Trotz 30 unfallfreier Jahre drohte Bernerin wegen Geburtsdefekt Ausweisentzug
Martina S.* (53) beweist ihre Fahrtüchtigkeit

Martina S. (53) wollte die Spezialfahrprüfung ablegen und musste stattdessen um ihren Fahrausweis bangen. Doch jetzt hat sie – nach rund einem Jahr – den Kampf gegen das Berner Strassenverkehrsamt gewonnen.
Publiziert: 11.04.2025 um 19:44 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2025 um 06:37 Uhr
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30 Jahre lang fuhr Martina S.* (53) unfallfrei. Dann drohte ihr plötzlich der Ausweisentzug.
Foto: zVg

Behördenstress statt neuen Jobs: Seit 30 Jahren fährt Martina S.* (53) unfallfrei Auto, dann droht ihr das Berner Strassenverkehrsamt plötzlich wegen eines Geburtsfehlers mit Ausweisentzug. Nach einem fast einjährigen Kampf sagt die Bernerin am Donnerstag zu Blick: «Die Gerechtigkeit hat gesiegt! Für mich als Behinderte war es eine grosse Genugtuung!»

S. kam mit einer Fehlbildung ihres rechten Beins zur Welt, eine Fibula-Aplasie. Dank mehrerer Operationen als Kind lebt sie wie jeder andere gesunde Mensch auch. So fährt Martina S. seit 32 Jahren Auto. Sie nimmt sogar regelmässig an freiwilligen Zusatzfahrkursen teil. Gegenüber Blick erklärte sie Ende Juli 2024: «Pro Monat fahre ich rund 3000 Kilometer. Ich trage dabei eine Schiene, dank der ich problemlos die Pedale bedienen kann.»

Strassenverkehrsamt Bern drohte mit Ausweisentzug

Dann wollte S. per 1. August 2024 einen neuen Job antreten: Sie sollte behinderte Kinder in die Schule chauffieren und wieder abholen. Per Gesetz braucht sie dafür die Bewilligung 122. Diese erlaubt den berufsmässigen Transport von Schülern und kranken oder behinderten Personen.

Doch das Strassenverkehrsamt stellte sich quer. Es zweifelte die Fahrtüchtigkeit von S. an und berief sich dabei auf eine Verordnung laut der Fahrausweis-Inhaber «keine Missbildungen» haben dürfen, «die nicht durch Einrichtungen genügend korrigiert werden können». Oder einfach gesagt: Das Amt glaubte nicht, dass S. dank ihrer Schiene sicher Autofahren kann. Dabei hatte sie bisher einen einzigen Unfall: einen kleinen Auffahrunfall im Jahr 1994.

Für Martina S. bedeutete das: ihre Fahrtüchtigkeit beweisen! 

Tests bestätigen Fahrtüchtigkeit von Martina S.

Nach mehreren Tests und Besuchen bei vier Ärzten – unter anderem bei einem Neurologen – wurde die Bernerin ins Strassenverkehrsamt eingeladen. Dort solle sie an einer Simulationsmaschine fahren und unter anderem eine Vollbremsung hinlegen. «Ich presste mit einer Kraft von 60 Kilo auf diese Bremse! Ausserdem war meine Reaktionszeit – mit 0,6 Sekunden – sehr gut!», so Martina S. stolz. Dies bestätigt die Eignungserklärung, die Blick vorliegt.

Zudem drehte S. eine Runde mit einem Experten. Sie erinnert sich lachend: «Er meine, er sehe kein Problem. Und ich sagte: Dann sind wir schon zu zweit!» Anschliessend wurde Martina S. die Fahrtüchtigkeit ausgestellt – und sie meldete sich zur Fahrprüfung für die Bewilligung 122 an. Obwohl sie vergangenen Sommer nicht mehr damit rechnete, kann Martina S. heute feiern: «Ich habe die Prüfung am 31. März bestanden! Ich bin sehr, sehr glücklich!»

Neuer Fahrausweis und neuer Job

Zwar hätte sie die Prüfung nicht mehr gebraucht, aber: «Ich bin kein Mensch, der etwas beginnt und nicht durchzieht!», so Martina.

Theoretisch könnte sie sich wieder für den damaligen Job bewerben – nur: in der Zwischenzeit hat Martina S. bereits eine neue Stelle gefunden. «Es gefällt mir sehr, ich bin glücklich hier. Und vielleicht kann ich die Spezialbewilligung auch hier mal brauchen!», sagt Martina S. Mit einem Rückblick auf die letzten Monate erklärt sie: «Manchmal muss man einfach sein Ding durchziehen – auch wenn etwas Zeit vergeht, bis sich der Wunsch erfüllt!»

* Name bekannt 

«Aktuell muss man drei Monate warten, bis man an die Autoprüfung kann»
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Engpass im Strassenverkehrsamt:«Aktuell dauert es drei Monate, bis man an die Autoprüfung kann»
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