Fünf Kinder sind 2021 in Schweizer Kinderkliniken an den Folgen körperlicher Misshandlung gestorben. Das ist eines mehr als im Vorjahr. Zwei Kinder waren jünger als ein Jahr, eines wurde nicht zwei Jahre alt.
Allgemein stieg im zweiten Jahr der Covid-19-Pandemie die Zahl der misshandelten Kinder. Die Kinderschutzgruppen von 20 Kinderkliniken meldeten 1656 Fälle sicherer oder vermuteter Misshandlung von Kindern und Jugendlichen, wie die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie in ihrer Jahresstatistik ausweist. Das entspricht einer Zunahme um 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Bei den körperlichen Misshandlungen wurde 2021 ein Rückgang registriert. Der Anteil der derart misshandelten Kinder sank von 36,7 Prozent auf 29,7 Prozent 2020. Der Anteil psychischer Misshandlung stieg leicht an auf 23,7 Prozent. Eine Vernachlässigung lag in 29,3 Prozent der Fälle vor, sexueller Missbrauch bei 16,4 Prozent.
Mädchen häufiger Opfer von Misshandlungen als Buben
Die Diagnosen sind in 62,3 Prozent der Fälle sicher. Bei Misshandlungen und Vernachlässigung lagen die Sicherheitswerte der Kinderschutzgruppen jeweils höher. Grössere Unsicherheiten gab es beim sexuellen Missbrauch oder beim Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom.
Neu erhoben die Kinderschutzgruppen der Kliniken die psychische Misshandlung durch das Miterleben häuslicher Gewalt. Dabei zeigte sich, dass fast die Hälfte der gemeldeten psychischen Misshandlungen darauf zurückzuführen war. Die Anwesenheit bei häuslicher Gewalt kann auf Kinder ebenso gravierende Auswirkungen haben wie direkte Gewalt.
Erneut wurden mit 55 Prozent Mädchen häufiger Opfer von Misshandlungen als Knaben. Dieses Geschlechterverhältnis ist gemäss der Pädiatrischen Gesellschaft seit zehn Jahren gleich. Bei sexuellem Missbrauch liegt die Zahl der Mädchen sechsmal höher als die der Knaben. Bei psychischen Misshandlungen stieg die Zahl der Mädchen weiter, während bei den Knaben körperliche Misshandlungen etwas überwogen.
Die Täter stammten zu 75 Prozent aus dem Familienkreis
Einmal mehr bestätigte sich, dass besonders sehr junge Kinder Opfer wurden. 330 Kinder oder 19,9 Prozent waren bei Feststellung der Misshandlungen jünger als ein Jahr, 569 (34,4 Prozent) jünger als vier Jahre und 711 (42,9 Prozent) jünger als sechs Jahre. Die Dunkelziffer dürfte gemäss den Kindermedizinern hoch sein. Diese kleineren Kinder unterstehen oft keiner regelmässigen Kontrolle von aussen.
Die Täter stammten zu 75 Prozent aus dem Familienkreis. Bekannte des Kindes begingen 13,1 Prozent der Fälle, Fremdtäter 2,7 Prozent und Unbekannte 6,4 Prozent. Psychische Misshandlungen geschahen fast ausschliesslich im häuslichen Umfeld.
Oftmals Männer als Täter
Sexuellen Missbrauch begingen mehrheitlich Personen aus dem Bekanntenkreis. Ein Drittel der Fälle erfolgte in der Familie. Über 80 Prozent der Täter waren männlich.
Über alle Arten der Misshandlung wurden Männer sowie Männer und Frauen zusammen häufiger als Täter genannt als Frauen allein. Körperliche Misshandlungen liessen sich indessen zu einem hohen Anteil Männern zurechnen. Bei knapp der Hälfte der Fälle von Vernachlässigung und psychischen Misshandlungen sind hingegen beide Elternteile verantwortlich.
Über alle Fälle gesehen, gingen 58 Prozent auf Einzeltäter zurück. Der Anteil jugendliche Täter erreichte 2020 mit 12,2 Prozent einen Höhepunkt, 2021 blieb ein weiterer Anstieg aber aus. Körperliche Misshandlungen begingen in 20,7 Prozent der Fälle Minderjährige. Und sexuelle Übergriffe gingen zu 26,5 Prozent auf deren Konto. (SDA)
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