Die WM in Katar war für das Image der Fifa ein Super-GAU. Präsident Gianni Infantino (52) avancierte gar zum «Welt-Bösewicht» («Tages-Anzeiger») – zumindest in der westlichen Hemisphäre.
Aus finanzieller Sicht jedoch ist die Wüsten-WM für den Weltfussballverband ein voller Erfolg. Bereits vor dem Auftaktspiel verkündete man stolz, im Zusammenhang mit dem Turnier in Katar Rekordeinnahmen von 7,5 Milliarden US-Dollar generiert zu haben.
Für die Fifa birgt aber auch diese Jubelmeldung Shitstorm-Potenzial. Denn die Welt fragt sich: Wer profitiert von diesem Geld – und wie viel fliesst in Form von Steuern zurück an die Gesellschaft?
Pompöses «Home of Fifa» auf dem Zürichberg
Die Fifa steht seit Jahren im Verruf, kaum etwas an den Fiskus abzuliefern. Ein Vorwurf, der sich auch gegen die Schweiz richtet und ihren Ruf als Steuerparadies zementiert. Schliesslich besitzt der umstrittene Verband ein pompöses «Home of Fifa» auf dem Zürichberg.
Im Gespräch mit SonntagsBlick wehrt sich Fifa-Finanzchef Thomas Peyer gegen diese «hartnäckigen Gerüchte» und stellt klar: «Im Gegensatz zu anderen internationalen in der Schweiz ansässigen Sportverbänden sind wir nicht steuerbefreit.» Insbesondere in WM-Jahren, in denen die Fifa grosse Überschüsse erziele, sei man ein guter Steuerzahler und liefere jeweils einen zweistelligen Millionenbetrag an den Schweizer Fiskus ab.
Steuerquote der Fifa beträgt 1,6 Prozent
Ein Blick in Finanzberichte, die nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) erstellt und vom Wirtschaftsprüfungsunternehmen PWC kontrolliert werden, bestätigt Peyers Aussagen. Demnach hat der Weltfussballverband zwischen 2015 und 2018, dem letzten vollen WM-Vierjahreszyklus, rund 36 Millionen US-Dollar an Steuern und Abgaben bezahlt. 29 Millionen davon wurden im Jahr 2018 fällig, als die Weltmeisterschaft in Russland über die Bühne ging.
29 Millionen Dollar klingt nach viel. Die Tatsache, dass die Fifa im WM-Jahr einen Gewinn von 1814 Millionen ausgewiesen hat, relativiert die Zahl jedoch gewaltig. Die Steuerquote für 2018 betrug demnach gerade mal 1,6 Prozent.
Finanzchef Peyer weist darauf hin, dass die steuerliche Einzeljahresbetrachtung ein verzerrtes Bild ergebe, da für die Buchhaltung der Fifa der WM-Vierjahreszyklus relevant sei, und unterstreicht, dass die Fifa nach dem gesetzlich für Vereine vorgesehenen Steuersatz besteuert werde und zudem keine Gewinne ausschütte. Peyer: «Stattdessen werden die Überschüsse aus der WM genutzt, um die weltweite Fussballförderung in den Jahren, in denen keine WM stattfindet, gleichmässig aufrechtzuerhalten.»
Globale Steuerreform ändert Praxis
Ob Gelder, die der Verband an seine Mitgliedsländer verteilt, stets zweckmässig eingesetzt werden, lässt sich aus der Ferne nur schwierig prüfen. Zumindest in der Vergangenheit war das aber nicht immer der Fall. Dass der Weltfussballverband in drei von vier Jahren deutlich mehr ausgibt, als er einnimmt, ist jedoch ein Fakt. So resultierte etwa zwischen 2019 und 2021 ein Minus von 1180 Millionen Franken.
Die Schweizer Steuerbehörden berücksichtigen dies. So können geschäftsmässig begründete Verluste aus vorangegangenen Bemessungsperioden abgezogen werden. Für die Fifa ist dies elementar, da ihre Einnahme- und Gewinnverteilung konstant inkonstant ist.
Nun aber ist diese Praxis gefährdet, denn die Eidgenossenschaft will sich der globalen Steuerreform der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) anschliessen. Im Parlament wird die Reform als «alternativlos» akzeptiert.
Einnahmen auf vier Jahre?
Im Zentrum der OECD-Pläne steht eine Mindestbesteuerung von 15 Prozent auf Unternehmensgewinne. Betroffen sind Organisationen mit einem weltweiten Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro – und zu denen gehört auch die Fifa.
Beim Weltfussballverband sorgen die Reformpläne für Überstunden. «Wir klären derzeit ab, was die Einführung der globalen Mindeststeuer für uns bedeuten wird», sagt Finanzchef Peyer. Knackpunkt für die Fifa sei, dass die OECD-Mindeststeuer keine mehrjährige Betrachtungsweise vorsehe. «Eine Option ist deshalb, dass wir in Zukunft versuchen werden, unsere Einnahmen besser auf vier Jahre zu verteilen.»
Sollte das nicht gelingen, könnte es für die Fifa teuer werden. Die Beispielrechnung für das WM-Jahr 2018 zeigt: Wären die Ertragsüberschüsse von 1814 Millionen US-Dollar zu 15 Prozent besteuert worden, hätte die Fifa rund 270 Millionen abliefern müssen. Diese Herausforderung setzt auch die Schweiz unter Zugzwang. Der Bund muss einmal mehr eine Lösung finden, die international akzeptiert wird – und niemanden vergrault.
Nicht nur steuerlich ein Gewinn für Zürich
Fifa-Finanzchef Peyer betont derweil, dass der Weltfussballverband für die Schweiz nicht nur steuerlich ein Gewinn sei: «Noch bedeutender sind die rund 400 Millionen Franken pro Jahr, die wir dem Standort Zürich sowie der ganzen Schweiz an Wertschöpfung bringen.» Einerseits durch die Bezahlung der rund 900 Angestellten, aber auch durch Aufträge an lokale Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe.
Die Vorzüge dieser Wertschöpfung sind unbestritten. Die Frage ist nur, ob das reicht, um die Negativschlagzeilen der Fifa zu kompensieren. Schliesslich führen deren Kapriolen auch zu einem Imageverlust für die Schweiz.