Vekselberg-Vertrauter Vladislav Osipov
Ein Marathon gegen die US-Justiz

Der Schweiz-Russe Vladislav Osipov wird vom FBI gejagt. Der langjährige Gefolgsmann von Viktor Vekselberg soll Banken betrogen und Geldwäscherei betrieben haben.
Publiziert: 03.03.2024 um 00:18 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2024 um 11:22 Uhr
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Viktor Vekselbergs Luxusyacht "Tango".
Foto: imago/TheYachtPhoto.com

Den Halbmarathon in Luzern hat Vladislav Osipov (52) Ende Oktober in 1 Stunde, 37 Minuten und 38 Sekunden zurückgelegt. Es war einer von zahlreichen Volksläufen, die er in den letzten Jahren in der Schweiz absolvierte. Osipov zelebrierte sein sportliches Hobby auf Facebook. Zahlreiche Bilder zeigen ihn im Lauftenue, beim Training, an Wettkämpfen, mit seinen Sportkolleginnen und -kollegen.

Damit ist es vorbei, seit die US-Strafverfolgungsbehörde FBI Ende Januar Anklage gegen Osipov erhoben und ihn vor zehn Tagen per Haftbefehl ausgeschrieben hat. Eine Million Dollar – umgerechnet 880'000 Franken – beträgt die Belohnung für Hinweise, die zur Festnahme Osipovs führen.

Die US-Justiz wirft ihm vor, Banken getäuscht und so seinem Vertrauten Viktor Vekselberg (66) geholfen zu haben, Sanktionen der USA zu umgehen. Darüber hinaus steht der Vorwurf der Geldwäscherei im Raum. Ein Brite, den die US-Amerikaner ebenfalls angeklagt haben, wurde inzwischen in Spanien festgenommen.

Zentral sind Transaktionen rund um die 90 Millionen Franken teure Luxusyacht «Tango», die Viktor Vekselberg gehört. Der Aktionär beim Industriekonzern Sulzer und beim Stahlkocher Swiss Steel steht seit 2018 auf der Sanktionsliste der USA und arbeitet seit Jahren mit Osipov zusammen. Dieser sass etwa im Verwaltungsrat der Immobilienfirma Züblin, an der Vekselberg namhaft beteiligt ist.

Schweiz-Russe ist inzwischen abgetaucht

Im Fall der 78 Meter langen «Tango» soll Osipov versucht haben, den wahren Eigentümer Vekselberg mit Falschinformationen an Banken zu verbergen. So lief das Schiff teilweise unter dem Decknamen «Fanta». In einem Fall liess ein Angestellter in den USA edle Bademäntel herstellen, die das «Tango»-Logo zierte. Auf der Rechnung war aber der Deckname «Fanta» vermerkt.

Osipov lebte in Herrliberg ZH, wurde dort auch eingebürgert und war in der Gemeinde integriert. Das zeigen Beiträge in sozialen Netzwerken.

Inzwischen ist der Schweiz-Russe abgetaucht, die Website seiner Finanzdienstleistungsfirma ist nicht mehr abrufbar; und das Schild der Gesellschaft an der Geschäftsadresse wurde entfernt.

Aus dem Verwaltungsrat der Immobilienfirma Züblin trat Osipov sofort zurück, nachdem das FBI den Haftbefehl veröffentlicht hatte.

Er weise alle Vorwürfe entschieden zurück und werde alle Rechtsmittel einsetzen, um sich zu wehren, stellte Osipov via Immobiliengesellschaft klar. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Kein laufendes Verfahren in diesem Zusammenhang

In der Schweiz, die Sanktionsbestimmungen und Embargos wie die USA anwendet, blieb Osipov bisher von der Justiz unbehelligt. «Die Bundesanwaltschaft ist mit dieser Thematik zurzeit nicht befasst», sagt Sprecherin Claudia Balzli. Auch die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt keine Strafuntersuchung gegen den Doppelbürger. Es gebe kein laufendes Verfahren in diesem Zusammenhang, gibt Sprecher Erich Wenzinger auf Anfrage bekannt.

Die USA sind bisher auch nicht mit einem Rechtshilfeersuchen an die Schweiz gelangt. Ingrid Ryser, Sprecherin des Bundesamtes für Justiz, sagt, man habe kein Gesuch erhalten. Ob dies auch für die Fahndung nach Osipov und eine allfällige Auslieferung des Gesuchten gilt, ist nicht bekannt. «Fahndungs- und Auslieferungsersuchen sind vertraulich und unterstehen dem Amtsgeheimnis», so Ryser.

Osipov würde gerne weiter in der Schweiz an Wettkämpfen teilnehmen. Schon frühzeitig hatte er sich für den Hallwilerseelauf im kommenden Oktober angemeldet, wie sich auf der Website des Zeitmessungs-Dienstleisters feststellen lässt. Aus einem weiteren Langstreckenlauf in der Schweiz dürfte für Osipov unter diesen Voraussetzungen aber wohl nichts werden. Vielmehr befindet er sich in einem internationalen Marathon – als Gejagter.

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