Aguzzi-Labor muss Nachtschichten schieben
«Warum schickt ihr uns immer eure Speichelproben mittwochs?»

Jeden Mittwoch muss das Labor am Unispital in Zürich Nachtschichten schieben. Der Grund sind die aussergewöhnlich viele Pooltests, die die Schulen einschicken.
Publiziert: 03.01.2022 um 17:26 Uhr
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Aktualisiert: 04.01.2022 um 08:04 Uhr
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Im Kanton Zürich machen zahlreiche Schulen bei den freiwilligen Pool-Tests mit.
Foto: Keystone
Anastasia Mamonova

Die Pool-Tests sollen neben der Maskenpflicht die Ausbreitung des Coronavirus an Schulen eindämmen. Im Kanton Zürich sind diese Tests optional. Dennoch greifen viele Schulen auf diese Möglichkeit zurück. Die Labore haben entsprechend viel zu tun. Besonders am Mittwoch, wie es scheint.

Neuropathologe Adriano Aguzzi vom Universitätsspital Zürich veröffentlicht vergangene Woche auf Twitter eine Grafik, die die Anzahl der Pool-Tests in seinem Labor pro Tag zeigt. Dabei fällt auf: Seit Ende November werden mittwochs bis über 2500 Proben ausgewertet, während die Zahl an anderen Tagen teilweise unter 500 liegt. Und genau das kann der Mediziner nicht verstehen.

«Liebe Zürcher SchülerInnen, LehrerInnen und RektorInnen, warum schickt ihr uns immer eure Speichelproben mittwochs? Wir fahren Nachtschichten Mi-Do! Ihr würdet die Ergebnisse >3 Std. früher bekommen, wenn ihr die Tests gleichmässiger auf die Wochentage verteilen würdet», schreibt er dazu.

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Bei vielen Proben gleichzeitig kommen Resultate erst in der Nacht

Bei seinem Tweet ging es nicht darum, sich zu beschweren, stellt Aguzzi klar. Der Neuropathologe zu Blick: «Wir kriegen das auch organisatorisch hin, unsere Bearbeitungszeit beträgt durchschnittlich 104 Minuten! Das ist fast so schnell wie ein Antigen-Schnelltest, aber tausendmal empfindlicher.» Wenn aber so viele Proben aufs Mal eintreffen, würden die Resultate halt erst in der Nacht und nicht schon am Abend kommen. Er würde es deshalb begrüssen, wenn die Proben auf verschiedene Tage verteilt werden würden.

Denn: «Die Pooltests sind dann nützlich, wenn wir die Ergebnisse vor dem nächsten Morgen liefern. Damit können wir verhindern, dass infizierte Kinder in die Schule kommen.»

Warum so viele Proben seit einem Monat plötzlich vor allem am Mittwoch verschickt werden, wisse er nicht. «Möglicherweise hat das damit zu tun, dass dann aufgrund von Teilzeitpensen die meisten Leute anwesend sind.»

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«Wahrscheinlichkeit von Verzögerung der Ergebnisse in der Nacht höher»

Andererseits findet Aguzzi es natürlich gut, wenn die Schulen regelmässig testet. «Es ist sehr erfreulich, dass die Schulen jetzt so gut mitmachen und sich so viele Leute testen lassen. Ich bin stolz auf die Zürcher Mitbürger und auch auf meine Mitarbeiter. Ich denke allerdings, wenn den Schulen bewusster wäre, dass sie die Proben nicht immer am Mittwoch schicken müssen, dann hätten wir alle gewonnen.»

Aguzzi ist selber Vater von zwei Schulkindern und kennt das Problem. «Für die Eltern und die Schulen ist es besser, bereits am gleichen Abend zu wissen, wenn ein Kind positiv getestet wurde. Wenn das Mail allerdings erst um 2 Uhr in der Nacht kommt, sehen sie es erst am Morgen, kurz vor Schulbeginn. Dann ist es organisatorisch bereits viel schwieriger.»

In seinem Labor am Unispital Zürich seien tagsüber mehr Mitarbeiter vor Ort als in der Nacht. Wenn es tagsüber zu einem Softwarefehler in der Maschine komme, könne das schneller behoben werden als in der Nacht, wenn nur eine Fachperson arbeite, erklärt Aguzzi. Die Wahrscheinlichkeit einer Verzögerung der Ergebnisse sei in der Nacht deshalb höher.

Manche Proben wegen Keksen im Speichel unbrauchbar

Ein solcher Fall sei bisher allerdings nicht vorgekommen. «Bisher war es uns immer möglich, Gerätefehler ohne Verzögerung zu korrigieren. Meine Mannschaft ist fantastisch, und sie arbeitet kompetent und verantwortungsvoll.»

Bei 97 Prozent der Proben konnten die Ergebnisse noch vor dem folgenden Schultag mitgeteilt werden. «In drei Prozent der Fälle konnten wir die Proben nicht auswerten, weil sie unbrauchbar waren. Teilweise waren da zum Beispiel Kekse im Speichel drin. Dann funktioniert die Reaktion nicht.» Die Probanden sollten mindestens 30 Minuten vor der Speichelabgabe nicht essen, trinken oder Zähne putzen.

Nach seinem Tweet hätten sich ein paar Lehrer bei Aguzzi gemeldet. «Sie haben gesagt, dass sie nun die Proben am Montag schicken werden.»

140'000 Pooltests pro Woche im Kanton Zürich

Warum die Schulen in den vergangenen Wochen so viele Proben am Mittwoch schickten, ist noch unklar. Eine Anfrage von Blick an das Schul- und Sportdepartement der Stadt Zürich blieb bislang ohne Antwort.

Bei der Bildungsdirektion des Kantons Zürich heisst es: «Es ist bekannt, dass es – sowohl in Betrieben wie auch in Schulen – an gewissen Wochentagen eine Häufung von Tests gibt», sagt Amtschefin Myriam Ziegler. Die Schulen würden den Behörden allerdings nicht mitteilen, «aus welchen Gründen sie die repetitiven Tests an einem bestimmten Tag durchführen.»

Die Pooltests an Schulen sind seit einiger Zeit ein Diskussionsthema. Mitte Dezember wurde bekannt, dass es an einer Zürcher Schule zu grösseren Verzögerungen bei Meldungen der Pooltest-Resultate kam. Das Auswerten der Proben hatte bis zu drei Tage gedauert. Zu dieser Zeit wurden im Kanton über 140'000 Pooltests pro Woche durchgeführt, weswegen die Labore an ihre Grenzen gerieten.

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