Jürg Hirschi (66) wehrt sich gegen eine Verkehrsbusse
1:29
Jürg (66) kämpft gegen Busse:«Wenn es sein muss, gehe ich ins Gefängnis»

Jürg Hirschi (69) sollte 780 Franken zahlen – weil er auf dem Julier zu langsam fuhr
Berner kämpfte gegen Gaga-Busse – mit Erfolg

Zu schnelles Fahren wird gern teuer. Doch auch zu langsames Fahren kann happig werden. Dies erlebte ein Berner, nachdem er über den Julierpass gefahren war. Gegen die Busse wegen angeblich zu langsamen Fahrens legte er Einsprache ein. Eine Justiz-Odyssee folgte.
Publiziert: 19.04.2025 um 19:43 Uhr
|
Aktualisiert: 19.04.2025 um 19:52 Uhr
1/5
Am 20. Februar 2022 fuhr der Berner Jürg Hirschi mit seinem Ford Ranger und Pferd im Anhänger von Samedan GR aus über den Julierpass.
Foto: Philippe Rossier

Darum gehts

  • Rennpferd-Trainer erhält Busse für angeblich zu langsames Fahren
  • Polizei hielt Fahrer und Tiere fast zwei Stunden fest
  • Rechtsschutzversicherung übernahm Busse und Gerichtskosten von 2650 Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Sandra_Marschner_Praktikantin News_Ringier Blick_1-Bearbeitet.jpg
Sandra MarschnerRedaktorin News-Desk

Für den Rennpferd-Trainer Jürg Hirschi (69) hätte es eine ganz normale Fahrt sein sollen. Mit seiner Lebenspartnerin Verena Horak und einer Bekannten hatte er in Samedan GR vier Tage Ferien verbracht. Im Anhänger hatte Hirschi auch ein Pferd. Dieses hatte er, zum Anlass des legendären White-Turf-Pferderennen in St. Moritz GR, Kindern zur Verfügung gestellt. 

Am 20. Februar 2022 fuhren sie über den Julierpass nach Kappelen BE zurück. Verena Horak auf dem Nebensitz, die gemeinsame Bekannte mit ihren zwei Ponys im Anhänger einige Autos hintendran. Doch die Rückreise sollte ein jähes Ende finden. In Tiefencastel GR winkte die Polizei Hirschis Ford Ranger heraus. Ein anonymer Anrufer hatte Hirschi gemeldet, da dieser angeblich zu langsam gefahren sei.

«Fast zwei Stunden hielt man uns und unsere Tiere fest»

Verena Horak sagt nun zu Blick: «Mein Partner ist ein versierter Anhänger-Fahrer. Zweimal in der Woche fährt er zwei Pferde, die noch bei Rennen mitmachen, im Anhänger zum Training.» Auch während der Fahrt über den Julierpass im Februar 2022 habe sich Jürg Hirschi routiniert verhalten: «Er hat immer geblinkt, sobald die Möglichkeit zum Überholen für die nachfolgenden Autos bestand.» Ein Ausweichen auf die Ausstellplätze sei hingegen schwierig gewesen: «Sehr viele Skifahrer belegten diese», erinnert sie sich.

An Ort und Stelle wurde ihr Lebenspartner damals verhört. «Gut zwei Stunden hielt man uns fest. Mitsamt unserem Pferd und den zwei Ponys unserer Bekannten. So viel Stress für die Tiere. Glücklicherweise blieben sie ruhig. Doch ich hätte durchaus den Tierschutz rufen können», beschreibt Verena Horak die Situation.

Eine Busse von 780 Franken

Auch die Fragen der Polizeibeamten seien bis in kleinlichste Details gegangen: «Sie fragten meinen Partner, in welcher Kurve genau er herausgegangen sei. Mein Partner meinte nur, dass er den Julierpass und die gesamte Strecke nicht akribisch auswendig gelernt hätte. Es war wirklich eine lachhafte Situation.» 

Im Mai 2022 flatterte dann den Strafbefehl ein, mit einer saftigen Busse von 780 Franken! Der Vorwurf: Hirschi habe die Verkehrsregeln missachtet. Die Polizei beharrte darauf, 175 Autos hinter dem Ford Ranger gezählt zu haben. Die Busse liess sich Jürg Hirschi jedoch nicht bieten. Er legte Einsprache gegen das Urteil ein.

«Man hat uns wie Verbrecher behandelt»

Darauf folgte ein langer Leidensweg, erzählt seine Lebenspartnerin nun Blick: «Wir haben mehrfach Einsprachen eingelegt. Zweimal mussten wir nach Chur vor das Gericht, mit dem Anwalt unserer Rechtsschutzversicherung.» 

Der Umgang vor Gericht habe sie sehr belastet: «Man hat uns wie Verbrecher behandelt, obwohl wir uns nichts zu Schulden haben kommen lassen.» Die Vorwürfe hätten sich noch fälschlicherweise gesteigert: «Meinem Lebenspartner wurde dann plötzlich auch noch vorgehalten, dass er wegen Verkehrsdelikten vorbestraft sei. Das stimmt überhaupt nicht!» Sogar in einem Artikel sei dieser Vorwurf publik gemacht worden. «Das war wirklich schwerwiegend. Als Geschäftsmann kann man sich so eine falsche Unterstellung nicht leisten», betont Verena Horak.

Nach langem Leidensweg übernahm die Versicherung

Das Gericht habe bei den Einsprachen die begründeten Einwände nie akzeptiert. «Hart und uneinsichtig» beschreibt Verena Horak den Umgang des Gerichtes mit ihnen. Fast zwei Jahre lang musste sich das Paar mit diesem Fall herumschlagen. Doch dann kam die Rettung: Im Februar oder März 2024 erklärte die Rechtsschutzversicherung, dass sie den Fall aufkaufen könne, wenn Jürg Hirschi alle Einsprachen zurückziehen würde.

«Von so etwas hatte ich noch nie gehört», sagt seine Lebenspartnerin. Die Busse sowie weitere Gerichtskosten in Gesamthöhe von 2650 Franken bezahlte die Versicherung. «Ich war wirklich erstaunt und erleichtert, dass alles übernommen wurde», erzählt Verena Horak. 


Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?