Gleich zwei Prominente der rechtsextremen Szene wollen dieses Wochenende in der Schweiz auftreten: Martin Sellner, österreichischer Aktivist der rechtsextremen «Identitären Bewegung» ist Hauptredner einer Veranstaltung der Jungen Tat am Samstag. Peter Fitzek, selbsternannter «König Deutschlands» und Anführer der Reichsbürger, besucht am Sonntag einen Kongress seiner Anhänger.
Beide werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Blick liegt ein interner Mailverkehr zwischen Reichsbürgern und Martin Sellner vor. Demnach haben sie sich 2019 vernetzt. Den Kontakt hergestellt hat der Schweizer Marco Ginzel, ein hochrangiger Reichsbürger und die «rechte Hand» von Fitzek.
Sellner als «Netzwerk-Partner»
Ginzel betreibt die dubiosen Bank- und Versicherungsgeschäfte des Königs und fungiert als dessen Sprecher. Im Sommer 2019 bat Ginzel seine Reichsbürger-Kollegen in einer Mail, ihm Vorschläge für zukünftige «Netzwerk-Partner» zu schicken.
Eine Person wies ihn auf Martin Sellner hin. Dieser sei aus verschiedenen Gründen interessant. Unter anderem, weil er bereits mehrere Kontopfändungen hinter sich habe. «Martin verfügt also über einen grossen Erfahrungsschatz in Bezug auf Eingriffe der Finanzmafia», schlussfolgerte die Person in ihrer Antwort an Ginzel.
Zweieinhalb Monate später erhält Ginzel eine Mail von Martin Sellner – eine Nachricht an dessen «Freunde und Unterstützer». Überschrift: «Bin ich ein Nazi-Ar***?» Der Rechtsextremist klagt darin, er habe sich in einer Talkshow schon wieder zu solchen Vorwürfen äussern müssen. Dabei sei er gerade erst aus den Flitterwochen zurück.
Schweiz für Rechtsextreme immer spannender
Lotta Maier ist das Pseudonym einer freien Journalistin, die im Bereich Rechtsextremismus und Verschwörungstheorien recherchiert. Sie hat die internen Mails zugespielt bekommen. «Die Reichsbürger vernetzen sich immer wieder mit bekannten Rechtsextremen, hoffen auf Unterstützung», so Maier.
Die Regierung in Deutschland geht aktuell hart gegen Rechtsextreme und Reichsbürger vor. Vergangenes Jahr gab es mehrfach Razzien und Festnahmen. «Dadurch wird die Schweiz für extremistische Gruppierungen immer interessanter. Nazi-Symbole sind hierzulande nicht verboten, die Überwachung weniger umfangreich als etwa in Deutschland», sagt Maier.
Rechtsradikale wie Sellner und Fitzek nutzen die Schweiz als sicheren Hafen, um ihre Theorien zu verbreiten. Die Reichsbürgerbewegung wachse nach solchen Auftritten deutlich. Schon jetzt hat die Bewegung in der Schweiz geschätzte 10'000 Mitglieder. Im Vergleich zur Einwohnerzahl ist die Szene damit hierzulande vielfach grösser als in Deutschland.
Einreisesperre für Rechtsextremist?
Die Junge Tat, die Sellner eingeladen hat, wachse zurzeit nicht. Lotta Maier: «Doch die Bewegung radikalisiert sich im Kern und veranstaltet immer wieder Vorträge mit bekannten Rechtsextremen. Was dort hinter verschlossenen Türen geschieht, ist unklar.»
England und die USA haben für Sellner ein Einreiseverbot verhängt. Die Kantonspolizei Zürich bat das Bundesamt für Justiz (Fedpol) vor einigen Wochen, ihm die Einreise für den Vortrag am Samstag zu verweigern. Ob er nun einreisen darf, kommuniziert das Fedpol nicht. Sellner und die Junge Tat bekräftigen indes, der Auftritt werde stattfinden.
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