Die Corona-Pandemie setzt Familien unter Druck. Die Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle des Universität-Kinderspital Zürich hat im zweiten Pandemiejahr 2021 erneut eine Zunahme der gemeldeten Verdachtsfälle von Kindesmisshandlungen registriert: Die Zahl stieg von 592 auf 625.
Der Grund für die letztjährige Zunahme scheint auf der Hand zu liegen: Die Pandemie setzt Familien mit vorbestehenden psychischen Problemen oft zusätzlich unter Druck, aber auch andere Familien geraten in psychosoziale Schwierigkeiten, wie das Kinderspital Zürich am Montag mitteilte.
Körperliche Misshandlungen nehmen ab
In 442 Fällen konnte das Team eine sichere Misshandlung feststellen. In 140 Fällen konnte der Verdacht nicht bestätigt, aber auch nicht ausgeräumt werden. Diese Kinder werden engmaschig kontrolliert. Bei 43 Fällen stellte sich heraus, dass es keine Misshandlung war, sondern, dass beispielsweise ein Unfall der Grund für eine Verletzung war.
Die Zahl der sexuellen Misshandlungen blieb mit 30 Prozent praktisch gleich (Vorjahr: 31 Prozent). Die körperlichen Misshandlungen gingen von 33 Prozent im Vorjahr auf 25 Prozent zurück.
Eine Zunahme um jeweils 4 Prozentpunkte wurde jedoch bei den Fällen von psychischer Misshandlung (22 Prozent) und Vernachlässigung (19 Prozent) verzeichnet. Die Fachleute vermuten in diesem Bereich ausserdem eine hohe Dunkelziffer, vor allem da verschiedene Beratungsstellen deutlich mehr Fälle registrieren.
Zudem betreute auch das Kinderspital im vergangenen Jahr vermehrt Jugendliche wegen Suizidversuchen und Angststörungen. Diese Jugendlichen haben sehr oft einen Missbrauch erlebt. Von psychischer Misshandlung spricht man, wenn Kinder bewusst oder unbewusst misshandelt werden, etwa mit Sätzen wie: «Du bist zu dumm für das, das lernst du nie!» Bei der Vernachlässigung wird etwas weggelassen, was das Kind unbedingt für seine gesunde Entwicklung bräuchte, etwa Nahrung oder Zuwendung. (SDA)