Auf einen Blick
- Pädo-Prozess in Frauenfeld: Angeklagter entschuldigt sich bei Opfern und Gericht
- Verteidigung wirft Staatsanwaltschaft Dämonisierung und Emotionalisierung vor
- Anklage fordert 15 Jahre Haft, Verteidigung plädiert für 7 Jahre
Der Pädo-Prozess am Bezirksgericht Frauenfeld ist vorüber. Drei Tage lang duellierten sich zwei Staatsanwältinnen, eine Verteidigerin, zwei Anwältinnen und ein Anwalt der Opfer von Miguel H.* (39).
Ihm wird zusammengefasst vorgeworfen, zwischen 2016 und 2020 mindestens sieben Kinder und acht erwachsene Frauen teilweise unter Drogen gesetzt und misshandelt, vergewaltigt, geschändet und sexuell genötigt zu haben.
Viele Kinder davon wurden mehrfach Opfer. Die meisten seiner Taten hat er zudem mit seinem Handy gefilmt – die Videos liegen dem Gericht und der Staatsanwaltschaft vor. Einige seiner Opfer waren damals im Kindergartenalter – das jüngste erst vier.
«Ich weiss, ich kann das schaffen»
Nach drei Tagen voller Plädoyers, Befragungen, Tränen und schockierenden Schilderungen, hatte der Beschuldigte am Dienstagnachmittag die Möglichkeit für ein Schlusswort. Bis dahin sass Miguel H. an diesem Tag mehrheitlich starr auf seinem Stuhl, mit gefalteten Händen und geschlossenen Augen, flankiert von zwei Kantonspolizisten.
Für sein Schlusswort stand Miguel H. auf und hielt sich die Hand auf die Brust, auf sein Herz. «Ich möchte mich mit schwerem Herzen bei den Opfern entschuldigen. Die Entschuldigung kommt wirklich von Herzen», sagte Miguel H. Was er getan hatte, tue ihm sehr leid. «Ich kann es nicht wiedergutmachen, aber ich möchte alles probieren, wenn man mir die Möglichkeit gibt.»
Danach entschuldigt sich der Beschuldigte bei allen: dem Richter, seiner Verteidigerin, den Staatsanwältinnen, der Opfer-Anwaltschaft, sogar die Polizisten bekommen eine Entschuldigung. «Ich muss damit leben, bis ich sterbe. Aber ich möchte etwas zurückgeben. Ich setze alles daran, dass das nie mehr passiert.» Der Richter schaute ihn mit zusammengepressten Lippen an.
«Dämonisierung auf Boulevard-Niveau»
Die Verhandlung und die Plädoyers wurden teilweise mit harten Bandagen geführt. «Mit ihm kam das Grauen in den Ort», sagte ein Opfer-Anwalt in seinem Plädoyer und wurde dafür von der Verteidigung harsch kritisiert.
Die Anwältin des Pädo-Täters warf ihm und auch der Staatsanwaltschaft eine «eine Dämonisierung auf Boulevard-Niveau» und heftige «Emotionalisierung» vor.
Auf diese Angriffe sagte eine der beiden Staatsanwältinnen: «Wir fordern eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren. Nicht ewige Verdammnis, lebenslängliche Verbannung oder gar die Todesstrafe.»
Verteidigung will Landesverweisung verhindern
Überdies fordert die Anklage nebst einem Kontakt- und Rayonverbot einen Landesverweisung für den Lateinamerikaner von 15 Jahren und eine Geldstrafe.
Die Verteidigung möchte den Täter für sieben Jahre hinter Gitter sehen. U-Haft und vorzeitiger Strafvollzug angerechnet, käme Miguel H. in rund drei Jahren wohl schon wieder raus.
Zudem will die Verteidigerin die Landesverweisung nicht akzeptieren und macht einen «schweren, persönlichen Härtefall» geltend.
Das Urteil folgt voraussichtlich am Donnerstag um 16 Uhr.
*Name geändert