Ex-Nationalrat Andreas Herczog (†74) stirbt an Corona
Darum kommt es trotz Impfung zu Todesfällen

Der 74-jährige alt Nationalrat Andreas Herczog ist an Corona gestorben. Obwohl er doppelt geimpft war. Der Infektiologe Huldrych Günthard erklärt, welche Faktoren einen Impfdurchbruch begünstigen und warum eine Impfung nach wie vor wichtig ist.
Publiziert: 16.09.2021 um 14:30 Uhr
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Der frühere Zürcher SP-Nationalrat Andreas Herczog ist im Alter von 74 Jahren an einer Corona-Infektion verstorben.
Foto: Siggi Bucher
Anastasia Mamonova

Der frühere Zürcher SP-Nationalrat Andreas Herczog ist im Alter von 74 Jahren an einer Corona-Infektion verstorben. Der Politiker war doppelt geimpft. Dennoch reichte der Schutz durch den Wirkstoff nicht aus.

Ob Herczog an Vorerkrankungen litt und wie lange seine Impfung her ist, ist nicht bekannt. Auch unklar ist, ob Herczog hospitalisiert war und wie die Krankheit verlief.

Dass es zu Impfdurchbrüchen kommen kann, ist bekannt. Fälle trotz vollständiger Impfung seien laut BAG zu erwarten, «da die Impfstoffwirksamkeit zwar sehr hoch ist, jedoch unter 100 Prozent liegt».

Alter, Vorerkrankung und Dauer seit Impfung

Woran liegt das, dass manche Ansteckungen trotz Impfung sogar tödlich enden, und wer ist primär davon betroffen?

«Obwohl die Impfungen hervorragend wirken, wirken sie nie zu 100 Prozent. Die Qualität der Immunantwort ist vor allem bei älteren Menschen weniger ausgeprägt als bei jüngeren», sagt Huldrych Günthard, Vizedirektor der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene am Unispital Zürich, zu Blick.

Das bestätigt auch die Statistik: Der grösste Teil der vollständig geimpften Verstorbenen in der Schweiz war über 80 Jahre alt. Einzelne Fälle wurden auch in der Gruppe der 50- bis 59-Jährigen sowie 70- bis 79-Jährigen registriert.

Neben dem Alter spiele laut Günthard auch die nach der Impfung vergangene Zeit eine wichtige Rolle. «Wir haben gelernt, dass die Menge an Antikörpern, die im Blut gebildet wird, nach der Impfung über die Zeit abnimmt und somit der Schutz vor einer Infektion auch weniger gut ausgeprägt ist im Verlauf der Zeit.»

Er kenne den Fall Herczog zwar nicht persönlich. Eine mögliche Grund- oder Zusatzerkrankung hätte jedoch die Impfantwort ebenfalls beeinträchtigen können. Der Infektiologe hält fest: «Ein Todesfall bei einer zweifach geimpften Person aufgrund von Sars-Cov-2 allein ist sicher sehr, sehr selten und ungewöhnlich.»

Dritte Impfung für ältere Menschen

Die Impfdurchbrüche seien an sich nicht erstaunlich, sagt er. «Das heisst aber nicht, dass die Impfung sinnlos wäre. Im Gegenteil: Die Impfung schützt in den allermeisten Fällen auch bei alten Leuten vor einem schweren Verlauf, aber halt nicht bei allen. Dies ist auch der Grund, weshalb in nächster Zeit mit grosser Wahrscheinlichkeit auch das BAG eine dritte Impfung bei älteren Menschen empfehlen wird.»

In Israel ist die Auffrischimpfung bereits im Gange. Rund 2,8 Millionen Menschen haben die dritte Dosis bereits bekommen. Das Ergebnis: Der Schutz erhöht sich. Laut den vorläufigen Zahlen des Gesundheitsministeriums sinkt das Risiko, schwer oder überhaupt zu erkranken, zwölf Tage nach dem Booster auf rund einen Zehntel.

Die Statistik ist deutlich: Tödliche Impfdurchbrüche sind sehr selten

Bisher wurden in der Schweiz 1845 Impfdurchbrüche registriert, 200 Personen mussten trotz vollständiger Impfung ins Spital. 47 Personen sind verstorben. In Prozentzahlen gesprochen bedeutet das: Von 4'584'229 vollständig geimpften Personen haben sich 0,04 Prozent infiziert. In 0,004 Prozent der Fälle kam es zu einer Hospitalisierung und rund jeder Hunderttausendste (0,001 Prozent) starb trotz Impfung.

Ein tödlicher Ausgang, wie bei Andreas Herczog, ist also ziemlich unwahrscheinlich. Seit Ende Januar sind insgesamt 1559 Corona-Patienten verstorben. 97 Prozent waren ungeimpft. Auch auf den Intensivstationen liegen vorwiegend ungeimpfte Corona-Patienten – nämlich neun von zehn. Anfang Monat teilte das Zürcher Stadtspital Triemli und Waid mit, dass sämtliche Corona-Intensivpatienten nicht geimpft sind.

Am Unispital Zürich siehts ähnlich aus. «Fast alle Covid-19-Patientinnen und Patienten, die im Spital behandelt werden müssen, sind nicht geimpft. Von den Patientinnen und Patienten, die an Covid-19 gestorben sind, waren nahezu alle nicht geimpft», bestätigt Huldrych Günthard.

Auch in Basel zeigt sich das gleiche Bild. «Wir haben keine Geimpften auf der Intensivstation», bestätigt Nicolas Drechsler, Sprecher des Universitätsspitals Basel gegenüber Blick am Donnerstag. Er betont: «Die Impfung schützt in den allermeisten Fällen vor schweren Verläufen und damit das Gesundheitswesen vor einer Überlastung.»

Skeptiker laufen Sturm

In den sozialen Medien melden sich nach dem Tod von Andreas Herczog auch Impfskeptiker zu Wort. «Vielleicht ist er an der Impfung gestorben», schreibt einer. «Nicht trotz Impfung ist er gestorben, mit grosser Wahrscheinlichkeit ist er wegen der Impfung gestorben», behauptet ein anderer.

Fakt ist jedoch: Derzeit gibt es keine bekannten Todesfälle, die auf die Impfung zurückzuführen wären. «Ich kenne keine klaren Zusammenhänge zwischen Tod und Impfung», sagt Günthard.

«Man muss sich natürlich im Klaren sein, dass weltweit schon Milliarden von Menschen geimpft wurden. Es kann dann natürlich sein, dass jemand stirbt nach einer Impfung. Wenn nun jemand nach einer Impfung zum Beispiel einen plötzlichen Herztod erleidet, kann schon ein schales Gefühl zurückbleiben und es fragt sich jemand, ob jetzt die Impfung daran schuld war. Bisher wurde kein Zusammenhang zwischen Tod und Impfung gefunden, und es wird sehr genau hingeschaut», hält Günthard fest.

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