Mitte-Sitz wird frei: Grosse Übersicht zum Bundesratspoker
Wer sich für die Amherd-Nachfolge interessiert – und wer absagt

Per Ende März tritt Viola Amherd als Bundesrätin zurück. Wer übernimmt von ihr den Mitte-Sitz in der Landesregierung? Blick sagt, wer kandidieren will, wer absagt – und wer es sich noch offen lässt.
Publiziert: 08:49 Uhr
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Aktualisiert: vor 59 Minuten
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Viola Amherd tritt per Ende März als Bundesrätin zurück.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Viola Amherd tritt zurück, Kandidatenkarussell für die Nachfolge dreht sich
  • Männer stehen diesmal im Fokus
  • Blick zeigt, wer sich für das Amt interessiert und wer absagt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (62) tritt per Ende März zurück. Nun dreht sich bereits das Kandidatenkarussell für ihre Nachfolge. Nachdem zuletzt zwei Frauen für die Mitte in der Landesregierung sassen, könnte nun eher wieder ein Mann zum Handkuss kommen.

Über das weitere Vorgehen für die Nachfolge der Mitte-Bundesrätin Amherd will die Partei am Montag entscheiden. Das Parteipräsidium wird sich an diesem Tag zusammen mit dem Fraktionsvorstand zu einer gemeinsamen ausserordentlichen Sitzung treffen, um den Fahrplan festzulegen. Dann wird auch klar, wann die Meldefrist für die Interessentinnen und Interessenten an Amherds Nachfolge abläuft.

Etwas kompliziert wird die Situation dadurch, dass parallel dazu auch die Parteispitze neu besetzt werden muss. Am 28. Juni soll die Nachfolge von Parteichef Gerhard Pfister (62) geklärt werden. Der eine oder die andere wird sich also überlegen müssen, wo die Ambitionen grösser sind – oder zumindest die Chancen. 

Blick liefert die Übersicht darüber, wer für die Amherd-Nachfolge kandidiert, wer sich eine Kandidatur überlegt und wer absagt.

Offiziell will noch niemand

Noch wagt sich niemand offiziell auf die Äste hinaus. Wer sich wirklich ernsthaft für den Bundesratsposten interessiert, wird sich zuerst einiges an Bedenkzeit lassen. Niemand will sich da zu früh aus dem Busch wagen. Man darf gespannt sein, wer zuerst seinen Hut in den Ring wirft.

Sie lassen es noch offen

Gerhard Pfister (62): Mitte-Präsident Gerhard Pfister hat gerade den richtigen Zeitpunkt erwischt und Anfang Jahr seinen Rücktritt als Parteichef angekündigt. Zwar erst per Juni, doch den Chefsessel könnte er auch schon früher räumen. Dann müsste halt jemand ad interim das Zepter übernehmen. Der Zuger ist seit 2016 Parteichef, hat die CVP zur Mitte gemacht und mit der BDP fusioniert und damit auch seine Durchsetzungsfähigkeit bewiesen. Dass er Ambitionen auf einen Bundesratssitz hat, ist ein offenes Geheimnis.

Philipp Matthias Bregy (46): Folgt auf die Walliserin ein Walliser? Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy war schon einmal Nachfolger von Amherd – als er im März 2019 für sie in den Nationalrat nachrückte. Als Fraktionschef hat er sich einen Namen gemacht, und er gilt als integrierende Person. Mit seinem erfolgreichen Lobbying für einen Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels sorgte er für einen politischen Coup. Er wird aber auch als möglicher Parteichef gehandelt. Er wird sich überlegen müssen, ob und wo er seinen Hut in den Ring wirft. Bregy lässt sich jedenfalls noch nicht in die Karten blicken: «Heute steht Viola im Fokus und damit verbunden der Dank für ihre grossartige Arbeit», sagt er zu Blick.

Martin Candinas (44): Hoch im Kurs steht der Bündner Nationalrat Martin Candinas. Er sitzt bereits seit 2011 im Nationalrat und gilt als umgänglicher Typ. Politisch hat er sich etwa für die Bergregionen oder den öffentlichen Verkehr starkgemacht. Im Jahr 2023 konnte er als Nationalratspräsident – und damit oberster Schweizer – punkten. Das war schon in anderen Fällen ein Sprungbrett in die Landesregierung. Im Fall der Pfister-Nachfolge kam von ihm rasch ein Nein. An der Amherd-Nachfolge dürfte er durchaus Interesse haben. Allerdings hält auch er sich noch bedeckt. «Am heutigen Tag gilt der Fokus Bundesrätin Amherd mit ihrem grossartigen Leistungsausweis», sagt er zu Blick. Eine Absage ist das nicht.

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Benedikt Würth (56): Dem St. Galler Ständerat Benedikt Würth werden Bundeshausambitionen nachgesagt. In der Schweizer Öffentlichkeit ist er weniger bekannt als seine potenziellen Mitkonkurrenten. Allerdings sorgte er in letzter Zeit durchaus für Schlagzeilen. So plädierte er etwa für eine härtere Gangart gegenüber Ukraine-Flüchtlingen und brachte ein Mehrwertsteuer-«Sicherheitsprozent» für Armee und AHV ins Spiel. Sein Trumpf: Als früherer Regierungsrat weist er Exekutiverfahrung vor. Sein Handicap: Mit Karin Keller-Sutter (61) sitzt bereits eine St. Gallerin im Bundesrat. Nach Pfisters Rücktritt als Parteipräsident sagte Würth gegenüber der «Linth-Zeitung»: «Bundesrat zu werden, steht nicht mehr in meiner Lebensplanung. Das Thema ist für mich abgehakt.» Ob er sich das nun bei der neuen Ausgangslage nochmals durch den Kopf gehen lässt? Für eine Blick-Nachfrage war Würth am Mittwoch nicht erreichbar.

Priska Wismer-Felder (54): Die Luzerner Nationalrätin Priska Wismer-Felder sitzt seit 2019 in der grossen Kammer, wo sie sich etwa als Windenergiepromotorin hervorgetan hat. Gegenüber Blick sagt sie, dass sie sich noch alle Optionen offen halte: «Für einen Entscheid, ob man ins Rennen steigt, ist es noch viel zu früh. Wir haben in unseren Reihen viele fähige Personen für dieses Amt.» Als wichtig erachte sie aber, dass mindestens wieder eine Frau eines der beiden frei werdenden Ämter – Präsidium oder Bundesrat – übernehme.

Andrea Gmür (60): Die Luzerner Ständerätin Andrea Gmür macht sich über eine Kandidatur durchaus Gedanken. «Eine Überlegung ist das immer wert», meint sie zu Blick. Seit 2015 politisiert sie im Bundeshaus, zuerst als Nationalrätin, bevor sie 2019 den Sprung in die kleine Kammer schaffte. Sie kommt aus den typischen Mitte-Stammlanden. Von 2020 bis 2021 war sie zudem Fraktionschefin, wobei ihr relativ kurzes Gastspiel für Erstaunen sorgte.

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Elisabeth Schneider-Schneiter (60): Die Baselbieter Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter kandidierte schon 2018 für die Nachfolge von Doris Leuthard (61). Von der Fraktion wurde sie aber nicht auf den Schild gehoben. Seit 2010 politisiert die gewiefte Aussenpolitikerin im Bundeshaus. Ob sie nun einen neuen Anlauf wagt? Es gelte nun, zuerst die grossen Verdienste von Amherd zu würdigen, sagt sie. «Erst dann werde ich über die nächsten Schritte nachdenken.» Für sie ist aber klar: «Es braucht jetzt eine Person im Bundesrat, welche das Europadossier in ihrem Sinne weiterführt.»

Heidi Z’graggen (58): Ständerätin Heidi Z'graggen stieg 2018 ebenfalls ins Rennen um die Leuthard-Nachfolge und wurde von der Fraktion neben Amherd nominiert. Bei der Wahl selbst zog die damalige Urner Regierungsrätin allerdings den Kürzeren gegen Amherd, die damals schon 13 Jahre lang im Bundeshaus politisierte. 2019 wurde Z’graggen Ständerätin. Dass sie nochmals antritt, ist aber eher unwahrscheinlich.

Christophe Darbellay (53): In den letzten Jahren haben es kaum Anwärter aus den Kantonen in die Landesregierung geschafft, die nicht schon mal einen Fuss ins Bundeshaus gesetzt haben. Der Stallgeruch ist wichtig. Und den hat der heutige Walliser Staatsrat Christophe Darbellay (53). Von 2003 bis 2015 gehörte er dem Nationalrat an. Von 2006 bis 2016 präsidierte er die CVP (heute Mitte). Auch ihm werden Bundesratsambitionen nachgesagt. Auf Anfrage schreibt er: «Im Moment: no comment!»

Sie sagt ab

Isabelle Chassot (59): Die Freiburger Ständerätin Isabelle Chassot trat jüngst als Präsidentin der parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zur Credit Suisse ins Rampenlicht. Sie will aber weder Mitte-Präsidentin noch Bundesrätin werden, wie sie am Sonntagabend in der RTS-Politsendung «Mise au point» deutlich machte. «Es fehlt mir die Lust, Lust zu haben», kommentierte sie die Frage nach einer Bundesratskandidatur. Ob sie es sich allenfalls doch nochmals überlegt? 

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