Darum gehts
- VBS-Probleme: Bundesrat soll Aufsichtsausschuss bilden und gemeinsam Verantwortung übernehmen
- SP und Grüne fordern Stärkung der Führung im Verteidigungsdepartement
- Acht Bundesratsausschüsse mit meist drei Mitgliedern existieren bereits
Es war wie verhext. In den letzten Monaten vor dem Abgang von Bundesrätin Viola Amherd (62, Mitte) reihte sich im Verteidigungsdepartement Negativschlagzeile an Negativschlagzeile – von aus der Bahn geratenen Rüstungsprojekten bis zu Betrugsvorwürfen beim Rüstungskonzern Ruag.
Im Bundesrat stand Amherd oft auf verlorenem Posten. Finanzierungsvorschläge für die Armee wurden abgeschmettert, genauso wie ihr Dienstpflichtmodell. Wie schlecht die Stimmung in der Regierung wirklich war, zeigte sich, als die Abgänge von Armeechef Thomas Süssli (58) und Nachrichtendienstchef Christian Dussey (60) zu den Medien durchgesickert waren. Im VBS wurde das Finanzdepartement von Karin Keller-Sutter (61, FDP) verdächtigt. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Mitte und FDP.
Ausschuss soll nach dem Rechten sehen
Wenn sich im Bundesrat nichts ändere, müsse sich auch der neue VBS-Chef Martin Pfister (61, Mitte) auf sein Scheitern einstellen, so der langjährige Bundesratsberater Daniel Eckmann kürzlich zu CH Media. Heute schaue jedes Ratsmitglied nur auf sein eigenes Gärtchen. «Es braucht ein Umdenken im Bundesrat: Für Sicherheitspolitik ist der Gesamtbundesrat zuständig», sagt Eckmann. Nötig seien «Konsens, eine gemeinsame Strategie und Haltung, mindestens in den zentralen Punkten».
Auch das Parlament will dem Schlingern des VBS nicht länger tatenlos zusehen. Die massiven Probleme machten deutlich, dass die Führung an der Departementsspitze dringend zu stärken sei, findet die Ratslinke. SP und Grüne wollen die Leitung daher dem neuen VBS-Vorsteher Pfister nicht mehr allein überlassen. Der Gesamtbundesrat solle gemeinsam die Verantwortung übernehmen und für das Departement einen Aufsichtsausschuss bilden, der zum Rechten schaut.
Verzögerungen und Kostenüberschreitungen bei Topprojekten seien rasch unter Kontrolle zu bringen. Die kriminellen Verfehlungen in der Ruag müssten schonungslos und vollständig aufgearbeitet sowie Kontrollen eingeführt werden, um Wiederholungen auszuschliessen, fordert Links-Grün in einer eben eingereichten Motion. Immerhin ständen dem VBS nun massiv mehr Mittel zur Verfügung. Daher sei das interne Controlling zu überprüfen, damit das Geld effizient eingesetzt werde.
Hätte eine Aufsicht die Probleme früher erkannt?
«Die Situation im VBS ist sehr anspruchsvoll», finden SP-Nationalrätin Ursula Zybach (57) und ihre Mitstreitenden. Deshalb solle der Bundesrat als Gremium gemeinsam Verantwortung übernehmen. Allenfalls hätten so bei der Ruag früher die Alarmglocken geschrillt, und vielleicht wäre das Drohnendebakel anders zu lösen gewesen. «Heute aber herrscht im Bundesrat ein Silodenken; jeder schaut nur auf sich», sagt auch die Sozialdemokratin.
Die Forderung nach einem Aufsichtsausschuss will Zybach aber nicht als Misstrauensvotum gegenüber dem neuen VBS-Chef verstanden wissen, sondern als Stärkung des Departements. Schliesslich handle es sich um ein bewährtes Mittel. Derzeit gebe es acht solcher Ausschüsse mit je drei Bundesratsmitgliedern – einer zum Beispiel in der Europapolitik. Dort werden komplexe Fragen im Team bearbeitet und für die Entscheide des Bundesrats vorbereitet.
«Der neue Departementsvorsteher soll dank des Ausschusses rascher und gezielter handeln können», betont Zybach. Denn gerade in dieser angespannten Situation dürften auch die vielen Personalwechsel auf oberster Stufe nicht zu einem Führungsvakuum führen.