Wechsel an der Spitze der Importeursvereinigung Auto Schweiz
Wie weiter, Herr Rösti?

Acht Jahre an der Spitze sind genug, fand François Launaz und tritt als Präsident von Auto Schweiz ab. Sein Nachfolger ist SVP-Nationalrat Albert Rösti. SonntagsBlick traf den Mann mit Benzin im Blut und den Vollblut-Politiker zum Doppel-Interview.
Publiziert: 22.05.2022 um 05:59 Uhr
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Aktualisiert: 23.05.2022 um 06:38 Uhr
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Acht Jahre an der Spitze der Importeursvereinigung Auto Schweiz sind genug, fand François Launaz und trat diese Woche als Präsident von Auto Schweiz ab.
Foto: KARL-HEINZ HUG
Raoul Schwinnen

Diese Woche wurde SVP-Nationalrat Albert Rösti (54) von den Mitgliedern der Importeursvereinigung Auto Schweiz einstimmig und für drei Jahre zum neuen Präsidenten gewählt. In den Büros der Importeursvereinigung in Bern treffen wir den von der Verbandsspitze abtretenden und entspannt wirkenden François Launaz (67) – bereits in Freizeitkleidung – sowie den während der Sessions-Mittagspause herbeihetzenden Politiker und frisch gewählten Auto-Schweiz-Präsidenten Albert Rösti zum Doppel-Interview. Bei unserem Gespräch ist dann aber von Eile nichts mehr zu spüren. Die beiden nehmen sich Zeit und beantworten unsere Fragen offen und ausführlich.

Herr Launaz, kurzer Rückblick: Was haben Sie in Ihrer achtjährigen Amtszeit als Auto-Schweiz Präsident erreicht?
François Launaz: Dass sich Auto Schweiz vom technisch orientierten Verein, der sich in erster Linie um neue Fahrzeug-Homologationen kümmerte, zum politisch wahrgenommenen Verband wandelte. Wir haben zuletzt einiges erreicht. Auch wenn unsere Milchkuh-Initiative vor sechs Jahren beim Volk nicht durchkam, war sie für uns ein Erfolg. Wir wurden politisch erstmals richtig wahrgenommen. Und diese Vorlage war Wegbereiter für später erfolgreiche Abstimmungen wie die Annahme des Strassenfinanzierungsfonds NAF 2017, der zweiten Gotthard-Röhre oder aktuell das Nein zum CO₂-Gesetz. Stolz bin ich auch, dass wir unser «10/20»-Ziel erreicht haben: 2020 war erstmals mehr als jeder zehnte neue Personenwagen in der Schweiz elektrisch angetrieben.

Sie treten in einer Zeit ab, in der Ihre Branche in der Krise steckt. Wäre nicht eher Kontinuität gefragt?
Launaz: Stimmt. Aber die aktuellen und auch kommenden Probleme für Auto Schweiz sind in erster Linie politische Probleme. Wir haben 4,8 Millionen Autos auf unseren Strassen, 4,6 Millionen davon sind Autos mit Verbrennungsmotoren. Wir müssen sauber fahren – und deshalb unseren Fahrzeugpark ersetzen. Dabei muss uns die Politik unterstützen, etwa beim Aufbau einer Infrastruktur, damit wir diesen Prozess beschleunigen können. Um künftig noch mehr politisches Gehör für unsere Anliegen zu finden, ist mein im Parlament ausgezeichnet vernetzter Nachfolger die Idealbesetzung.

Bevor Sie Präsident von Auto Schweiz wurden, arbeiteten Sie 25 Jahre lang für einen Autoimporteur. Ein Vorteil?
Launaz: Ich kannte natürlich alle massgebenden Leute der Schweizer Autoindustrie, inklusive der Presse. Dieses Know-how kann man sich jedoch aufbauen. Dagegen war ich ein politisches Greenhorn. Mit Blick auf den Wandel in unserer Branche ist es eigentlich nur logisch, dass jetzt eine Person mit politischem Hintergrund das Steuer im Verband übernimmt.

Der abtretende Präsident: François Launaz

Von 2014 bis 17. Mai 2022 war der Westschweizer François Launaz (67) Präsident der Importeursvereinigung Auto Schweiz. Er studierte Ingenieurswesen und Wirtschaft an der HES. Nach zwei Jahren in Pakistan für Escher Wyss arbeitete Launaz erst in der Garage seines Vaters und für Mercedes-Benz Schweiz, ehe er während 25 Jahren für Honda Schweiz tätig war, zuletzt als Vize-Präsident. Der verheiratete Launaz war auch Vizepräsident des Stiftungsrats der Geneva International Motor Show (GIMS).

Von 2014 bis 17. Mai 2022 war der Westschweizer François Launaz (67) Präsident der Importeursvereinigung Auto Schweiz. Er studierte Ingenieurswesen und Wirtschaft an der HES. Nach zwei Jahren in Pakistan für Escher Wyss arbeitete Launaz erst in der Garage seines Vaters und für Mercedes-Benz Schweiz, ehe er während 25 Jahren für Honda Schweiz tätig war, zuletzt als Vize-Präsident. Der verheiratete Launaz war auch Vizepräsident des Stiftungsrats der Geneva International Motor Show (GIMS).

Auto Schweiz beklagte sich vor zwei Jahren in einem SonntagsBlick-Interview, dass die Autobranche in Bundesbern nicht gehört werde. Das müsste sich jetzt mit Ihnen, Herr Rösti, an der Verbandsspitze ändern?
Albert Rösti: Ich möchte vorausschicken, auch wenn sich mein Vorgänger bescheiden als Polit-Greenhorn bezeichnet, hat er ausgezeichnete politische Arbeit für den Verband geleistet. Natürlich fehlt mir für meine neue Aufgabe die Industrieerfahrung. Dafür habe ich bei den politischen Zusammenhängen Vorteile. Das gab schliesslich auch den Ausschlag, weshalb ich mich für dieses Amt beworben habe.

Ist Ihre Parteizugehörigkeit eher Trumpf oder Hypothek?
Rösti: Ich glaube, gerade während meiner Zeit als SVP-Parteipräsident habe ich bewiesen, dass ich in der Zusammenarbeit mit den anderen Parteien konsensfähig bin und so auch offene Türen für Mehrheiten schaffen kann. Von der Gletscher-Initiative über die Landschafts-Initiative bis zu den konkreten CO₂-Vorgaben ist es ein extrem breites Gebiet; da muss man schon bereit sein, mit allen Seiten jederzeit Allianzen zu schmieden. Aber zurück zur Frage: Natürlich ist meine Parteizugehörigkeit ein Trumpf. Mit der SVP weiss ich die grösste Fraktion im Bundeshaus hinter mir. Zudem standen wir bei den letzten Projekten stets auf derselben Linie wie die Autoimporteure. Und ich hätte mich auch nie für einen Job beworben, bei dem ich meine politischen Grundsätze infrage stellen müsste.

Der neue Präsident: Albert Rösti

Der gebürtige Kandersteger Albert Rösti (54) ist Doktor der technischen Wissenschaften und diplomierter Agrar-Ingenieur. Neben den ETH-Studienabschlüssen verfügt er auch über einen MBA. Nach Posten als Generalsekretär der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern und Direktor der Schweizer Milchproduzenten SMP gründete er 2013 seine eigene Dienstleistungsunternehmung. Seit 2011 vertritt der zweifache Familienvater die SVP im Nationalrat, die er zwischen 2016 und 2020 präsidierte. Neben seinem neuen Präsidentenamt bei Auto Schweiz ist Rösti unter anderem auch Präsident des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbands SWV und des Verbands Stahl-, Metall- und Papierrecyling Schweiz VSMR. Das Präsidium von Swissoil hat er dagegen abgegeben.

Der gebürtige Kandersteger Albert Rösti (54) ist Doktor der technischen Wissenschaften und diplomierter Agrar-Ingenieur. Neben den ETH-Studienabschlüssen verfügt er auch über einen MBA. Nach Posten als Generalsekretär der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Bern und Direktor der Schweizer Milchproduzenten SMP gründete er 2013 seine eigene Dienstleistungsunternehmung. Seit 2011 vertritt der zweifache Familienvater die SVP im Nationalrat, die er zwischen 2016 und 2020 präsidierte. Neben seinem neuen Präsidentenamt bei Auto Schweiz ist Rösti unter anderem auch Präsident des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbands SWV und des Verbands Stahl-, Metall- und Papierrecyling Schweiz VSMR. Das Präsidium von Swissoil hat er dagegen abgegeben.

Sie wurden bislang in der Öffentlichkeit weniger als Auto-Politiker wahrgenommen. Warum dieses Mandat, und was ist Ihre Motivation?
Rösti: Bei der Milchkuh-Initiative war ich vielleicht nicht an vorderster Front dabei. Aber wenn wir es etwas weiter fassen, habe ich die Thematik im Hintergrund schon immer verfolgt. Gerade was das Thema Energiewende betrifft, bin ich seit zehn Jahren in der Umweltkommission des Nationalrats – daher mit der CO₂-Materie vertraut und auch mit den massgeblich involvierten Personen vernetzt.

Bleibt Ihnen neben Ihren anderen Aktivitäten genug Zeit für die Autobranche?
Rösti: Die Arbeit bei Auto Schweiz, die rund 30 Prozent meiner Arbeitszeit ausmachen wird, passt mit Blick auf den Antriebswandel bei Fahrzeugen gut mit meinem Präsidium beim Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband SWV zusammen. Und um Diskussionen vorzubeugen: Ich habe mein Präsidentenamt bei Swissoil kürzlich abgegeben.
Launaz: Ich möchte dazu auch noch kurz etwas sagen. Natürlich waren die politischen Aktivitäten von Albert Rösti für die Findungskommission bei der Suche nach einem neuen Präsidenten ein Plus. Aber uns überzeugte vor allem auch sein menschlicher Charakter. Er ist ein Mann, der Kompromisse schliessen kann und Probleme lösungsorientiert, mit Vernunft, Intelligenz und Ruhe angeht.

Mögen Sie Autos?
Rösti: Ich würde nicht behaupten, ich hätte Benzin im Blut. Aber ja, ich mag gerne ein schönes Auto. Und als früherer Motorfahrer in unserer Armee bin ich auch technisch nicht ganz unvertraut mit der Materie.

Aktuell fahren Sie ein Auto mit Benzinmotor …
Rösti: (Fällt ins Wort) … jedoch von einer Marke, die seit 2019 jedes Modell auch elektrifiziert anbietet.

Folglich kein Problem für Sie, als neuer Auto-Schweiz-Präsident auf ein E-Auto umzusteigen?
Rösti: Absolut nicht. Aber es kann ja vielleicht auch ein Hybrid sein. Denn als neuer Auto-Schweiz-Präsident möchte ich klar die Technologie-Neutralität vertreten. Ich bin der Meinung, den Antriebswandel vollzieht man, in dem man die nötigen Rahmenbedingungen für elektrisches Fahren schafft und für die nötige Infrastruktur sorgt. Und nicht, indem man die fossilen Antriebe bestraft. Man soll die Freiheit der Technologiewahl bis zum Schluss anbieten. Schlussendlich bestimmt der Markt, in welche Richtung es geht. Doch was nützt ein Ausstieg aus der fossilen Energie, wenn die Alternative nicht bereit ist? Es bringt doch nichts, wenn jetzt Staaten Kunden mit lukrativen Rabatten zum Umstieg auf E-Autos bewegen, diese E-Autos dann aber mit Strom aus Kohle- oder Gaskraftwerken geladen werden.

Sie wenden rund 30 Prozent für Ihr Auto-Schweiz-Präsidium auf. Ihr Vorgänger hatte zuletzt ein 80-Prozent-Pensum. Wird jetzt Auto Schweiz um 50 Prozent leiser?
Rösti: (Lacht) Das wird die Zukunft zeigen. Spass beiseite: Mein Pensum ist nicht an fixe Tage gebunden und kann bei Bedarf auch flexibel mal etwas mehr oder weniger sein. Dazu wird François Launaz einige Mandate weiter betreuen, zum Beispiel die Stiftung für Auto-Recyling und so nicht ganz von der Bildfläche verschwinden.
Launaz: Und die restlichen Aufgaben verteilen wir innerhalb des Teams neu. Da sehe ich kein Problem. Wir haben eine ausgezeichnete Mannschaft, die, wenn nötig, auch erweitert werden kann.

Ping-Pong mit François Launaz und Albert Rösti

Abwechselnd vervollständigen der abtretende und der neue Auto-Schweiz-Präsident François Launaz und Albert Rösti die folgenden von uns begonnenen Sätze.

Tempo 30 in Innenstädten finde ich …
Albert Rösti: … eine weitere unnötige Bestrafung des Autos.

Die grösste Herausforderung beim Elektroauto ist …
François Launaz: … die Ladeinfrastruktur und genügend sauberen Strom dafür.

Für die Mobilität der Menschen sollte die Politik …
Rösti: … den Realitäten des künftigen Wachstums in die Augen schauen.

Das Höchsttempo auf unseren Autobahnen …
Launaz: … ist nicht mehr wichtig. Durch den stets dichter werdenden Verkehr fahren wir sowieso meist nur noch Tempo 80 oder weniger auf unseren Autobahnen. So gesehen rechtfertigt sich auch die Autobahn-Vignette bald nicht mehr.

Der Benzinpreis …
Rösti: … sollte während des Ukraine-Kriegs durch den Bundesrat rasch gesenkt werden, indem er einen Teil der Steuern sistiert, und in Zukunft sicher nicht durch zusätzliche Abgaben weiter erhöht werden.

Die ständig zunehmenden Staustunden auf unseren Strassen …
Launaz: … sind untragbar. Bei einer Fahrt nach Zürich benötigte ich kürzlich für die letzten 20 Kilometer zwei Stunden. Und letzten Samstag brauchte ich von Genf nach Lausanne eineinhalb Stunden!

Abwechselnd vervollständigen der abtretende und der neue Auto-Schweiz-Präsident François Launaz und Albert Rösti die folgenden von uns begonnenen Sätze.

Tempo 30 in Innenstädten finde ich …
Albert Rösti: … eine weitere unnötige Bestrafung des Autos.

Die grösste Herausforderung beim Elektroauto ist …
François Launaz: … die Ladeinfrastruktur und genügend sauberen Strom dafür.

Für die Mobilität der Menschen sollte die Politik …
Rösti: … den Realitäten des künftigen Wachstums in die Augen schauen.

Das Höchsttempo auf unseren Autobahnen …
Launaz: … ist nicht mehr wichtig. Durch den stets dichter werdenden Verkehr fahren wir sowieso meist nur noch Tempo 80 oder weniger auf unseren Autobahnen. So gesehen rechtfertigt sich auch die Autobahn-Vignette bald nicht mehr.

Der Benzinpreis …
Rösti: … sollte während des Ukraine-Kriegs durch den Bundesrat rasch gesenkt werden, indem er einen Teil der Steuern sistiert, und in Zukunft sicher nicht durch zusätzliche Abgaben weiter erhöht werden.

Die ständig zunehmenden Staustunden auf unseren Strassen …
Launaz: … sind untragbar. Bei einer Fahrt nach Zürich benötigte ich kürzlich für die letzten 20 Kilometer zwei Stunden. Und letzten Samstag brauchte ich von Genf nach Lausanne eineinhalb Stunden!

Was wird die erste Rösti-Aktion bei Auto Schweiz?
Rösti: Da bin ich immer etwas vorsichtig. Zuerst möchte ich mich bei allen Importeuren vorstellen, damit wir uns gegenseitig persönlich kennenlernen. Und dann gehts mit den wichtigsten politischen Geschäften los.

Die wären?
Rösti: Im Zentrum steht sicher, dass die Strassenfinanzierung auf neue Beine gestellt werden muss. Die grösste Sorge für die individuelle Mobilität ist die permanente Überlastung unseres Strassennetzes. Es wird dort im Verhältnis zum ÖV viel zu wenig investiert. Wir erlebten in den letzten zehn Jahren einen massiven Anstieg an Staustunden auf unseren Strassen.

Ihr Rezept?
Rösti: Bis 2040 rechnen Experten mit einer weiteren Zunahme auf der Strasse um 18 Prozent im Privatverkehr und 30 Prozent im Güterverkehr. Entsprechend wirds noch mehr Staustunden geben, und der wirtschaftliche Schaden wird noch immenser. Deshalb fordern wir, dass die wichtigsten Hauptachsen auf den Autobahnen auf mindestens drei Spuren ausgebaut werden. Und natürlich wehren wir uns auch gegen jegliche ungerechten Arten von Road-Pricing. Wir sind nur dann für eine monetäre Kilometerabgabe bereit, wenn sie von allen anderen Verkehrsteilnehmern auch geleistet wird.

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