Auf einen Blick
- Drei Angestellte des Strassenverkehrsamts wegen Bestechung verurteilt
- Die Strafen sollen verhindern, dass die Schweiz zur Bananenrepublik wird
- 70 Fälle festgestellt
Verurteilt! Drei ehemalige Angestellte des Strassenverkehrsamts Bassersdorf ZH haben für passive Bestechung hohe bedingte Freiheitsstrafen kassiert. Zwei der Verurteilten sassen im Büro und wiesen dem korrupten Verkehrsexperten die bestechenden Prüfungskandidaten zu, der dritte Verurteilte war der Experte selber.
Die beiden Zulassungsbeamten wirkten am Bezirksgericht Bülach ZH recht entspannt, der Verkehrsexperte hatte offensichtlich ein schlechtes Gewissen, er wirkte nervös. Die drei Männer kamen mit ihren Anwälten, sie sprachen sich vor und nach dem Prozess kaum.
«Bananenrepublik»
Der Prozess wurde in einem abgekürzten Verfahren geführt. Das heisst, die Angeklagten sind geständig und haben schon im Vorfeld die Strafen der Staatsanwaltschaft akzeptiert. Der Richter liess es sich aber nicht nehmen, die Verurteilten streng zurechtzuweisen. Er sagte: «So etwas darf in der Schweiz eigentlich nicht passieren, darum sind die Strafen so hoch ausgefallen. Wenn das einreisst, verkommen wir zu einer Bananenrepublik.»
Geld als Antrieb
Trotz des abgekürzten Verfahrens befragte der Richter kurz jeden der drei Beschuldigten einzeln. Warum stellten die Männer ihre ganze Karriere aufs Spiel? Die Antwort fiel bei allen drei gleich aus: «Wegen des Cash.» Wie sie die Bestechung abwickelten, sagten sie nicht genau. Der Verkehrsexperte sagte nur: «Es lag dann halt ein Kuvert mit dem Geld auf dem Tresen.» Im Normalfall seien das 500 Franken gewesen. «Dafür wussten dann die Prüflinge im Voraus, welche Strecke er sie fahren liess. Und kleine Fehler beachtete ich nicht», sagte er vor dem Richter. Wie er ihnen aber die Informationen zukommen liess, und wie sie im Vorfeld mit ihm kommunizierten, sagte er nicht.
Kein Sicherheitsrisiko?
Er meinte zu seiner Verteidigung: «Es bestand überhaupt kein Sicherheitsrisiko. Ich habe keinen auf die Strasse losgelassen, der nicht fahren konnte. Keinen Einzigen.» Bei der Urteilsverkündung aber sagte der Richter deutlich, was er davon hält. «Wenn so ein fauler Apfel im Korb liegt, muss man ihn entfernen.»
Die beiden Zulassungsbeamten bestätigten bei der Befragung nur ganz knapp, dass ohne ihre Zuweisung an den speziellen Verkehrsexperten das System nicht funktioniert hätte. Und, dass sie pro Kandidat zwischen 100 und 200 Franken kassierten.
Die Urteile entsprechen den Anträgen der Staatsanwaltschaft: Die beiden Zulassungsbeamten kassieren beide 12 Monate bedingt auf zwei Jahre, der Verkehrsexperte 24 Monate bedingt mit einer Probezeit auf drei Jahre. Dazu erhalten sie Ersatzforderungen von 3000 bis 4000 Franken sowie Bussen über 500 Franken.
Wie die «NZZ» im Vorfeld des Prozesses geschrieben hatte, zielten die korrupten Beamten vor allem auf junge Migranten als Kunden. Ein junger Syrer soll einem Mittelsmann (25), ebenfalls Syrer, beispielsweise rund 2000 Franken gezahlt haben. Als Gegenleistung für die Zahlung organisiert ihm M. einen Termin für die Prüfung bei einem wohlwollenden Verkehrsexperten.
Insgesamt 12 Strafbefehle ausgeteilt
Im November 2021 wittert die Behörde erstmals Unregelmässigkeiten. F. und zwei andere Angestellte wurden entlassen. Das Amt reichte in der Folge Strafanzeige ein, die Staatsanwaltschaft eröffnete eine Untersuchung. In insgesamt zwölf Strafbefehlen, die die «NZZ» einsehen konnte, zeigt sich das Ausmass ihrer Taten: Insgesamt 70 Fälle, in denen mindestens 1500 Franken pro Kopf kassiert wurden, stehen zu Buche. In einigen Fällen sollen Prüflinge sogar eine Summe von bis zu 3500 Franken gezahlt haben.
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