Bestechungsskandal auf Zürcher Strassenverkehrsamt
Fahrschüler zahlten bis zu 3500 Franken für den Führerschein

Ein Bestechungsskandal erschüttert das Zürcher Strassenverkehrsamt: Zwei Männer manipulierten Fahrprüfungen und kassierten dafür illegal ab. Recherchen zeigen: Der Skandal zieht noch weitere Kreise.
Publiziert: 22.05.2024 um 12:04 Uhr
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Aktualisiert: 22.05.2024 um 12:59 Uhr
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In 70 Fällen soll es zu grösseren Bestechungen gekommen sein.
Foto: keystone-sda.ch
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Janine EnderliRedaktorin News

Sie manipulierten über Jahre Fahrprüfungen, erhielten dafür Geld und sind die Protagonisten einer grossen Bestechungsaffäre: In einer Recherche enthüllt die «Neue Zürcher Zeitung (NZZ)» die ungeheuren Machenschaften zweier Männer. 

Thomas M.* (29) und Marco F.* (33) wollten das schnelle Geld. Gegen Bares ebneten sie über zwei Jahre verzweifelten Fahrschülern den Weg zum Führerschein. Bei M. handelt es sich um einen ausgebildeten Bodenleger, der sich erfolglos als Geschäftsmann im Versicherungsbereich versuchte. F. hingegen ist Verkehrsexperte und arbeitet bei der Prüfstelle des Strassenverkehrsamts in Bassersdorf ZH. 

Die Rollenverteilung war klar: M. lockt die «Kunden» an, F. schleust sie durch die Fahrprüfungen. Laut der Zeitung haben es die Zürcher besonders auf junge Migranten abgesehen.

Mittelsmänner trieben das Geld ein

Involviert in das kriminelle System waren auch dubiose Helfer, die Zugriff auf das Zulassungssystem des Amts hatten. Denn: Meldet ein Fahrlehrer seinen Schützling für die praktische Prüfung an, wird der Experte einem zufällig zugeteilt. Neben dem «Umdisponieren» waren die Vermittler für das Eintreiben des Geldes zuständig. 

Ein junger Syrer soll einem Mittelsmann (25), ebenfalls Syrer, beispielsweise rund 2000 Franken gezahlt haben. Als Gegenleistung für die Zahlung organisiert ihm M. einen Termin für die Prüfung bei einem wohlwollenden Verkehrsexperten: Marco F.* Das Geschäft läuft wie am Schnürchen, das Angebot spricht sich herum. 

Insgesamt 12 Strafbefehle ausgeteilt

Im November 2021 wittert die Behörde erstmals Unregelmässigkeiten. F. und zwei andere Angestellte wurden entlassen. Das Amt reichte in der Folge Strafanzeige ein, die Staatsanwaltschaft eröffnete eine Untersuchung.

Die Bestechungsaffäre zieht enorme Kreise. In insgesamt zwölf Strafbefehlen, die die «NZZ» einsehen konnte, zeigt sich das Ausmass ihrer Taten: Insgesamt 70 Fälle, in denen mindestens 1500 Franken pro Kopf kassiert wurden, stehen zu Buche. In einigen Fällen sollen Prüflinge sogar eine Summe von bis zu 3500 Franken gezahlt haben.

Marco F. erwartet empfindliche Strafe

Die Männer und die Komplizen müssen sich auf empfindliche Strafen einstellen. Die angeklagten Mitarbeiter des Strassenverkehrsamts Bassersdorf sind geständig und haben ein verkürztes Verfahren akzeptiert. F. erwartet eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten und eine Busse. Zudem müsste er eine Ersatzforderung von 4000 Franken bezahlen. 

Der Mittelsmann sowie Thomas M. sind bereits verurteilt worden. Beide haben wegen Bestechung eine bedingte Geldstrafe erhalten – 180 Tagessätze à 60 Franken bei einem der Männer, 130 Tagessätze à 80 Franken beim anderen. 

Beim Strassenverkehrsamt hat man nach den Vorfällen reagiert. Wie die Massnahmen konkret aussehen, lässt das Amt gegenüber der «NZZ» offen. 

*Namen geändert 

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