Gianni Infantino lebt jetzt in der Hauptstadt von Katar
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Gerüchte bestätigt:Gianni Infantino lebt jetzt in der Hauptstadt von Katar

Katar und der Weltfussballverband
Am Golf begann das Unheil

Die Vergabe der Weltmeisterschaft ins Emirat löste einen der grössten Korruptionsskandale des Weltfussballverbands aus. Aber auch ein paar zögerliche Reformen.
Publiziert: 16.01.2022 um 01:40 Uhr
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Aktualisiert: 24.07.2022 um 13:44 Uhr
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Am 2. Dezember 2010 verkündete Fifa-Präsident Sepp Blatter in Zürich den WM-Zuschlag nach Katar.
Foto: Keystone
Reza Rafi

Die Bilder aus Zürich haben sich ins Gedächtnis der Sportwelt eingebrannt: Ein ziemlich verdatterter Sepp Blatter faltet einen Zettel auseinander und sagt: «Katar.»

Für das kleine Emirat am Persischen Golf wurde der 2. Dezember 2010 zum grossen Triumph. Gegen mächtige Konkurrenten wie Japan, Australien, Südkorea und die USA holte eine Monarchie mit nicht einmal drei Millionen Einwohnern die Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in ihr Land.

Bei allen anderen aber löste der Entscheid der 22 Fifa-Funktionäre Reaktionen zwischen Amüsement, Zynismus und Entsetzen aus. Selbst Fifa-Präsident Blatter bekannte später, er habe für die USA gestimmt, und kritisierte den Entscheid scharf. Er nannte auch gleich die Schuldigen: Der ehemalige Uefa-Chef Michel Platini und der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy hätten hinter den Kulissen mit allen Mitteln für Katar geweibelt. Was beide notabene kategorisch bestreiten.

Korruptionsvorwürfe

Imposant ist indes der juristische und politische Rattenschwanz, den die Vergabe der WM bis heute nach sich zieht. Rasch machten Korruptionsvorwürfe die Runde. Die unbarmherzige US-Justiz setzte beinahe ebenso rasch wichtige Fifa-Vertreter ausser Gefecht, im Windschatten der Amerikaner ermittelte bald auch die Schweizerische Bundesanwaltschaft (BA). Wirren um nicht protokollierte Treffen mit Blatters Nachfolger, Fifa-Präsident Gianni Infantino, kosteten später Bundesanwalt Michael Lauber den Kopf.

Gegen Blatter und Platini hat die BA im November wegen einer Geldüberweisung der Fifa an Platini Anklage erhoben. Für beide, die strafrechtlich unbehelligt sind, gilt die Unschuldsvermutung.

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Wenn von problematischen Verstrickungen Katars im Weltfussball die Rede ist, geht es immer wieder um eine Person: Mohamed bin Hammam. Der ehemalige Präsident des katarischen Fussballverbands und Fifa-Spitzenfunktionär soll bereits beim Zuschlag für die WM nach Deutschland 2006 eine unrühmliche Rolle gespielt haben.

Ermittler entdeckten eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro des Deutschen Fussballbunds (DFB) nach Katar im Vorfeld des Entscheids. Bin Hammam bestätigte diese Transaktion später.

Auch in dieser Angelegenheit beschäftigte der Araber indirekt die Schweizer Justiz: Im Rahmen des «Sommermärchen»-Prozesses versuchten Laubers Leute, deutschen Funktionären um Kickerlegende Franz Beckenbauer die Gehilfenschaft zum Betrug nachzuweisen. Die Einstellung des Prozesses war für die Strafverfolger ein Debakel.

Lebenslang gesperrt

Einst enger Vertrauter Blatters, wandte sich bin Hammam von diesem ab und wollte 2011 sogar eine eigene, allerdings erfolglose Kandidatur als Fifa-Präsident lancieren. 2011 sperrte ihn die Ethikkommission des Verbands auf Lebenszeit, wegen Korruption. Nichtsdestotrotz gilt er als der entscheidende Mann, der das Fifa-Exekutivkomitee dazu brachte, die WM in sein Land zu holen.

Als Lehre aus den Skandalen hat die Fifa das Prozedere der Vergabe angepasst: Nicht mehr 22 Exekutivmitglieder entscheiden, sondern der Kongress mit den 207 Vertretern aller Verbände. Das macht die Beeinflussung zumindest aufwendiger.


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