Harmlose Sonnen-Trainings in Austin
Ferrari vorne – macht FIA einen Kuhhandel mit Red Bull?

Offenbar wissen die Bullen (Verletzung der Budgetobergrenze 2021) seit Tagen, was ihnen droht. Wenn das Weltmeister-Team die Strafe der FIA akzeptiert, ist der Prozess abgeschlossen. Tagessieger in Austin: Leclerc (Ferrari).
Publiziert: 22.10.2022 um 01:30 Uhr
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Aktualisiert: 22.10.2022 um 02:10 Uhr
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Das zweite Training in Austin: Die Bestzeit schnappt sich Charles Leclerc im Ferrari.
Foto: AFP
Roger Benoit

Red Bull soll das Budget um über zwei Millionen Dollar überzogen haben. Dafür könnte ihnen in der Saison 2023 eine reduzierte Windkanalzeit drohen. Klar, dass da Mercedes, Ferrari, McLaren und Haas in der Öffentlichkeit weiter aufschreien würden.

Muss Gericht entscheiden?

Weigert sich Red Bull, die Strafe anzunehmen (also den Betrug zuzugeben!), geht der Fall vor die Cost-Cap-Jury, die aus 8 bis 16 unabhängigen Richtern besteht. Bis dort ein Urteil gefällt würde, leuchten bestimmt schon die Adventskerzen…

Rennsport-Direktor Helmut Marko: «Einen Entzug des WM-Titels würden wir nie akzeptieren – und dagegen würden wir bis zur letzten Instanz vorgehen!» Es geht in dieser Sache auch um den Ruf der Marke Red Bull. Betrug lässt sich keine Firma gerne an die Fahne heften.

Pirelli-Befehl: Alle 26 Runden

Auch im zweiten Training, das wegen der zusätzlichen Pirelli-Reifentests über 90 Minuten ging, wartete man vergeblich auf etwas Action auf dem 5,5 km langen Texas-Highway. Alle verpflichteten sich offenbar, 26 Runden mit dem Entwicklungs-Gummi der Italiener zu absolvieren.

Leclerc, der im ersten Training den Ferrari an den Russen Shwartzman abgeben musste, gab am Nachmittag mit 1:36,810 sofort den Ton an. Dahinter der seit neun Rennen punktelose Finne Bottas im Alfa-Sauber. Zeigen die vielen Updates (Frontflügel, neue Nase, Unterboden) in den Staaten Wirkung?

Rangliste ohne Wert!

Auf Platz drei: Ricciardo, der ja im ersten Training auch nicht dabei war. Dieses Trio war zuerst mit dem «normalen» Gummi (Medium und Weich) unterwegs.

Der Monegasse Leclerc kann übrigens seine zehnte Pole-Position 2022 beim 19. WM-Lauf vergessen. Wenn die Zeitenjagd um Mitternacht MEZ (TV live, ORF) beginnt, muss der WM-Dritte mindestens fünf Strafplätze zurück. Er braucht den sechsten Motor 2022 und muss noch mit dem Austausch von mehr Teilen rechnen.

Auch Zhou muss zurück!

Mindestens fünf Strafplätze kassieren auch der Chinese Zhou im Alfa-Sauber und der Mexikaner Pérez im Red Bull-Honda. Beide müssen sich den fünften Motor einbauen lassen. Und da nur drei pro Saison erlaubt sind, gehts eben wieder mal zurück. Es könnte noch weitere Opfer bei der Startaufstellung geben.

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Das erste Training in Austin: Carlos Sainz fährt die Bestzeit im Ferrari.
Foto: Lukas Gorys

Giovinazzi: Crash nach 7 Minuten

Im ersten Texas-Training holte sich Sainz mit dem Ferrari in 1:36,857 die Bestzeit. Vor Verstappen, Hamilton und Stroll. Hinten konnte der weiter vertragslose Schumi (15.) im Haas-Ferrari wenigstens die fünf Freitags-Fahrer in den ersten 60 Minuten knapp in Schach halten. Oder nur 0,029 vor seinem früheren Formel-2-Rivalen Shwartzman…

Der Auftritt der fünf «Talente» in der Mittagssonne endete schon nach sieben Minuten mit einem Kuss in die Tecpro-Mauern. Der Sünder hiess Antonio Giovinazzi (29) – früher über drei Jahre in Hinwil angestellt! Dabei gingen Unterboden, Aufhängungen und Getriebe kaputt. Der Italiener («der Wind trug mich raus») durfte auf Druck von Ferrari im Haas-Ferrari 60 Minuten lang testen. Für Kevin Magnussen.

«Mick kein Überflieger!»

Damit war das Abenteuer für den glück- und chancenlosen Formel-E-Fahrer schnell beendet. Im Haas-Einsatz deshalb nur Mick Schumacher, der beim Heimrennen unter Druck steht. «Er muss endlich abliefern und Punkte holen», fordert Rennstallbesitzer Gene Haas.

2023 hat man mit dem Finanzriesen MoneyGram aus Dallas endlich wieder mal einen Hauptsponsor. Fehlt nur noch der zweite Fahrer. Auf den deutschen Online-Kanälen überbieten sich täglich die Spekulationen. Interessant, was der einst grosse Gegenspieler von Michael Schumacher sagte. Damon Hill (62). «Mick ist nicht der Überflieger, für den ihn viele halten!»

Kein Exploit von Pourchaire

Neben Giovinazzi sahen wir noch den US-Star Logan Sargeant im Williams-Mercedes – Platz 19. Dann durfte der in Israel geborene Russe Shwartzman für Leclerc im Ferrari ran – Platz 16.

McLaren schickte den Spanier Palou aus der Indycar-Serie für Ricciardo ins Rennen – Platz 17. Und bei Alfa-Sauber bekam der Formel-2-Vizemeister Théo Pourchaire (19) eine erste Chance – Platz 18. Dafür musste Bottas zuschauen.

FIA stellt Rennleiter kalt

Knapp ein Jahr nach dem Skandal beim WM-Finale in Abu Dhabi, als Rennleiter Michael Masi mit falschen Safety-Car-Regeln Verstappen den Titel «schenkte», muss jetzt wieder ein Renndirektor den Hut nehmen. Der Portugiese Eduardo Freitas darf 2022 nicht mehr an die Strecke. Der Deutsche Wittich ist jetzt Alleinherrscher.

Freitas stolperte über den letzten GP in Suzuka. Er soll nach dem frühen Crash von Sainz (Ferrari) das Safety Car nicht im Griff gehabt haben. Zudem soll der Rettungs-Bagger zu früh Richtung Sainz-Wrack unterwegs gewesen sein.

Tödliches Suzuka-Duell 2014…

Die Fahrer schrien auf, forderten Konsequenzen, weil sie alle an das Bianchi-Drama 2014 in Suzuka erinnert wurden. Aber hallo. Damals waren Bianchi (Marussia) und Ericsson (Caterham) im sintflutartigen Regen wie zwei Verrückte mit über 200 km/h unterwegs. Von den Boxen aufgefordert, noch mehr zu pushen! Es ging kurz vor Schluss um Platz 16…

Das Pech: Bianchi verlor sein Auto ausgerechnet in der Kurve, in der an den Leitplanken hinten ein Bagger versuchte, das Sauber-Wrack von Sutil zu bergen. Dieser war eine Runde zuvor dort abgeflogen. Wäre Bianchi eine Runde später abgeflogen, hätte er an den Leitplanken wohl überlebt. Aber so knallte er mit 165 km/h in den Bagger.

Kein Vergleich mit Bianchi-Drama

Und vor zwei Wochen in Suzuka? Kein Vergleich zum Bianchi-Drama. Nach dem Rausflug von Sainz kam relativ schnell die rote Flagge! Für die Fahrer heisst das: langsam zurück an die Boxen – die Strecke gehört jetzt den Rettungsfahrzeugen.

Und ein Video zeigt es klar: Ein Bagger rollt neben der Piste auf das Sainz-Auto zu. 18 Piloten rollten im Regen mehr oder weniger langsam (also mit rund 60 km/h) weit neben dem Bagger und dem gestrandeten Ferrari vorbei. Von Gefahr keine Spur. Doch dann kam Gasly noch aus den Boxen zurück ins längst abgebrochene «Rennen». Und der Franzose knatterte im Alpha Tauri-Honda mit 251 km/h am Bagger und dem Ferrari vorbei.

Gasly zu milde bestraft

Die FIA reagierte schnell, liess Gasly vor den Kommissaren antreten. Und die handelten dank des eindeutigen Videos schnell: Gasly kassierte eine 20-Sekunden-Zeitstrafe und zwei weitere Strafpunkte (jetzt neun). Viel zu wenig, wie Experten sagten. Denn Gasly gehört neben Russell zu den Piloten-Sprechern!

Mogeln bald alle?

Dass die FIA jetzt den eigenen Mann (Renndirektor Freitas) opferte, gehört zu den seltsamen Entscheidungen aus Paris. Die Leute um Präsident Ben Sulayem sollten sich also endlich im Betrugsfall von Red Bull mit einem Urteil beeilen.

Ja, einige Teams sagen schon öffentlich, wenn Red Bull mit einem blauen Auge davonkommt, werden sie ihre Budgets ab sofort auch überziehen!

1. Training in Austin

Foto: Twitter @F1

2. Training in Austin

Foto: Twitter @F1
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