SRG-Boss Gilles Marchand (61) hat genug. Er tritt vorzeitig von seinem Amt als Generaldirektor zurück. Nun muss das Unternehmen spätestens auf 2025 eine Nachfolge haben. Auf diese kommt einiges zu. Allem voran die drohende Halbierungs-Initiative, welche die Serafe-Gelder stark kürzen will.
Diese ist auch der Grund für Marchands vorzeitigen Rücktritt. Mit der Einleitung des Nachfolgeprozesses an der Spitze des Unternehmens will sich die SRG auf die politischen Ereignisse der kommenden Jahre vorbereiten. Dazu stehen auch die Verhandlungen mit dem Bund über die neue SRG-Konzession an. Diese würden just im Jahr 2027 stattfinden, wenn Marchand das ordentliche Pensionsalter erreicht.
Kronfavoritin Wappler
Um während dieser Periode aber «eine stabile und langfristig orientierte Generaldirektion» zu haben, würde der Wechsel an der SRG-Spitze jetzt vollzogen. Kommt hinzu: Marchand galt bei vielen nicht als grosser Sympathieträger. Ein neues, frisches Gesicht könnte im Abstimmungskampf daher helfen. Die Stelle des Generaldirektors werde rasch öffentlich ausgeschrieben. Der Prozess wird vom Personalausschuss des Verwaltungsrats unter dem Vorsitz von Jean-Michel Cina (60) geleitet.
Das Nachfolge-Karussell dürfte schon bald drehen. Als Kronfavoritin gilt SRF-Chefin und stellvertretende Generaldirektorin Nathalie Wappler (56). Zwar hat sie im vergangenen November in einem Interview mit CH Media auf die Frage, ob sie Generaldirektorin werden wolle, gesagt: «Nein! Ich mache den Job, den ich bei SRF mache, sehr gern und bin sehr zufrieden.» Allerdings geht man SRG intern davon aus, dass sie sich bewerben will.
Ebenfalls interessant dürfte die Personalie Mario Timbal (47) sein. Der Sohn der Tessiner Juristin und Diplomatin Carla del Ponte (76) ist seit 2021 an der Spitze von Radiotelevisione svizzera (RSI). Von ihm heisst es, er komme gut mit Marchand aus. Bereitstehen würde allenfalls auch Nicolas Pernet (43), Direktor von Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR). Auch er hat seinen Posten seit 2021 inne. Pascal Crittin (55), Direktor der Radio Télévision Suisse (RTS), hingegen dürfte wohl chancenlos sein. Denn: Nach Marchand wird kaum wieder ein Romand in die Kränze kommen.
Kein goldener Fallschirm für Marchand
Externe Kandidaturen sind ebenfalls nicht auszuschliessen, es dürfte ein offenes Rennen geben. Allerdings ist fraglich, wie viele Personen sich tatsächlich für die Stelle des Generaldirektors bewerben werden. Der Posten, in dem man sich vor allem mit Administration und Politik herumschlagen muss, gilt als mühsam. Viel Ärger und wenig Spass sind vorprogrammiert.
Mehr zur Halbierungs-Initiative
Sonderkonditionen soll Marchand für seinen frühzeitigen Abgang aber nicht erhalten. Einen goldenen Fallschirm gibt es nicht. «Die SRG kennt keine Abgangsentschädigungen», erklärt ein SRG-Sprecher.
Marchand ist seit 2017 Generaldirektor der SRG. Sein erstes grosses Dossier war der Kampf gegen die No-Billag-Initiative, die am 4. März 2018 an die Urne kam und von 71,6 Prozent der Stimmberechtigten verworfen wurde. Marchand hatte in seiner Amtszeit aber nicht nur mit Widerständen von aussen zu kämpfen. 2021 schlug er sich mit Belästigungsvorwürfen beim Westschweizer Radio und Fernsehen RTS herum. Der SRG-Verwaltungsrat sprach Marchand damals aber sein Vertrauen aus. (dba/oco/sf/SDA)