Ihren Namen verbindet man mit dem Schweizer Hockey, nun treffe ich Sie hier im Dienste der IIHF an der WM in Prag. Was sind Ihre Aufgaben?
Raeto Raffainer: Von unserem 14-köpfigen IIHF-Gremium sind wir praktisch alle vor Ort, aufgeteilt in Prag oder Ostrava. Zu Beginn des Turniers unterstützen wir die Spiel-Überwachung. Im zweiten Teil des Turniers geht es vor allem um die Vorbereitung des IIHF-Kongresses, zu dem wir rund 180 Delegierte aller Verbände erwarten. Es wird viel besprochen und politisiert.
Ihr Herz schlug immer fürs Eishockey. Sind Sie dem Sport noch nahe genug in dieser Funktion?
Wir kämpfen auch im Council darum, dass der Sport der zentrale Punkt bleibt. Mit Bob Nicholson ist zum Beispiel der ehemalige CEO der Edmonton Oilers ein Mitglied, mit Franz Reindl ein einstiger deutscher Nationalspieler. Aber klar, als Sportchef oder Sportdirektor eines Klubs ist man näher beim Eishockey als CEO oder Council-Mitglied der IIHF.
Vor 13 Monaten verschwanden Sie von der Schweizer Klubbühne. Man fragt sich, was Sie in der Zwischenzeit getan haben?
Am Anfang habe ich es genossen, unterzutauchen und Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Das hat in den Jahren davor gelitten. In solchen Jobs und dazu noch mit internationalen Mandaten ist man viel unterwegs. Als im September die Saison losging, fing ich an, Hockey einfach zu konsumieren. Amüsant war, zu merken, wie ich das Spiel ganz anders betrachte als zuvor als CEO. Da fehlte die Zeit und Ruhe, um wirklich qualitativ gut Eishockey zu schauen und Spieler beobachten zu können. Ich habe extrem viel Eishockey geschaut und wieder grosse Freude daran gefunden, ohne dabei in jenem Stress zu sein, wie wenn man operativ tätig ist.
Raeto Raffainer spielte von 2000 bis 2014 NL-Hockey bei Davos, Zürich, Bern, Rapperswil-Jona und Ambri. Im Anschluss übernahm er bei Swiss Ice Hockey das Amt des Sportdirektors der Schweizer Nationalmannschaften. 2019 wurde er Sportchef beim HC Davos.
Nach eineinhalb Saisons verliess er die Bündner, da ihn der SC Bern im Februar 2021 als Chief Sports Officer anheuerte. Weil Marc Lüthi im August 2022 aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten musste, übernahm Raffainer dessen CEO-Posten. Der 42-Jährige blieb acht Monate Geschäftsführer, bevor er am 21. April Knall auf Fall entlassen wurde.
Seit 2021 ist der Engadiner Council-Mitglied der IIHF, dem höchsten Gremium des Weltverbandes. Dieses Mandat hat ihm gleichzeitig den Einsitz (ohne Stimmrecht) in den Verwaltungsrat von Swiss Ice Hockey gebracht. Raffainer absolviert derzeit an der Uni Bern eine VR-Ausbildung.
Raeto Raffainer spielte von 2000 bis 2014 NL-Hockey bei Davos, Zürich, Bern, Rapperswil-Jona und Ambri. Im Anschluss übernahm er bei Swiss Ice Hockey das Amt des Sportdirektors der Schweizer Nationalmannschaften. 2019 wurde er Sportchef beim HC Davos.
Nach eineinhalb Saisons verliess er die Bündner, da ihn der SC Bern im Februar 2021 als Chief Sports Officer anheuerte. Weil Marc Lüthi im August 2022 aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten musste, übernahm Raffainer dessen CEO-Posten. Der 42-Jährige blieb acht Monate Geschäftsführer, bevor er am 21. April Knall auf Fall entlassen wurde.
Seit 2021 ist der Engadiner Council-Mitglied der IIHF, dem höchsten Gremium des Weltverbandes. Dieses Mandat hat ihm gleichzeitig den Einsitz (ohne Stimmrecht) in den Verwaltungsrat von Swiss Ice Hockey gebracht. Raffainer absolviert derzeit an der Uni Bern eine VR-Ausbildung.
Hockey hat Sie 30 Jahre umgetrieben, Sie waren ein Energiebündel. Die Entlassung beim SCB hat Sie von Hundert auf Null ausgebremst. Wie lange haben Sie gebraucht, um das zu verdauen?
Vom Timing her war es ja Ende Saison. Ich war an den Rhythmus gewöhnt, dass man im Juni, Juli ohne viel Hockey ist. Dann, am Tag des Saisonstarts, bin ich aufgestanden und war nervös. Ich wusste zuerst gar nicht, wieso. Bis ich realisierte, dass es wegen des Saisonstarts ist. Nach einem super Sommer, in dem ich Hockey nicht vermisst habe, bekam ich plötzlich das Gefühl, dass mir etwas fehlt.
Mit anderen Worten sagen Sie mir jetzt, dass Sie es da noch nicht verdaut hatten?
Nein, es war ja das erste Mal, seit ich denken kann, dass es für mich keinen Saisonstart gab. In jenem Moment hat es mich gestört. Es hat mich getriggert und auch traurig gemacht, dass ich nicht dabei sein darf.
War es eine mentale Herausforderung? Davor war Ihr Leben voller Aufgaben, die plötzlich wegfielen. Wie haben Sie diese Leere ausgefüllt?
Meine Frau arbeitet zu neunzig Prozent. Ich habe in der Betreuung unserer Kinder und der Familien-Logistik viel mehr Verantwortung übernommen. Das habe ich genossen. Durch meine Mandate hatte ich noch einen Fuss im Hockey und war darum nicht komplett weg.
Bekamen Sie im letzten Jahr haufenweise Angebote für die freien Jobs im Schweizer Hockey?
Anrufe gab es, teilweise blieb es dabei. Manchmal ergaben sich Treffen. Aber bis jetzt hat sich noch nichts richtig angefühlt, um zurückzukehren.
Ihr Wunsch ist aber, wieder operativ tätig zu sein?
Ich weiss für mich, dass ich im Sport bleiben möchte, aber ich orientiere mich breiter. Diese Horizont-Erweiterung tut mir momentan gut. Durch meine Ruhe und Distanz bekam ich einen breiteren Blickwinkel aufs Schweizer Eishockey, den ich interessant finde. Was ich aber noch nicht weiss, ist, in welche Richtung es für mich geht.
Der WM-Spielplan der Schweiz in Prag:
Freitag, 10. Mai: Schweiz – Norwegen, 5:2
Sonntag, 12. Mai: Österreich – Schweiz, 5:6
Montag, 13. Mai: Schweiz – Tschechien, 2:1 n.P.
Mittwoch, 15. Mai: Schweiz – Grossbritannien, 3:0
Samstag, 18. Mai: Dänemark – Schweiz, 8:0
Sonntag, 19. Mai: Schweiz – Kanada, 20.20 Uhr
Dienstag, 21. Mai: Finnland – Schweiz, 20.20 Uhr
Viertelfinal: Donnerstag, 23. Mai
Der WM-Spielplan der Schweiz in Prag:
Freitag, 10. Mai: Schweiz – Norwegen, 5:2
Sonntag, 12. Mai: Österreich – Schweiz, 5:6
Montag, 13. Mai: Schweiz – Tschechien, 2:1 n.P.
Mittwoch, 15. Mai: Schweiz – Grossbritannien, 3:0
Samstag, 18. Mai: Dänemark – Schweiz, 8:0
Sonntag, 19. Mai: Schweiz – Kanada, 20.20 Uhr
Dienstag, 21. Mai: Finnland – Schweiz, 20.20 Uhr
Viertelfinal: Donnerstag, 23. Mai
Sobald irgendwo ein CEO- oder GM-Posten frei wird, oder aktuell jener des Schiri-Chefs, fällt natürlich Ihr Name. Sehen Sie das als Wertschätzung oder ist das einfach der Mechanismus?
Es ist interessant. Was ich sagen kann: Bis zum heutigen Tag habe ich mich nirgends aktiv ins Gespräch gebracht. Es gab Anfragen. Aber gewisse Dinge, die in den Medien standen, dass ich da und dort im Gespräch bin, entsprachen nicht der Wahrheit. Ich habe schon immer gesagt, dass es aufs Hockey bezogen keinen eigentlichen Markt an Sportchefs oder CEOs gibt. Deshalb ist es logisch, dass bei freien Stellen jene Namen fallen, die in der Vergangenheit entsprechend tätig waren. Das werte ich nicht. Ich bin auf dem Markt, das führt zu Interesse.
Als Nati-Boss hatten Sie auf den Sport bezogen vermutlich Ihre erfolgreichsten Jahre. Fehlt Ihnen dieser Resultate-Kick?
Ich war zuerst fünf Saisons mit allen Nationalteams unterwegs. Danach durfte ich ins Klub-Hockey wechseln zu zwei Klubs, die zum Zeitpunkt meines Arbeitsbeginns Letzter (Bern, die Red.) und Zweitletzter (Davos, die Red.) waren. Was bedeutet Erfolg in diesen Krisensituationen? Es ist einfach sehr wichtig für das Schweizer Eishockey, dass Davos und Bern wieder konkurrenzfähig sind, und ich bin froh, konnte ich einen kleinen Teil dazu beitragen. Die WM-Silbermedaille 2018 zusammen mit einem Schweizer Headcoach (Patrick Fischer, die Red.) war natürlich eine geniale Geschichte. Aber ja, was mir fehlt, ist der Kick des Spieltages.
Ein Wort zum SCB?
Mit einem Jahr Distanz kann ich sagen, dass ich gerne in Bern gearbeitet habe. Ich habe viel gelernt, konnte mich weiterentwickeln, aber habe sicher auch Fehler gemacht. Ich wohne noch immer in der Region, stehe regelmässig mit ein paar Angestellten freundschaftlich in Kontakt und habe mir diese Saison viele SCB-Spiele angeschaut. Ich persönlich bin ganz okay mit Bern.