Darum gehts
Rund 21'200 Schweizer nutzen gemäss einer Schätzung des Bundesamts für Gesundheit die Abnehmspritze (Blick berichtete). Die Kosten für die Obligatorische Versicherung: rund 50 Millionen Franken für das Jahr 2024. Der Artikel sorgte für vielfältige Reaktionen. Was viele Leser beschäftigt: Warum überhaupt und vor allem wann übernimmt die Obligatorische Versicherung die Kosten?
So schreibt eine Leserin: «Es ist eine Schande, dass die Krankenkasse dies bezahlt und die Kosten in die Höhe treibt.» Eine andere hingegen: «Ich finde es gut, wenn Personen sich mit den Abnehmspritzen wohler fühlen und ihr Wohlfühlgewicht oder ein gesundes Gewicht erreichen und dadurch auch seelische Leiden und Nachfolgekrankheiten verhindert werden können.» Ein Leser wiederum findet: «Alle jammern immer, dass die Krankenkasse das übernehmen. Vergesst bitte nicht, dass es noch die Franchise und den Selbstbehalt gibt! Meine Abnehmspritze bezahle ich seit Anfang immer über die Franchise selbst! Also hört auf zu jammern und freut euch mit uns, dass wir gesünder leben wollen.»
Einfall wird genau betrachtet
In der Schweiz sind aktuell drei Spritzen zugelassen. Zwei Typen werden unter bestimmten Bedingungen von der Obligatorischen Versicherung übernommen. Eine der zwei Spritzen wurde vergangenes Jahr eingestellt. Aktuell wird nur ein Typ von Abnehmspritzen verschrieben, den die Versicherung auch übernimmt.
Gesundheitsexperte Andreas Faller (58), der ehemalige Vizedirektor des Bundesamtes für Gesundheit und verantwortlich für das Krankenversicherungsgesetz, stellt gleich zu Beginn im Gespräch mit Blick klar, dass es keinesfalls so sei, dass die Versicherungen blind die Kosten für die zugelassenen Abnehmspritzen übernehmen.
Faller: «Jeder Einzelfall wird von den Versicherern überprüft, ob es medizinisch Sinn macht. Versicherungen zahlen nur, wenn es wirksam und zweckmässig ist sowie wirtschaftlich Sinn macht.»
Auch Felix Schneuwly, Gesundheitsexperte beim Vergleichsdienst Comparis, findet: «Angesichts der Tatsache, dass die Versicherten schon an mindestens einer, durch das Übergewicht verursachten Folgeerkrankung leiden müssen, ist die Voraussetzung für die Kassenpflicht relativ streng. Es geht darum, weitere Schäden zu vermeiden.»
Lebensstil verändern
Eine erste Hürde für die Finanzierung der aktuellen Abnehmspritzen sind die Bedingungen der Versicherer. Eleonora Seelig, Oberärztin in der Endokrinologie am Unispital Basel, geht mit Blick die Check-Liste durch: «Für die Übernahme durch die Grundversicherung gilt: Ein BMI von 35 und drüber oder ein BMI von 28, falls zusätzliche gewichtsbedingte Begleiterkrankungen – so etwa Prädiabetes oder Diabetes mellitus Typ 2 – vorliegen.»
Ausserdem müssten Patienten ihren Lebensstil verändern, so Seelig. «Sie müssen eine strikte 500-Kalorien-Defizit-Diät mit einer Ernährungsberatung angehen. Ausserdem müssen sie ihre körperlichen Aktivitäten erhöhen und dies – beispielsweise mit einem Schrittzähler – belegen können.» Und zu guter Letzt: «Die Abnehmspritzen müssen von einem Facharzt für Endokrinologie verordnet werden. Der Hausarzt kann diese Medikamente ebenfalls verschreiben, jedoch erfolgt in diesem Fall keine Kostenübernahme durch die Krankenkasse.»
Abnehmspritze als Lifestyle-Produkt
Trotz dieser Bedingungen gelten Abnehmspritzen aktuell als Lifestyle-Produkt, so Gesundheitsexperte Faller. «Es tönt ja auch ziemlich verlockend: Du haust dir das rein und nimmst ab. Und gerade wenn wir so auf der Kippe zwischen Lifestyle oder medizinischem Missbrauch und tatsächlicher Notwendigkeit stehen, müssen wir sehr genau hinschauen!»
Geht es nach Faller, sollten Ärzte deshalb streng in die Verantwortung genommen werden. «Schliesslich ist es immer noch ein Medikament mit erheblichen Nebenwirkungen – und nicht ohne Risiko». Er sei überzeugt: «Von den rund 20'000 Personen, denen die Kassen die Spritzen zahlen, hätten es einige mit richtiger Ernährung und mehr Sport auch von selbst geschafft. Ärzte müssen sich wirklich Gedanken machen, wem sie die Abnehmspritzen verschreiben und wem nicht.»
Auch Schneuwly findet: «Selbstverantwortung und Solidarität geraten aus dem Gleichgewicht, wenn wir immer mehr für die Behandlung von Krankheiten bezahlen, die wir mit guter Ernährung und genügend Bewegung verhindern könnten.»
Sollte es einem Patienten – aus physischen oder psychischen Gründen – auf keinen Fall möglich sein, von selbst ein gesundes Gewicht zu erreichen, sei er der Letzte, der sich gegen eine Finanzierung der Abnehmspritze stelle, so Faller. «Vor allem, wenn man schwerere Eingriffe wie Magenbänder und Bypässe damit verhindern kann.»
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