Opfer abholen, bevor es eskaliert
Neues Tool gibt Opfern häuslicher Gewalt Instrumente in die Hand

Häusliche Gewalt ist weit verbreitet in der Schweiz: Jede Woche gipfelt sie in einem Tötungsversuch, alle zwei Wochen fordert sie ein Todesopfer. Die Dunkelziffer ist hoch. Ein neues Online-Tool will Opfer abholen, bevor die Gewalt eskaliert.
Publiziert: 23.08.2022 um 09:45 Uhr
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Aktualisiert: 23.08.2022 um 10:10 Uhr
Häusliche Gewalt hat viele Gesichter und ist nicht immer leicht zu erkennen: Gestellte Szene. (Symbolbild)
Foto: Luis Berg

Wenn gewünscht, leitet das Tool «withyou» Opfer auch direkt an eine Fachstelle weiter, wie der Frauendachverband Alliance F am Dienstag mitteilte. Das Spin-Off «Tech against Violence» der Allianz betreibt «withyou».

Drei von fünf Opfern - vor allem Frauen und Kinder - holten sich keine Hilfe, bringt Alliance F das Problem auf den Punkt. Angst, Scham oder die mangelnde Erkenntnis, in einer gewalttätigen Beziehung zu stecken, sind die Gründe dafür.

Die Gewalt hat viele Gesichter, besonders psychische Gewalt ist schwer fassbar. Manche toxische Verhaltensmuster wie Kontrolle und Eifersucht missdeuten Opfer gar als Zeichen von Liebe und Fürsorge. Gerade bei dieser emotionalen Gewalt stellt sich das Problem des Informationsmangels.

Warnzeichen der häuslichen Gewalt sind oft früh erkennbar

Da toxisches Verhalten Mustern folgt, sind Warnzeichen oft früh erkennbar. An diesem Punkt holt «withyou» Betroffene und ihr Umfeld mit interaktiven Fragebogen und einfachen Definitionen ab. Das soll geschehen, bevor die Gewalt eskaliert.

15 Fragen zur Gesundheit einer Beziehung, die Fachleute mit Betroffenen entwickelt haben, sollen Klarheit bringen. Der Fragebogen ist niederschwellig und diskret zugänglich. «Withyou» ist keine Hilfsstelle, sondern ergänzt die Arbeit von Anlaufstellen, Polizei sowie Hausärztinnen und -ärzten.

Je besser Gewaltopfer über ihr Situation informiert sind, desto schneller kommen sie aus ihr heraus. Die Entscheidungshilfe bei «withyou» unterstützt Opfer auch bei den wichtigsten Fragen vom Notfallplan über den Schutz der Kinder bis hin zum Erstatten einer Anzeige.

Auch ein Fragebogen zum Einschätzen der konkreten Gefahrenlage ist im Angebot. Das Tool gibt es bisher in den Landessprachen, Spanisch und Englisch. Es soll mit weiteren Sprachen ausgebaut werden. Gemäss Alliance F ist auch ein Online-Speicher für Beweismittel geplant. Der Migros-Pionierfonds unterstützt das Projekt.

(SDA)

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