Der Fall Degersheim SG löste im Frühjahr 1997 in der ganzen Schweiz Entsetzen aus. Livio G.* (damals 14) erstach sein Schulgspänli Erkin Bahtiyari (†13) mit zwölf Stichen und liess ihn danach in einem Waldstück liegen. Die Behörden suchten stundenlang und konnten die Leiche des Schülers schliesslich am nächsten Tag finden. Bei den Mitschülern sorgte diese Tat für Entsetzen.
Eine von ihnen: Ex-Bachelorette Eli Simic (34). Sie besuchte zu dieser Zeit die Steinegg-Schule in Degersheim. Opfer und Täter waren einige Stufen über Simic. Der TV-Star war damals neun Jahre alt. Schon kurz nach Erkins Verschwinden habe an der Primarschule eine unruhige Stimmung geherrscht, sagt Simic: «Niemand konnte uns sagen, was los war. Nicht einmal die Lehrerin. Wir wussten nur, dass Erkin vermisst wurde.» Es sei wild spekuliert worden: «War er krank? Ist er von zu Hause weggelaufen?»
Grabesstille an der Primarschule
Sie erinnert sich: «An diesem Morgen spielte ich mit meinen Freundinnen in der Zehn-Uhr-Pause Gummitwist.» Dann kam der Moment, der Simic immer bleiben wird: «Das Bild seiner Verhaftung vergesse ich nie.» Zwei Kantonspolizisten führten den 14-jährigen Täter in Handschellen ab. «Ich weiss noch, wie er zurückschaute und mit den Schultern zuckte – als ob er selbst nicht wüsste, warum er jetzt abgeführt wird.»
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Als dann klarwurde, dass Erkin nie mehr an die Primarschule Steinegg zurückkehren würde, befanden sich die Schüler in einer Art kollektiven Schockstarre. «Wir konnten nicht glauben, was hier gerade geschah.» Ein weiteres Bild, das Eli Simic heftig eingefahren sei, war die Trauerfeier in der Aula der Schule. «Da waren so unglaublich viele Kinder, doch es herrschte Grabesstille.»
Keine schlimmen Wörter mehr auf dem Schulhof
Gemäss Berichterstattung aus der damaligen Zeit soll Livio G. in den Wochen vor seiner grausamen Tat mehrmals auf dem Pausenplatz mit merkwürdigen Aussagen die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. «Er hat gesagt, er wolle wissen, wie es sich anfühlt, wenn man jemanden umbringt», sagt Simic. Diese Aussage hätten viele seiner Mitschüler mit einem Lächeln abgetan und schlicht nicht ernst genommen.
In den Wochen nach dem schrecklichen Messerangriff und dem Tod von Erkin sei die Stimmung an der Schule auf einem Tiefpunkt gewesen: «Es ist normal, dass Schüler aus dem Affekt heraus Sachen sagen wie ‹i hau di abe› – oder dergleichen. Nach dem furchtbaren Vorfall traute sich aber lange niemand mehr, solche Sätze in den Mund zu nehmen.»
Simic ist auch über den aktuellen Fall Luise (†12) in Deutschland bestürzt. Am Wochenende fand ein Polizist im deutschen Freudenberg die Leiche des Mädchens. Es stellte sich heraus, dass zwei Freundinnen sie mit Messerstichen getötet hatten. «Als Mutter macht man sich da schon seine Gedanken.» Am liebsten würde sie ihrer vierjährigen Mia ständig ein GPS-Gerät mitgeben. Doch auch Simic weiss, dass das nicht geht: «Man kann seine Kinder nicht vor allem beschützen.»
*Name geändert