Bürgerliche fahren dieselbe Kampagne gleich zweimal
Initiativ-Gegner schwingen die KMU-Keule

Mit drei Buchstaben in den Abstimmungskampf: Bei einem Ja seien die Armen die KMU, warnen die Gegner der Konzernverantwortungs-Initiative. Das selbe Argument packen jetzt die Gegner der Kriegsgeschäfte-Initiative aus.
Publiziert: 19.10.2020 um 18:21 Uhr
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Aktualisiert: 27.11.2020 um 14:25 Uhr
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CVP-Nationalrat Fabio Regazzi hat an der Medienkonferenz des Nein-Komitees heute Argumente gegen die Kriegsgeschäfte-Initiative vorgestellt.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Zwei Initiativen, ein Argument: Die Konzernverantwortungs-Initiative (Kovi) und die Kriegsgeschäfte-Initiative, über welche die Schweiz Ende November abstimmt, haben nicht nur ähnliche Gegner. Ihre Gegner bekämpfen sie auch mit derselben Waffe: der KMU-Keule.

«KMU schwächen?», steht gross auf einem der Plakate, die das Nein-Komitee der Kriesgeschäfte-Initiative heute an einer Medienkonferenz präsentiert hat. Ausgerechnet die kleinen und mittelgrossen Unternehmen, die «das Rückgrat unseres Wohlstands bilden», seien die Leittragenden der Kriegsgeschäfte-Initiative, warnte der Tessiner CVP-Nationalrat Fabio Regazzi (58).

Die Initiative, lanciert von den Jungen Grünen und der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), will es der Nationalbank, Pensionskassen und dem Ausgleichsfonds von AHV und IV verbieten, in Kriegsmaterialproduzenten zu investieren. Die Initianten haben Unterstützung von SP, Grünen und der EVP.

Die Argumente sind fast gleich

Im Visier haben die Initianten Konzerne wie den staatlichen Rüstungskonzern Ruag, den US-Kampfjet-Hersteller Lockheed Martin oder den US-Raketenbauer Raytheon. Die Gegner aber sagen: Auch KMU, welche solche Konzerne mit Bauteilen beliefern, wären von der Initiative betroffen. Ihnen würde der Geldhahn zugedreht. Arbeitsplätze in der Schweiz seien in Gefahr, so Regazzi. Das Ziel der Initiative sei zwar gut, «der Ansatz jedoch falsch und die Wirkung für die KMU wäre fatal».

Es sind Worte, die Regazzi an einer anderen Medienkonferenz vor knapp drei Wochen 1:1 hätte ins Mikrofon sprechen können, wäre er dabei gewesen. Damals hat das Nein-Lager der Kovi seine Argumente vorgestellt.

Bei beiden Initiativen soll dank der KMU-Keule der Eindruck vermittelt werden, nicht die Grosskonzerne seien vor allem die Leidtragenden, sondern die kleine Bude um die Ecke. Dort sollen bei einer Annahme Arbeitsplätze gefährdet sein.

Wie stark sind KMU tangiert?

Es ist höchst umstritten, wie stark die KMU überhaupt betroffen wären – und zwar von beiden Initiativen. Eine genaue Zahl, wie viele kleinere Firmen von der Kriegsgeschäfte-Initiative tangiert würden, könnten die Gegner nicht vorlegen, sagt Julia Küng, Co-Präsidentin der Jungen Grünen. Auch sie kennt sie nicht. Aber anders als die Gegner erweckt sie nicht den Eindruck, als gäbe es dazu verlässliche Zahlen. «Wir gehen aber fest davon aus, dass KMU kaum bis gar nicht betroffen wären. Die Initiative trifft internationale Rüstungskonzerne.»

Die Gegner argumentieren, dass nach einem Ja viele Gewerbebetriebe bei Banken keine Kredite mehr aufnehmen könnten. Unmittelbar wäre das aber nicht der Fall. Denn die Initiative verbietet explizit nur der Nationalbank und Einrichtungen der beruflichen und staatlichen Vorsorge Investitionen in Rüstungshersteller. Banken werden im Initiativtext zwar auch erwähnt. Aber es heisst darin lediglich unverbindlich, dass sich der Bund national und international dafür einsetzen soll, das Verbot auf Banken auszuweiten.

Welche Güter sind betroffen?

Zudem: «Es gibt nur wenige Firmen in der Schweiz, die effektiv Kriegsmaterial produzieren, so wie es das Kriegsmaterialgesetz definiert», sagt Küng. Sogenannte Dual-Use-Güter seien von der Initiative ausgenommen – wenn also eine Firma ein Bauteil herstellt, das nicht nur für die Herstellung von Waffen, sondern auch frü zivile Güter verwendet wird.

Das sehen die Gegner aber anders. Laut ihnen wären durchaus KMU betroffen, die Bauteile für Rüstungsgüter herstellen.

Selbst Bigler liebäugelt mit einem Ja

Auch die Initianten der Konzernverantwortungs-Initiative wehren sich gegen den Vorwurf, dass ihr Anliegen den KMU im Land schadet. Sie verweisen darauf, dass im Initiativtext die kleinen und mittelgrossen Unternehmen explizit ausgeschlossen werden. Ausserdem spricht für die Initianten, dass sogar der Direktor des Gewerbeverbands, Hans-Ulrich Bigler (62), offen mit einem Ja zur Initiative liebäugelt.

Bei beiden Initiative überzeugt der Griff zur KMU-Keule kaum.

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