Wer fällt wegen Sex und Drogen durch?
So prüft Mitte-Scharfrichter Aemisegger die Amherd-Nachfolge

Die Mitte sucht dringend Kandidatinnen und Kandidaten für Viola Amherds Nachfolge. Der Schaffhauser alt Bundesrichter Heinz Aemisegger prüft die Bewerber auf Herz und Nieren – vom Drogenkonsum bis zum Sexleben. Blick erklärt, wie er vorgeht.
Publiziert: 28.01.2025 um 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2025 um 16:43 Uhr
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Wer tritt die Nachfolge von Verteidigungsministerin Viola Amherd an?
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Mitte-Partei sucht Nachfolge für Viola Amherd. Kandidaten werden streng geprüft
  • Sicherheitsprüfung untersucht Drogenkonsum, Sexleben und mögliche Erpressungsrisiken der Kandidaten
  • Prüfung orientiert sich an Bundesvorgaben, seit 2024 ist sie dort Sache des neu geschaffenen Staatssekretariat für Sicherheitspolitik
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Es hagelt Absage um Absage: Der Mitte gehen langsam aber sicher die Kandidatinnen und Kandidaten für die Nachfolge von Viola Amherd (62) aus. Ausser Bauernpräsident Markus Ritter, der voraussichtlich am Dienstag seine Kandidatur bekanntgibt, fehlt es der Partei aktuell an Personal für den Exekutivposten.

Mindestens ein Zweierticket – vermutlich mit einer Frau – wird es wohl dennoch werden. Damit dies nicht zum Debakel wird, müssen die Papabili der Mitte nicht nur gefunden, sondern auch auf Herz und Nieren geprüft werden – etwa auf ihren Drogenkonsum, das Sexleben oder andere Erpressungsrisiken. In einer unabhängigen Sicherheitsprüfung unter dem alt Bundesrichter Heinz Aemisegger (78) sollen die Leichen aus dem Keller geholt werden.

Der Scharfrichter orientiert sich am Bund

Dass die Checks bei Bundesratsanwärtern vonnöten sind, zeigte 2011 der Fall Bruno Zuppiger (1952-2016). Kurz nachdem der SVP-Nationalrat von der Partei auserkoren wurde, der BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (68) den Sitz streitig zu machen, folgte der Skandal: Die «Weltwoche» beschuldigte Zuppiger, eine Viertelmillion Franken aus dem Erbe einer ehemaligen Angestellten entwendet zu haben. Die Abklärungen der SVP im Vorfeld zeigten sich als zu wenig gründlich. Nach öffentlichen Druck musste Zuppiger seine Kandidatur zurückziehen – und wurde schliesslich zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten und einer Busse von 1500 Franken verurteilt.

Um solche Skandale abzuwenden, setzt die Mitte bereits zum zweiten Mal auf Aemisegger: Auch 2018, bei der Ersatzwahl für die abtretende Bundesrätin Doris Leuthard (61), prüfte er die Kandidierenden. Er orientiere sich bei seinem Verhör an den Vorgaben des Bundes, lässt der Scharfrichter ausrichten. Und er könne dafür zusätzliche Experten beiziehen. Ansonsten hält sich Aemisegger – genauso wie die Prüfer beim Bund – bedeckt. Wie die Mitte schreibt, gebe es keine Vorgaben aus der Partei. Nach erfolgreicher Prüfung werde der alt Bundesrichter die Findungskommission unter Mitte-Parteichef Gerhard Pfister (62) und Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (46) «in geeigneter Form» über die Ergebnisse informieren.

Die Spielregeln des Bundes, denen sich nun auch die Bundesratsanwärterinnen und -anwärter der Mitte aussetzen, sind lang. Neben den gesamten Personalien inklusive aller Mailadressen und Konten in den sozialen Medien werden auch allerlei ideologische Facetten unter die Lupe genommen – etwa religiöse oder politische Überzeugungen oder «weltanschauliche Ansichten». Auch sämtliche Vorstrafen, Schulden und Geschäftsbeziehungen müssen offengelegt werden.

Immer wieder fallen Beamte durch die Prüfung

Danach wird es intim: Körperliche und psychische Erkrankungen, die sexuellen Vorlieben oder auch das Verhältnis zu den eigenen Eltern sind laut Bundesverordnung zu erläutern. In berechtigten Fällen können selbst die Daten von engen Bezugspersonen oder sogar Geschäftspartnern angefordert werden.

Beim Bund sorgte die Personensicherheitsprüfung letztes Jahr gleich für zwei Abgänge: Im Sommer verliessen zwei Divisionäre der Schweizer Armee ihren Posten, weil die Bundeskanzlei sie neu als Sicherheitsrisiko einstufte. Doch nicht immer klappt die Überprüfung einwandfrei: Der designierte Chef des 2024 neu geschaffenen Staatssekretariat für Sicherheitspolitik (Sepos), alt Botschafter Jean-Daniel Ruch (61), blieb trotz Fraueneskapaden zuerst nicht im Netz der Bundesprüfer hängen. Erst kurz vor Antritt musste Ruch doch noch seinen Schreibtisch räumen.

Der Mitte-Richter Aemisegger kann sich bei der Prüfung der Amherd-Nachfolge wohl aber nicht vollständig an den Vorgaben des Bundes orientieren. Denn diese erlaubt auch die Durchsicht zahlreicher Bundesregister, wie etwa der Hooligandatenbank HOOGAN oder dem Informationssystem des Nachrichtendienstes. Sowieso sollte Aemisegger bei seiner Durchleuchtung vielleicht nicht allzu scharf durchgreifen. Denn ansonsten könnte die Mitte auch noch die letzten willigen Anwärterinnen und Anwärter verlieren.

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