Auf einen Blick
- Amherd-Nachfolge: Markus Ritter und Martin Pfister treten an
- Ritter gilt als mächtiger Strippenzieher, Pfister kann militärische Erfahrung vorweisen
- Blick vergleicht die beiden in sechs Disziplinen
SBG – «suchen bis gefunden», heisst es im Militärjargon. So richtig geklappt hat das bei der Mitte nicht: Nach einer Absage-Welle haben sich noch zwei Kandidaten für die Nachfolge von Viola Amherd (62) gefunden. Wer am 12. März siegt, wird wahrscheinlich ins Verteidigungsdepartement (VBS) einrücken. Blick macht den Check mit den Aspiranten Martin Pfister (61) und Markus Ritter (57) – und vergibt in jeder Kategorie 1 (Flop) bis 5 Sterne (Top).
VBS-Tauglichkeit
Markus Ritter
Schon ab 1. April heisst es für das neue Bundesratsmitglied wohl: Angetreten! Markus Ritter hat als Erster seinen Militärhelm in den Ring geworfen. Während seiner Präsentation sprach er davon, dass das VBS wie eine «gut geschmierte Maschine» funktionieren müsse. Es sei ein sehr interessantes Departement, so Ritter.
Nur: Bislang hatte Ritter zumindest politisch nicht viel am Hut mit der Armee. Der Landwirt und Präsident des Bauernverbandes sass in der Wirtschaftskommission. Sein politischer Fokus lag bislang auf der Landwirtschaftspolitik. Doch auch Ritter hat gedient, war Gefreiter der Artillerie. Er kann also schweres Geschütz auffahren.
Sterne: *** (3 von 5)
Martin Pfister
Der Zuger bekleidete in der Schweizer Armee zuletzt den Rang eines Obersts und war Chef Katastrophenhilfe der Territorialregion 3 (Kantone Uri, Schwyz, Zug, Graubünden und Tessin). Er kann also damit zumindest auf militärischer Ebene auf mehr Diensttage als Konkurrent Ritter verweisen. Das ist gegenüber der Armeespitze sicher kein Nachteil.
Sterne: **** (4 von 5)
Leistungsausweis
Markus Ritter
Im Bundeshaus hat sich Markus Ritter schon einige Abzeichen auf dem Tenue verdient. Er ist einer der mächtigsten Strippenzieher in Bern. Für seine Bauern konnte er viel erreichen: 2022 spannte er beispielsweise mit der Wirtschaft zusammen – unter anderem darum wurden bei den vergangenen Wahlen deutlich mehr Bauern gewählt.
Ritter fehlt jedoch die ganz grosse Exekutiverfahrung. Er war «nur» Stadtrat in Altstätten SG. Und mit dem Bauernverband führt er zwar einen gewichtigen Verband mit Hunderten von Angestellten – ein Departement mit über 12’000 Mitarbeitern kennt er noch nicht.
Sterne: **** (4 von 5)
Martin Pfister
Seit 2016 ist Pfister Gesundheitsdirektor im Zuger Regierungsrat. Zuvor war er als Geschäftsführer von Verbänden aktiv, etwa beim Küchenverband Schweiz. In Zug gilt er als dossierfester Politiker, der in allen Lagern gut vernetzt ist. Er wird als wohltuend unaufgeregt beschrieben.
Pfisters grosses Manko: Mit dem Bundeshaus ist er wenig vertraut, weil er nie Mitglied des Parlaments war. Ihm fehlt der Berner Stallgeruch.
Sterne *** (3 von 5)
Gmögigkeitsfaktor
Markus Ritter
Genauso wichtig wie der Dienst am Vaterland ist für viele Soldatinnen und Soldaten der Usgang in der Beiz. Und auch die Wahlchancen im Parlament erhöhen sich, wer gut mit seinen Kolleginnen und Kollegen kann. Mitte-Chef Gerhard Pfister (62) brachte kürzlich den schönen Begriff «Gmögigkeitsfaktor» ins Spiel.
Markus Ritter ist keiner, der jeden Abend in einer Berner Beiz zu finden ist. Dennoch kann er im Parlament sowohl mit links als auch rechts paktieren – auch wenn er zuweilen ein Powerplay aufzieht. Bei Reden weiss Ritter zu fesseln, durchaus auch mit Humor. Auftritte plant er sorgfältig – mit messerscharfen Aussagen. «Man muss mitschreiben können», sagte er einst der «Berner Zeitung».
Sterne: *** (3 von 5)
Martin Pfister
Weggefährten beschreiben Pfister als offen und zugänglich. Er könne gut zuhören und interessiere sich für sein Gegenüber. Immer wieder wird die Gelassenheit des Zugers – auch in schwierigen Situationen – erwähnt.
Pfister ist gesellschaftlich breit engagiert, wenn auch vor allem in seiner Heimatregion. Er ist der Typ Vereinsmensch. So ist er Mitglied einer Guggenmusik, unterstützt einen Leichtathletikverein (über eigene Spitzenleistungen ist nichts bekannt) und sitzt in der Zuger «Zunft der Bauleute».
Sterne: *** (3 von 5)
Durchsetzungsfähigkeit
Markus Ritter
Wenn er etwas für seine Bauern herausholen will, gelingt Markus Ritter dies meistens – so oft, dass er im Parlament damit nicht nur gut ankommt. Er gilt als gewiefter Taktierer, aber auch als dossiersicher. Ritter kann Deals mit allen Seiten abschliessen.
Allerdings geht er gerne aufs Ganze: Wenn er in einem politischen Dossier sein Ziel nicht erreichen könne, werde er schon mal stur, wie Parlamentarier berichten.
Sterne: **** (4 von 5)
Martin Pfister
Der Zentralschweizer verstehe es, auch unangenehme Entscheide zu fällen und zu vertreten, sagen Weggefährten über Pfister. Als Zuger Gesundheitsdirektor scheute er sich während der Pandemie nicht, den Bundesrat zu kritisieren und härtere Massnahmen zu fordern.
Zug führte auch früher als andere eine verschärfte Maskenpflicht ein. Während dieser Zeit zog sich Pfister aus allen sozialen Medien zurück. «Was dort ablief, war teilweise schwer zu ertragen», sagte er der «Zuger Zeitung».
Sterne: *** (3 von 5)
Regionale Herkunft
Markus Ritter
Mit Karin Keller-Sutter (61, FDP) sitzt bereits eine St. Gallerin im Bundesrat. Für Ritter ist dies das grösste Handicap, auch weil die Ostschweiz bereits zuvor ganz ordentlich im Bundesrat vertreten war.
Sterne: * (1 von 5)
Martin Pfister
Die Zentralschweiz wartet schon lange auf einen Bundesratssitz. Der letzte Bundesrat aus der Region war Kaspar Villiger (83), der 2003 aus der Regierung zurücktrat. Sogar über 50 Jahre ist es her, seit ein Zuger im Bundesrat sass. Dabei hätte es an Interessenten nicht gemangelt: Pfisters Amtskollege Heinz Tännler (64, SVP) wollte vor zwei Jahren vergeblich die Nachfolge von Ueli Maurer (74) antreten.
Sterne: ***** (5 von 5)
Bundeshaus-Netz
Markus Ritter
Der Chef des Bauernverbandes wird gerne als «Strippenzieher» oder «Mehrheitsbeschaffer» im Bundeshaus bezeichnet. Er ist in allen Fraktionen gut vernetzt, auch bei den Linken. Durch enge Allianzen, geschickte Kommunikation und den Kampf um Agrarsubventionen prägt er die Gesetzgebung mit.
Sterne: ***** (5 von 5)
Martin Pfister
Martin Pfister war nie Mitglied des Bundesparlaments und dürfte der überwiegenden Mehrheit der Ratsmitglieder völlig unbekannt sein. Das Parlament, welches über die Nachfolge von Amherd bestimmt, wählt traditionell lieber Personen, die schon Einsitz im Parlament haben. Da weiss man, was man hat.
Sterne: * (1 von 5)