Kostenexplosion
Fettweg-Spritzen kosten Krankenkassen über 100 Millionen

Abnehmspritzen werden immer beliebter. Damit steigen aber auch die Ausgaben der Krankenkassen um rund 100 Millionen Franken pro Jahr, wie nun der Bundesrat schätzt. Die Befürchtung: Das geht auch auf Kosten der Diabetiker.
Publiziert: 22.11.2024 um 08:44 Uhr
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Aktualisiert: 22.11.2024 um 12:01 Uhr
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Über 100 Millionen Franken pro Jahr werden Abnehmspritzen wie Ozempic die Krankenkassen kosten. Das schätzt der Bundesrat.
Foto: Getty Images

Auf einen Blick

  • Fettwegspritzen treiben Krankenkassenkosten in die Höhe. Bundesrat äussert sich nun dazu
  • Befürchtungen über Engpässe bei Diabetes-Medikamenten wegen Fettwegnutzung
  • Kosten für Krankenkassen: über 100 Millionen Franken pro Jahr erwartet
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Lucien FluriCo-Ressortleiter Politik

Bei den Menschen sorgen sie fürs Abnehmen, bei den Krankenkassen fürs Zunehmen der Kosten: Die Fettwegspritzen haben in der Schweiz stark an Beliebtheit gewonnen. Das treibt die Kosten im Bereich der obligatorischen Krankenkasse in die Höhe.

Nun äussert sich auch der Bund zu den mutmasslichen Kosten: Man rechne «realistischerweise» mit über 100 Millionen Franken pro Jahr für die Krankenkassen, schreibt der Bundesrat als Antwort auf einen Vorstoss von Grünen-Nationalrätin Léonore Porchet (35, FR).

Allein zwischen August 2023 und Juli 2024 bezahlten die Kassen 129 Millionen Franken für die Medikamente Wegovy (14,1 Millionen), Saxenda (16,1), Ozempic (63,1) und Rybelsus (35,9). Sie gelten als Fettwegmittel, Ozempic und Rybesus werden aber auch zur Therapie von Diabetikern eingesetzt. Wie viel von den genannten Kosten jeweils auf Diabetestherapien oder Fettwegspritzen entfiel, kann der Bund nicht ausweisen. 

Abnehmen auf Kosten der Diabetiker?

Gerade mit Blick auf die Diabetiker macht sich Nationalrätin Porchet Sorgen. Sie befürchtet, dass Ozempic als Medikament für Diabetiker fehlt, weil es zunehmend als Fettwegmacher verschrieben wird. «Das ist sehr besorgniserregend.»

Tatsächlich gab es aus diesem Grund Lieferengpässe: Weil die Nachfrage für Wegovy so hoch war, wurde kurzerhand auf Ozempic als Ersatz zurückgegriffen. Seit Wegovy von den Kassen bezahlt werde, sehe die Ozempic-Versorgung für Diabetiker wieder besser aus, schreibt der Bundesrat. 

Sorgenfalten lösen die Abnehmspritzen auch bei den Krankenkassen aus. Philomena Colatrella, Chefin der CSS, befürchtete kürzlich in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger», dass die Kassen mehrere Hundert Millionen Franken pro Jahr für Abnehmspritzen ausgeben müssten.

(Noch) keine Zahlen zum Nutzen

Befürworter der Fettwegspritzen-Bezahlung betonten dagegen, dass die Kosten insgesamt sinken, da Folgeerkankungen von Adipositas vermieden werden könnten, wenn Betroffene abnehmen. Dazu gebe es derzeit keine konkreten Zahlen, betont der Bund. 

Dafür stellt er eine andere Rechnung an: In der Schweiz seien zwölf Prozent der Bevölkerung von starkem Übergewicht betroffen. «Würden alle diese Personen mit Wegovy zu Jahrestherapiekosten von 2333 Franken behandelt, wären die Kosten mit über 2 Milliarden Franken pro Jahr enorm hoch.» Tatsächlich ist Wegovy kein billiges Mittel: Erst seit März 2024 wird es bezahlt, bis Ende Juli fielen für die Krankenkassen bereits Kosten über 14 Millionen Franken an.

Für den Bundesrat ist es deshalb wichtig, dass «solche Hochkostenarzneimittel aufgrund der stark überdurchschnittlich wachsenden Kosten im Arzneimittelbereich engmaschig überwacht werden».

Erst ab einem BMI von 35

Bezahlt wird grundsätzlich nur bei Personen, deren Body-Mass-Index (BMI) über 35 liegt. Hat jemand Erkrankungen, wird unter Umständen bereits ab einem BMI-Wert von 28 bezahlt. Zudem muss nachgewiesen werden, dass eine Diät oder Sport gemacht wird.

Vorerst ist keine Abnahme der Kosten in Sicht: Die Beliebtheit der Fettwegmacher steigt. In Europa laufen die Patente Anfang der 2030er-Jahre ab, erst dann können günstigere Nachahmerprodukte genutzt werden. 

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