Die Klotener Garderobentüre bleibt lange geschlossen nach der 0:5-Niederlage in Bern. Als die Mannschaft dann nochmals aufs Eis geht, um sich von den Fans zu verabschieden, kämpfen alle Spieler mit den Tränen. Auch Trainer Jeff Tomlinson hat wässrige Augen. «Es war wirklich hart, vor die Spieler zu stehen. Ich dachte, ich werde mich unter Kontrolle haben, hatte ich aber nicht. Es gibt keine Worte für einen solchen Moment.»
Mit dem Saisonende des Aufsteigers endet gleichzeitig Tomlinsons Trainer-Karriere. Aus gesundheitlichen Gründen muss der vierfache Vater kürzertreten. Und seinen Traumjob aufgeben – den der einstige Stürmer gar nie ausüben wollte. Das ist die Geschichte eines Kanadiers, der im Schweizer Eishockey tiefe Spuren hinterlassen hat.
Es ist eine schlimme Knie-Verletzung, die 2002 die Spielerkarriere von Tomlinson abrupt beendet. Damals ist er bei den Eisbären Berlin unter Vertrag, der noch eine weitere Saison läuft. «Man fragte mich, ob ich nicht im Nachwuchs als Trainer aushelfen könnte», erinnert sich der 52-Jährige. Es ist sein erstes Amt als Coach. Als Assistenztrainer des DEL-Teams gewinnt Tomlinson 2008 und 2009 den Meistertitel.
Danach folgen lehrreiche Jahre. Nach zwei Saisons bei Düsseldorf scheitert er in Nürnberg. Im Dezember 2012 wird er entlassen. Die Eisbären holen ihren Schützling zurück. Eine Saison später wird er im Dezember 2014 gefeuert und als Sündenbock abgestempelt. «Man hat mit dem Finger auf mich gezeigt.» Es folgen Monate voller Selbstzweifel, bis er im Juni 2015 von den SCRJ Lakers verpflichtet wird.
«Drehbuch hätte ich nicht besser schreiben können»
«Ich kam als Berliner Bauernopfer nach Rappi», erzählt Tomlinson, «ich war am Boden.» Wie der Klub am Obersee nach dem Abstieg in die Swiss League. «Für mich war es ein Neustart.» Für die Lakers ebenso. Was der Kanadier da noch nicht weiss, aber bald spürt: Er passt perfekt zum SCRJ und umgekehrt. «Das war mein Glück.» Denn damit beginnt die sportliche Erfolgsgeschichte von Jeff Tomlinson, «deren Drehbuch ich nicht hätte besser schreiben können».
Er erinnert sich an eine Schlagzeile von damals, die ihn als Nobody betitelt hat. Sein Ziel ist es jedoch nie, ein grosser Name zu werden. «Ich kann in Bescheidenheit leben und mag ein bescheidenes Umfeld.» In Tomlinsons Bewerbungsunterlagen steht zu seiner Motivation als Coach: «Ich möchte ein Teil davon sein, eine Mannschaft aufzubauen.» Darum hat er bei den Lakers unterschrieben, darum ist er zu Kloten gewechselt. Dass genau dies seine Stärke ist, ein Team zu formen, es zu festigen, auf ein starkes Fundament zu stellen und in eine stabile Zukunft zu schicken, hat er mehr als bewiesen.
Triple-Saison und Nieren-Transplantation
2018 ist Tomlinsons legendäre Triple-Saison mit dem Cup-Triumph, dem SL-Titel und dem Wiederaufstieg. Er führt die Lakers auf Kosten von Kloten im siebten Liga-Quali-Spiel zurück in die National League. Danach etabliert er sie im Oberhaus, obwohl ihn eine Nieren-Krankheit stetig Energie raubt. Im Herbst 2019 bekommt er eine Spender-Niere seines Bruders.
Die gesundheitlichen Probleme halten Kloten 2021 nicht davon ab, mit Tomlinson die Rückkehr in die National League anzustreben. Dem authentischen Trainer gelingt tatsächlich das Kunststück: Zum zweiten Mal wird er zum Aufstiegshelden. Und nicht nur das. Er beeindruckt mit Klotens Leistung die ganze Hockey-Schweiz.
Tomlinson fällt es so kurz nach dem emotionalen Ende noch schwer, auf seine acht Trainer-Jahre in der Schweiz zurückzublicken und zu realisieren, was er alles erreicht hat. Nur soviel: «Es war eine perfekte Reise.» Damit, dass er aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten muss, hat er Frieden geschlossen. Dass er vor seinem Rücktritt die Klotener, denen er als Berater erhalten bleibt, auf ein stabiles Fundament gestellt hat, erfüllt sein Trainerherz mit Zufriedenheit. «Wäre mir das nicht gelungen, hätte ich mir das nie verziehen.»
Jeff Tomlinson, einst als Nobody gekommen, geht als? «Jeff», antwortet er lächelnd.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | Lausanne HC | 31 | 12 | 59 | |
2 | ZSC Lions | 28 | 31 | 58 | |
3 | HC Davos | 32 | 25 | 58 | |
4 | SC Bern | 31 | 18 | 55 | |
5 | EHC Kloten | 32 | -1 | 54 | |
6 | EV Zug | 30 | 20 | 49 | |
7 | SCL Tigers | 30 | 4 | 44 | |
8 | EHC Biel | 30 | 2 | 42 | |
9 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 32 | -11 | 42 | |
10 | HC Ambri-Piotta | 31 | -18 | 41 | |
11 | HC Fribourg-Gottéron | 31 | -12 | 39 | |
12 | Genève-Servette HC | 28 | -3 | 36 | |
13 | HC Lugano | 30 | -23 | 36 | |
14 | HC Ajoie | 30 | -44 | 26 |