Nein zur extremen Konzernverantwortungs-Initiative» – das schreibt der Schweizer Bauernverband (SBV) auf seiner Website. Obwohl die hiesigen Bauern von der Initiative nicht direkt betroffen sind, sorgt der SBV mit seiner Parole dafür, dass der Abstimmungskampf die Landwirtschaft erreicht. Denn als Gegenpart zum Bauernverband treten nun die «Bäuerinnen und Bauern für die Konzernverantwortung» auf die Bühne. Hinter der Aktion stehen verschiedene Landwirte sowie die Kleinbauern-Vereinigung, Landwirtschaft mit Zukunft, Uniterre und Bio Suisse.
Mit dabei ist auch Olga Hänni (34) aus Kirchlindach BE. Für sie als Biobäuerin sei es selbstverständlich, an der Urne ein Ja einzulegen: «Wir haben ein Interesse daran, dass die Nachhaltigkeitsstandards für importierte Lebensmittel steigen, das würde auch unsere Wettbewerbsfähigkeit steigern.»
Unverständnis für Parole des SBV
Und Bäuerin Edith Marbot (50) aus Wohlen bei Bern, ebenfalls Mitglied des Komitees, sagt: «Genauso wie wir Bauern unseren Mist aufräumen müssen, sollten das auch Konzerne im Ausland müssen. Es ist ein No-Go, dass für die heisse Schoggi unserer Kinder irgendwo auf der Welt andere Kinder Bohnen pflücken müssen und deswegen nicht zur Schule gehen können.» Auch Klaus Zaugg (31), Co-Betriebsleiter des Biohofs Zaugg in Iffwil BE pocht auf Fairness: «Genauso wie wir sollen auch Betriebe, die ihre Produktion ins Ausland verlagern, die hiesigen Standards einhalten müssen.» Die Parole des SBV stösst bei Zaugg auf Unverständnis: «Ich finde es schwach.» Auch Landwirt Fritz Sahli (50) aus Uettligen BE fühlt sich schlecht vertreten – er ist aus dem Verband ausgetreten und sagt: «Da müssen wir Gegensteuer geben.»
Doch warum engagiert sich der Bauernverband überhaupt bei dieser Abstimmung? Die offizielle Begründung findet sich auf der Website des SBV: Natürlich müssten alle Unternehmen mit ihren Geschäftstätigkeiten auch Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt übernehmen, heisst es da – «die Initiative ist aber zu radikal». Verschiedenen Medienberichten zufolge ist der eigentliche Grund für das Engagement der Bauernvertretung aber ein Kuhhandel zwischen SBV-Präsident Markus Ritter (53) und den Wirtschaftsvertretern im Ständerat. Diese stoppten im Parlament die vom Bundesrat aufgegleiste Agrarreform, die Ritter ein Dorn im Auge war. Im Gegenzug kämpft der SBV nun gemeinsam mit dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse gegen die Konzernverantwortungs-Initiative.
Für Edith Marbot ist das «nichts anderes als Vetterli-Wirtschaft». Sie kritisiert: «Irgendwann muss sich der Bauernverband einfach zur Sachlage bekennen. Zum Beispiel, was Spritzmittel von Syngenta angeht. Wir wissen genau, welche Spuren die hinterlassen!»