Kaum ist der zweite Titel in Folge im Trockenen, hängt am Eingang des Gebäudes, in dem Zugs Meistermacher Dan Tangnes mit seiner Familie wohnt, ein Zettel. Darauf sind Bilder des EVZ-Coachs aus diesem und dem letzten Jahr mit dem Pokal zu sehen – und darunter steht: «2023?» «Das habe aber nicht ich gemacht», wehrt Tangnes ab.
Bei seinen Nachbarn in Cham ZG ist die Euphorie ungebrochen. Auf den Terrassen der umliegenden Häuser sind noch EVZ-Fähnchen zu sehen. Einer hatte in der Garage beim Parkplatz des Norwegers die Aufschrift «Meister-Trainer» hingeklebt. Der 43-Jährige hat sie inzwischen entfernt.
Als Tangnes und seine Tochter Wilma (11) die Wohnungstüre öffnen, ist auch Hund Tango dabei, der den Besuch begrüssen will. Später knurrt der neun Monate alte, knuddelige Labradoodle noch ein wenig, was ihm eine erste harsche Zurechtweisung von Tangnes einbringt.
In der schlicht im nordischen Stil eingerichteten Wohnung deutet nichts auf wilde Meister-Partys hin. Es herrscht Ordnung. Anja, die schwedische Frau von Tangnes, ist beim Paddle-Tennis-Spielen. «Sie hat mir die Dinge hier überlassen», sagt der Meistermacher, als er barfuss durch die geräumige Stube geht. «Wir werden sehen, wie das geht. Ich bin dabei ausserhalb meiner Komfortzone.» Hätte er es nicht gesagt, würde man allerdings nichts davon bemerken. Charmant serviert er Kaffee, Mineralwasser und leckere, selbst gebackene, schwedische Zimtschnecken.
Pasta mit Kalbfleisch, Trüffel und Cognac
Wie steht es sonst um seine Kochkünste? «Früher habe ich mehr gekocht», sagt Tangnes. «Mir fehlt die Zeit, weil ich hier viel mehr arbeite als noch in Schweden.» Seine Spezialität? «Pasta mit Kalbfleisch, Trüffel und Cognac. Das magst du?», sagt er fragend zu seiner Tochter und erntet ein Nicken. «Und Omelettes. Die sind einfach zuzubereiten und gesund.»
Mehr zu Dan Tangnes
Tangnes versteht nach vier Jahren in Zug zwar gut Deutsch, zieht es aber vor, Englisch zu sprechen. «Wenn ich auf ältere Menschen, die kein Englisch können, treffe, spreche ich schon Deutsch und sie verstehen mich auch», sagt der Norweger. «Aber in meinem Job spielt alles, was man sagt, eine Rolle. Die Rhetorik ist eines der wichtigsten Werkzeuge.» Und dass er in diesem Bereich absolut auf der Höhe ist, zeigte Tangnes, als die Zuger im Final gegen die ZSC Lions 0:3 zurücklagen und er die schwierige Situation meisterlich moderierte. Wobei der EVZ-Coach betont, dass seine Zuversicht und Lockerheit nicht gespielt waren.
Im Gegensatz zu ihrem Vater spricht Wilma fliessend Schweizerdeutsch. Es hat sich ausbezahlt, dass sie auf Empfehlung von EVZ-Boss H. P. Strebel nicht in eine englischsprachige Schule ging, was die Integration erleichtert. Anfangs war es allerdings hart für sie gewesen, weil sie ihre Freundinnen vermisste. «Ich habe jeden Abend geweint», sagt sie. Noch heute steht Wilma in regelmässigem Kontakt mit Schweden. Allerdings nicht unbeobachtet. «Ihr Handy ist mit unserem Computer verbunden, sodass wir jede Nachricht, die rausgeht oder reinkommt, sehen können», sagt Tangnes. Ein harter Vater? «Meine Mutter ist härter», sagt Wilma.
Meister, wieder Meister. Dabei hatte der Final für Dan Tangnes und den EVZ denkbar schlecht begonnen. Mit einer Coaches Challenge versuchte der Norweger im ersten Spiel den 2:2-Ausgleichstreffer der ZSC Lions noch abzuwenden. Die Schiedsrichter taxierten den Kontakt von Torschütze Chris Baltisberger mit Leonardo Genoni allerdings als zu geringfügig und Tangnes bekam eine Strafe. Diese nutzten die Zürcher zwei Sekunden vor Schluss zum Siegestreffer.
«Ich würde es wieder tun», sagt Tangnes, dem die Spieler nach dem Titel das Stier-Kostüm mit den grossen Eiern überreichten. Und erklärt auch warum: «Wir haben die folgende Rechnung gemacht: Wenn wir die Challenge nicht nehmen, steht es 2:2 und wir haben 50 Prozent Chance das Spiel zu gewinnen. Wenn wir die Challenge gewinnen, wird das Tor aberkannt und wir haben eine Chance von 92 Prozent, das Spiel zu gewinnen. Und wenn wir mit dem Challenge abblitzen, was dann der Fall war, würden unsere Chancen von 50 auf 42 Prozent runtergehen. In einem Casino würde ich mich auf diese Quote sofort einlassen.»
Er habe nie Angst gehabt, dass die missglückte Coaches Challenge ein Problem in seinem Team sein könnte. «Ich sage meinen Spielern immer, dass 80 Prozent von dem, was in seiner Saison passiert, von ihrer Einstellung, Disziplin oder ihrem Charakter abhängt. Das hat jeder selbst in der Hand. Es hat nichts mit Talent, Erfahrung, dem Lohn oder woher man kommt, zu tun. Und bei diesen Dingen nehme ich die Spieler in die Verantwortung, aber nicht bei einem Puckverlust oder wenn einer das Tor nicht trifft. Und das gleiche gilt für mich. Ich bin nicht perfekt. Ich bin menschlich wie die Spieler. Und bei dieser Challenge ging es nicht darum, mich ins Rampenlicht zu stellen. Ich habe lediglich gemacht, was ich für das Beste für das Team hielt.» (sr)
Meister, wieder Meister. Dabei hatte der Final für Dan Tangnes und den EVZ denkbar schlecht begonnen. Mit einer Coaches Challenge versuchte der Norweger im ersten Spiel den 2:2-Ausgleichstreffer der ZSC Lions noch abzuwenden. Die Schiedsrichter taxierten den Kontakt von Torschütze Chris Baltisberger mit Leonardo Genoni allerdings als zu geringfügig und Tangnes bekam eine Strafe. Diese nutzten die Zürcher zwei Sekunden vor Schluss zum Siegestreffer.
«Ich würde es wieder tun», sagt Tangnes, dem die Spieler nach dem Titel das Stier-Kostüm mit den grossen Eiern überreichten. Und erklärt auch warum: «Wir haben die folgende Rechnung gemacht: Wenn wir die Challenge nicht nehmen, steht es 2:2 und wir haben 50 Prozent Chance das Spiel zu gewinnen. Wenn wir die Challenge gewinnen, wird das Tor aberkannt und wir haben eine Chance von 92 Prozent, das Spiel zu gewinnen. Und wenn wir mit dem Challenge abblitzen, was dann der Fall war, würden unsere Chancen von 50 auf 42 Prozent runtergehen. In einem Casino würde ich mich auf diese Quote sofort einlassen.»
Er habe nie Angst gehabt, dass die missglückte Coaches Challenge ein Problem in seinem Team sein könnte. «Ich sage meinen Spielern immer, dass 80 Prozent von dem, was in seiner Saison passiert, von ihrer Einstellung, Disziplin oder ihrem Charakter abhängt. Das hat jeder selbst in der Hand. Es hat nichts mit Talent, Erfahrung, dem Lohn oder woher man kommt, zu tun. Und bei diesen Dingen nehme ich die Spieler in die Verantwortung, aber nicht bei einem Puckverlust oder wenn einer das Tor nicht trifft. Und das gleiche gilt für mich. Ich bin nicht perfekt. Ich bin menschlich wie die Spieler. Und bei dieser Challenge ging es nicht darum, mich ins Rampenlicht zu stellen. Ich habe lediglich gemacht, was ich für das Beste für das Team hielt.» (sr)
Und wie hat die 11-Jährige den Final erlebt? «Ich habe schon gedacht, dass sie es noch schaffen können. Und als es dann 1:3, 2:3, 3:3 wurde, war ich fast hundertprozentig überzeugt, dass der EVZ oder mein Papi gewinnen.» Sie habe ihrem Vater dabei «sehr geholfen», sagt sie keck. Tangnes: «Ich hatte gutes Coaching von zu Hause.» Hat Wilma ihrem Papa gesagt, dass er die Linien umstellen und Carl Klingberg ins Team bringen muss? «Genau das habe ich ihm gesagt», sagt die leidenschaftliche Unihockey-Spielerin. Ihr Vater hat auch schon als Unihockey-Coach ausgeholfen, was Wilma ein wenig peinlich war, weil ihn ihre Kolleginnen zuweilen nicht verstanden.
In Schweden lebten Frau und Tochter weit weg
Wilma ist auch ein Grund, warum Tangnes in der Schweiz gelandet ist. Als er Trainer in Linköping war, lebten seine Frau und seine Tochter im dreieinhalb Autostunden entfernten Ängelholm im Süden Schwedens. «Ich kann mich an mein letztes Jahr erinnern. Wir hatten die Pre-Playoffs überstanden und ich fuhr an meinem freien Tag sieben Stunden nach Ängelholm und zurück, um sie in der Schule zu überraschen. Und sie fragte, ob ich wieder zurückfahre? Als ich Ja sagte, rannte sie davon. Da war mir klar, dass es so nicht mehr weitergehen kann.»
Ursprünglich hatte er danach ein Jahr Pause eingeplant, da der Vertrag von Harold Kreis in Zug noch ein Jahr lief. Doch dann ging alles schneller, nachdem der EVZ 2018 als Quali-Zweiter bereits im Viertelfinal am späteren Meister ZSC Lions gescheitert war. Noch bevor der Norweger beim EVZ unterschrieb, führte er bereits ein zweistündiges Telefongespräch, das für seinen Erfolg nicht unerheblich sein sollte. Der nun siebenfache Meister-Hexer Leonardo Genoni, dessen Vertrag in Bern ein Jahr darauf auslief, wollte wissen, mit wem er es beim EVZ in Zukunft zu tun bekommen würde, bevor er den Zugern zusagte.
Und wenn ein NHL-Klub anklopft?
Tangnes und seiner Familie gefällt es in Cham, wo Strebel das top-moderne Leistungszentrum OYM aus dem Boden gestampft hat. Beim Spaziergang mit Tango grüsst der Meistermacher die Passanten mit einem «Grüezi» und einem Lächeln. Und am See unten beim malerischen Villette Park sagt er: «Darauf sind wir Chamer stolz.»
Das heisst aber nicht, dass Tangnes für immer bleiben wird. «Man sollte die Türen nie schliessen in diesem Geschäft», antwortet er auf die Frage, ob er sich eine NHL-Anfrage anhören würde. «Man sagt den Spielern, dass sie das Potenzial haben, in Übersee zu spielen, wenn sie es wirklich wollen. Wenn ich nicht den gleichen Antrieb hätte, würde ich den Spielern ja etwas vormachen.» Einst hospitierte er zwei Wochen bei den San Jose Sharks und vor einem Jahr hatte er ein loses Gespräch mit einem NHL-Verein.
«Und dafür willst du deine Karriere aufgeben?»
Tangnes betont aber, dass er bei einer Anfrage «nicht in Ehrfurcht erstarren» und sofort zusagen würde. Hat er dann wie Final-Verlierer Rikard Grönborg eine Ausstiegsklausel im bis 2024 laufenden Vertrag? «Wir haben ein derart gutes Verhältnis, dass es das nicht braucht. Ich denke, das ist ein wichtiger Teil der Klub-Kultur. Sollte es so weit kommen, würden wir uns zusammensetzen und schauen, was möglich ist. Und natürlich müssten wir auch einen Familien-Rat abhalten», sagt der Weinliebhaber, der neben nordischen Krimis auch ein Buch über Champagner auf dem Nachttisch liegen hat.
Tangnes, der als 17-jähriger Junior sein Glück in Schweden suchte, hat es als Trainer schon weit gebracht. Cupsieger 2019 und zweimal Meister in Zug. Dabei hatte ihn sein Chef, als er 2005 seinen Job als Projektleiter bei einer Baufirma aufgab, um bei Rögle als Junioren-Coach zu arbeiten, verständnislos gefragt: «Und dafür willst du deine Karriere aufgeben?»
Mehr zum Meister EVZ
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Lausanne HC | 20 | 12 | 40 | |
2 | ZSC Lions | 18 | 20 | 39 | |
3 | HC Davos | 19 | 21 | 38 | |
4 | SC Bern | 20 | 15 | 33 | |
5 | EHC Biel | 19 | 4 | 32 | |
6 | EV Zug | 19 | 11 | 29 | |
7 | EHC Kloten | 19 | -2 | 28 | |
8 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 19 | -8 | 26 | |
9 | HC Ambri-Piotta | 18 | -10 | 24 | |
10 | HC Lugano | 17 | -13 | 22 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 19 | -11 | 22 | |
12 | Genève-Servette HC | 16 | -2 | 21 | |
13 | SCL Tigers | 17 | -3 | 21 | |
14 | HC Ajoie | 18 | -34 | 12 |