Auf einen Blick
- Verteidigerin fordert mildere Strafe für Pädo-Täter aus dem Thurgau
- Anwältin macht Härtefall geltend – Täter soll nicht ausgewiesen werden
- Täter soll 7 Jahre Haft erhalten, könnte so bereits 2028 freikommen
Die Verteidigerin des Pädo-Serientäters aus dem Thurgau musste am Dienstag die Verbrechen ihres Mandanten, dem 39-jährigen Miguel H.*, irgendwie erklären.
Ihm wird vorgeworfen, mindestens sieben Kinder und acht erwachsene Frauen teilweise unter Drogen gesetzt und misshandelt, vergewaltigt, geschändet und sexuell genötigt zu haben. Die meisten seiner Taten hat er zudem mit seinem Handy gefilmt. Sein jüngstes Opfer war erst vier Jahre alt.
Sieben Jahre Haft – Täter soll in der Schweiz bleiben dürfen
Seine Anwältin stellt vor dem Bezirksgericht Frauenfeld klar: «Für seine Taten gibt es keine Entschuldigung oder Rechtfertigung.» Während sie spricht, hält der Beschuldigte Miguel H. seine Augen mehrheitlich geschlossen, sitzt mit gefalteten Händen starr auf seinem Stuhl. Hinter ihm sitzen, wie schon die letzten Verhandlungstage, zwei Kantonspolizisten zur Bewachung.
«Sein Bedauern und seine Reue sind echt.» Das habe er während der ersten beiden Prozesstage gegenüber dem Gericht eindeutig gezeigt. Er gebe mit einigen Ausnahmen sämtliche seiner Taten zu.
Die Anwältin fordert eine deutlich tiefere Strafe von sieben Jahren Haft unter Anrechnung der abgesessenen U-Haft und des vorzeitigen Strafvollzugs von zusammengezählt vier Jahren. Auf eine Landesverweisung sei zu verzichten, so die Anwältin.
Folgt das Gericht der Verteidigung, wäre es möglich, dass Miguel H. bereits 2028 wieder freikommt.
«Schwerer, persönlicher Härtefall»
Sie bekräftigt, dass Miguel H. als Kind in seiner Heimat Lateinamerika misshandelt worden sei und auch in der Schweiz eine schwierige Kindheit gehabt habe.
Dass die Opfer-Anwälte diese Schilderungen in Zweifel ziehen, sei unverständlich. «Es fällt uns immer noch schwer, zu glauben, dass ein Täter zugleich auch Opfer sein können», sagt sie. Die erlittenen Taten in seiner Kindheit seien echt und glaubhaft.
Ihr Mandant sei «hervorragend integriert», pflege viele Freund- und Bekanntschaften. Zudem stünden viele seiner Freunde weiterhin hinter ihm und er habe wieder geheiratet. Seine Frau sei über seine Taten im Bilde. Zur drohenden Ausschaffung macht sie einen «schweren, persönlichen Härtefall» geltend – ein so gut integrierter Mensch dürfe nicht aus der Schweiz ausgewiesen werden.
Und weiter: «Das Leid wird nicht gemildert, wenn der Täter härter bestraft wird.» Die von der Staatsanwaltschaft geforderte Höchststrafe von 15 Jahren gründe auf «emotionalen Herleitungen, statt auf juristischen» und sei «übermässig hoch».
Ihr Mandant habe mit der Betäubung der Opfer Schmerzen vermieden, so die Anwältin weiter: «Er hat die Taten schonungsvoll ausgeführt». Es gebe im Körper keine Verkrampfung, zudem sei die Gefahr für eine seelische Verletzung ebenso kleiner.
«Vergeltungsdrang»
Einen Grossteil ihres Plädoyers verwendete die Anwältin, um gegen ihre Gegner zu schiessen. Die gesamte Gerichtsverhandlung in Frauenfeld sei «emotional aufgeladen». Staatsanwaltschaft und Opferanwälte seien «stark emotionalisiert.»
Die Äusserungen der Vertretung der vielen Mädchen und Frauen, die vom Täter teils mehrfach misshandelt wurden, gründeten auf einer «tiefen, emotionalen Verunsicherung».
Der «Vergeltungsdrang» von Staatsanwaltschaft, Medien und Opfervertretung sei höchst problematisch und gründe auf «verletzten Gefühlen». Um die «eigene Erschütterung zu lindern, wird jetzt eine hohe Strafe gefordert».
«Miguel H. verlangt kein Mitgefühl von Ihnen», sagt sie zum Schluss an das Gericht gewandt. «Das soll den Opfern zukommen. Er wird eine faire Strafe akzeptieren.»
Am Nachmittag geht es weiter mit den zweiten Vorträgen von Staatsanwaltschaft, Privatklägerinnen und Verteidigung.