Sie verbringen die meiste Zeit abgeschottet von der Aussenwelt und bleiben grösstenteils unter ihresgleichen: die Priester der ultrakatholischen Bruderschaft St. Pius X.
Diese ist auf der ganzen Welt aktiv und hat sich auch im schweizerischen Ecône im Kanton Wallis ein Standbein aufgebaut. Ihren Hauptsitz hat die Gruppe in Menzingen ZG.
Mit der Ruhe dürfte es in der Vereinigung nun aber endgültig vorbei sein, zumal sich das historische Priesterseminar der Bruderschaft gerade mit heftigen Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs konfrontiert sieht. Das zeigt eine Recherche der welschen Tageszeitung «Le Temps».
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«Er begann, seine Hand über mein kurzes Höschen zu bewegen»
In ihrer Recherche, die die Tageszeitung bis nach Frankreich und Belgien führte, zeigte sich: Die Missbräuche trugen sich nicht nur in der Schweiz, sondern auch im Ausland zu. Zudem reichen die Anschuldigungen teilweise weit zurück bis in die Gründungszeit der Bruderschaft in den 1970er-Jahren. Von sexuellem und psychischem, aber auch physischem Missbrauch an Minderjährigen ist die Rede.
«Er nahm mich auf die Knie und spreizte meine Beine. Dann begann er, seine Hand über mein kurzes Höschen zu bewegen, von meinen Oberschenkeln bis zur Innenseite meiner Boxershorts. Er hat mich masturbiert», erinnert sich ein belgisches Opfer zurück, das zum Tatzeitpunkt Ende der 80er-Jahre gerade einmal elf Jahre alt war.
Ein Kollektiv zur Unterstützung der Opfer berichtet von rund 60 «problematischen Priestern», die in der Bruderschaft, welche sich damit rühmt «katholischer als der Papst» zu sein, aktiv sind oder waren. Auch im Wallis, wo die Bruderschaft eine Primarschule betreibt, sollen einige wüste Dinge passiert sein.
Nur wenige Kleriker tatsächlich verurteilt
Dem Sprecher des Kollektivs zufolge sei der systematische Aspekt des Missbrauchs innerhalb der Bruderschaft unbestreitbar. Durch die verschlossene und intransparente Arbeitsweise würde ein solches Verhalten gerade zu gefördert.
Der Kanton Wallis will derweil nicht mehr länger zuschauen und ist aktiv geworden. Der Walliser Staatsrat Christophe Darbellay (52) hat am vergangenen Montag den Chef der Dienststelle für Unterrichtswesen damit beauftragt, die private Primarschule «Fleurs de Mai», mithilfe von zwei Inspektoren vor Ort unter die Lupe zu nehmen.
Die Schule wirbt auf ihrer Website mit einem «soliden Unterricht, der ganz vom Licht der christlichen Wahrheiten erhellt wird». Diese Wahrheit zeichnet sich im jüngsten Licht aber um einiges dunkler als von der Bildungsinstitution propagiert.
Gemäss «Le Temps» hätten mehrere Kleriker im Laufe der Jahre die Missbrauchshandlungen gestanden. Verurteilt worden seien viele von ihnen aufgrund von Verjährung jedoch nicht.
Walliser Regierung will Vorgänge untersuchen
«Das Ziel ist es, die heutige Situation zu untersuchen, um zu sehen, ob unsägliche Praktiken immer noch stattfinden», sagt Staatsrat Darbellay gegenüber RTS. Die Walliser Regierung wolle zunächst gute Praktiken im Bereich der Erziehung und Pädagogik fordern. «Wir können auch verlangen, dass ein unabhängiger Raum für Gespräche eingerichtet wird», so Darbellay weiter.
Da es sich um eine Privatschule handelt und die Kirche nicht vom Kanton anerkannt ist, erhält sie auch keine öffentlichen Gelder. Einzig Kontrollen durch den Kanton muss die Bildungsinstitution akzeptieren, da sie Schüler während ihrer obligatorischen Schulzeit ausbildet.
Zwar könnte eine solche Genehmigung theoretisch jederzeit widerrufen werden. Die Hürden dafür sind aber hoch. So müsste der Kanton nachweisen können, dass auch heute noch Missstände in der Schule herrschen. (ced)
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