Albert Rösti (56) weiss, wie man sich verbiegt. Als Bundesrat bekämpft er die Halbierungs-Initiative, die eine Reduktion der SRG-Gebühren auf 200 Franken verlangt. Als Nationalrat sass er im Komitee der Befürworter.
Auch nächste Woche muss der SVP-Magistrat im Parlament den Spagat üben. Dort steht ab Mittwoch die Revision des CO₂-Gesetzes zur Debatte. Ziel ist eine Halbierung der nationalen Treibhausgas-Emissionen bis 2030 – erreicht werden soll es mit einem Bündel von Massnahmen. Unter anderem mit einer Regel, die eine Erhöhung des Benzinpreises zur Folge hätte.
Vor seiner Wahl in den Bundesrat 2022 präsidierte Albert Rösti einige Monate lang die Vereinigung der Schweizer Automobilimporteure Auto-Schweiz. Damals lautete sein Leitspruch: «Wenn du höhere Benzinpreise verhindern willst, dann wähle die SVP.»
Als Mitglied der Landesregierung droht Rösti abermals ein Kampf gegen die Linie seiner eigenen Partei.
Erneuerbare Treibstoffe
In diesem Fall geht es um einen Artikel im Gesetz, der den etwas sperrigen Titel «Überführungspflicht» trägt. Er verpflichtet die Automobilbranche dazu, Benzin und Diesel künftig einen höheren Anteil erneuerbarer Treibstoffe beizumischen.
Der daraus resultierende Preisaufschlag pro Liter Benzin wird voraussichtlich höchstens fünf Rappen betragen.
Die Verkehrskommissionen beider Räte unterstützen die Pläne des Bundesrats weitgehend. SVP-Nationalrat Christian Imark (41) gehen sie jedoch zu weit. Der neue Präsident der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek) will die Überführungspflicht ganz aus dem CO₂-Gesetz streichen. «Die Überführungspflicht und die Änderungen der Kompensationspflicht werden die Preise an der Zapfsäule um circa zehn Rappen pro Liter verteuern», sagt der Solothurner.
Imark hofft nun, dass sein Streichungsantrag im Nationalrat auf offene Ohren stösst, wenn er sagt: «Auch Energieminister Albert Rösti spricht sich gegen die Überführungspflicht aus.» Schliesslich sei die Erhöhung des Benzinpreises der Hauptgrund dafür gewesen, dass die Stimmberechtigten im Sommer 2021 der Totalrevision des CO₂-Gesetzes eine Abfuhr erteilt hatten, so der Energiepolitiker. «Jetzt riskiert der Bundesrat, dass erneut das Referendum ergriffen wird.»
Was will das Stimmvolk?
Gegen eine Entschärfung des CO₂-Gesetzes stimmen wird SP-Nationalrätin Gabriela Suter (51). Die Aargauerin glaubt nicht, dass für das Nein an der Urne vor zwei Jahren allein der Benzinpreis entscheidend war: «Die Konstellation an diesem Sonntag war einfach unglücklich.»
Zur Abstimmung standen damals auch die Volksinitiativen «für sauberes Trinkwasser» und eine «Schweiz ohne Pestizide», die im Vorfeld nicht nur von den Bauern bekämpft wurden. «Daraus zu schliessen, dass nur eine ambitionslose Revision des CO₂-Gesetzes Erfolg versprechend ist, halte ich für falsch», so das Urek-Mitglied Suter.
Die Schweiz habe sich nach dem Pariser Abkommen klare Klimaziele auferlegt, sagt Suter. Und im vergangenen Sommer sei das Klimaschutzgesetz deutlich angenommen worden. «Setzen wir jetzt bloss halbherzige Massnahmen um, müssen wir in ein paar Jahren viel stärker eingreifen.»