Wegen Missbrauchsskandal
Oberwallis verbannt katholischen Unterricht aus dem Stundenplan

Die Religionslehrer stellen sich darauf ein, dass der katholische Religionsunterricht im Oberwallis bald ausserhalb der Schulzeit stattfinden wird. Hintergrund ist der Missbrauchsskandal, der die katholische Kirche erschüttert.
Publiziert: 02.02.2024 um 12:10 Uhr
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Aktualisiert: 02.02.2024 um 12:21 Uhr
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Der Kanton Wallis plant, den konfessionellen Religionsunterricht im Oberwallis aus dem Stundenplan der Schule zu streichen.
Foto: imago/Sven Simon
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Martin MeulReporter News

Schon bald ist Schluss! In Zukunft wird der katholische Religionsunterricht im Oberwallis nicht mehr Teil des ordentlichen Stundenplans an den Primarschulen sein. Ein Rückschlag für die katholische Kirche, denn bislang lernten die Primarschüler eine Schulstunde pro Woche, was es über den Katholizismus zu lernen gibt, oder wurden auf die Erstkommunion respektive die Firmung vorbereitet. Der konfessionelle Religionsunterricht ist zwar freiwillig, wird aber, da er während der normalen Schulzeit stattfindet, von den allermeisten katholischen Kindern besucht.

«Die Arbeit der Pfarreien und des Bistums wird sich massiv verändern», sagt Pfarrer Paul Martone, Medienverantwortlicher des Bistums Sitten zu Blick. Er bestätigt, dass der Kanton vorhat, den konfessionellen Religionsunterricht aus dem Stundenplan zu streichen. Künftig werden die Schülerinnen und Schüler den Religionsunterricht also in ihrer Freizeit besuchen müssen. «Das werden sicher weniger sein, als es heute im Religionsunterricht in der Schule sind», ist sich Martone sicher. 

Zurückhaltender Kanton

Bei der Dienststelle für Unterrichtswesen des Kantons Wallis gibt man sich auf Anfrage von Blick zurückhaltender. Dienstchef Jean-Philippe Lonfat erklärt: «Bisher wurden keinerlei Entscheide gefällt.» 

In den Kreisen der Religionslehrerinnen und -lehrer scheint man da deutlich mehr zu wissen. Vor wenigen Tagen brachte Madeleine Kronig, Koordinatorin für den Religionsunterricht bei der Fachstelle Katechese des Bistums Sitten, in einem Brief an die Religionslehrer im Oberwallis ihr Bedauern zum Ausdruck. Sie schrieb: «Wir können nicht von der Tatsache absehen, dass wir zunehmend in einer multikulturellen Gesellschaft leben, was auch verschiedene Orientierungen an Religionsgemeinschaften mit sich bringt. Das bedeutet, dass der konfessionelle Religionsunterricht nicht noch über Jahre Bestandteil der Stundentafel sein kann.» 

Im nächsten Schuljahr 2024/25 werde der konfessionelle Religionsunterricht zwar noch wie gewohnt während der Schulzeit stattfinden, so Kronig weiter. Darüber hinaus müsse man aber sehen. «Es wird ein Konzept entwickelt, was es braucht, um den Religionsunterricht ausserschulisch in einer hohen Qualität anbieten zu können.» 

Wegen Missbrauchsfällen

Es stellt sich die Frage, warum der konfessionelle Religionsunterricht im Oberwallis überhaupt zur Debatte besteht. Im Unterwallis findet dieser schon seit Jahren ausserhalb der Schulzeit statt. Dienstchef Jean-Philippe Lonfat lässt diese Frage unbeantwortet, verweist lediglich auf den Umstand, dass die Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Kirchen aus dem Jahr 2021 derzeit überprüft werde. Der konfessionelle Unterricht im Oberwallis ist Teil dieser Vereinbarung. 

In einer Mitteilung des Kantons vom letzten November heisst es zum Grund der Überprüfung: «Aufgrund der Enthüllungen von Fällen sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Umfeld hat das Bildungsdepartement jedoch beschlossen, sich mit dem Inhalt der Vereinbarung zu befassen. Die einzelnen Bestimmungen sollen evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden, um die Qualität des Unterrichts zu gewährleisten.»

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