petkovic sitzt am Freitag beim Viertelfinal gegen Spanien in St. Petersburg auf der Tribüne!
Xhaka schluckt die bittere, gelbe Pille. Treibt sein Team weiter an. Lanciert vor dem 3:3 Mario Gavranovic mit einem Traumpass.
Und nach dem 5:4-Triumph im Elferschiessen lässt Xhaka vor den Fernsehkameras so richtig Dampf ab. Er greift sich in seine gebleichten Haare. Macht mit Zeige- und Mittelfinger das Schnipsel-Zeichen. Und haut dann mit der Faust in die Kamera.
«Haben vielen das Maul gestopft»
Der Leitwolf sagt: «Es ist ein unglaubliches Gefühl. Jeder Schweizer kann einfach nur stolz sein. Das war Frankreich und nicht eine 0815-Mannschaft, das muss jedem bewusst sein! Es wurde soviel geschrieben, dass die Mannschaft arrogant sei. Aber heute haben wir vielen das Maul gestopft.»
Nicht nur Xhakas Emotionen werden am Freitag gegen die Spanier fehlen! Wie unersetzbar Xhaka in der Regel ist, erlebt die Schweiz bei einem Qualifikationsspiel für diese EM im März 2019 in Basel. Gegen Dänemark führt die Nati (auch dank einem Treffer von Xhaka) 3:0, als der angeschlagene Captain in der 76. Minute durch Djibril Sow ersetzt werden muss. Die Schweizer kassieren ohne Xhaka innert sieben Minuten gleich drei Tore.
Wer macht gegen die Spanier den Xhaka?
Djibril Sow wäre eine Möglichkeit, Edimilson Fernandes auch. Doch die klar besten Chancen hat Gladbachs Denis Zakaria. Der Genfer kommt bisher an diesem Turnier erst 25 Minuten beim 1:1 gegen Wales zum Einsatz. Wie fit er ist, beweist er am Montagabend beim Sturm auf Penalty-Held Yann Sommer: Zakaria gewinnt das Rennen klar.
Wie es ohne Xhaka geht, weiss Nati-Direktor Pierluigi Tami. Der ehemalige U21-Coach: «Ich erinnere mich an den Halbfinal der U21-EM in Dänemark. Da war Granit auch gesperrt – und wir schafften es trotzdem in den Final.»