Stimmrechtsbeschwerde wegen Konzernverantwortungs-Initiative
Jungfreisinnige attackieren Kirchen

Im Kampf um die Konzernverantwortungs-Initiative engagieren sich zahlreiche Kirchgemeinden und Pfarreien für ein Ja. Das ist den Jungfreisinnigen ein Dorn im Auge. In vier Kantonen reichen sie deshalb Stimmrechtsbeschwerden ein.
Publiziert: 03.11.2020 um 09:49 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2021 um 11:16 Uhr
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Jungfreisinnigen-Präsident Matthias Müller ist das kirchliche Engagement für die Konzernverantwortungs-Initiative ein Dorn im Auge.
Foto: Keystone
Ruedi Studer

Die Gegner der Konzernverantwortungs-Initiative bibbern: Die jüngste SRG-Umfrage sieht die Ja-Seite mit 63 Prozent vorn. Nur 33 Prozent sind gegen das Begehren, der Rest noch unentschlossen.

Zu Befürworter-Allianz gehören nicht nur Parteien wie SP, Grüne, GLP oder BDP, sondern auch zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sowie kirchliche Kreise. Letztere haben sich im Komitee «Kirche für Konzernverantwortung» zusammengeschlossen – dazu gehören über 650 Kirchgemeinden und Pfarreien. Diese setzen sich teils deutlich sichtbar für die Initiative ein. So hängt beispielsweise an der Berner Pauluskirche ein grosses Ja-Banner vom Kirchturm.

Das politische Engagement der Kirchen ist den Jungfreisinnigen ein Dorn im Auge. «Das Engagement der öffentlich-rechtlichen Kirchen für die Konzernverantwortungs-Initiative ist unerhört und verstösst gegen die Verfassung», sagt Jungfreisinnigen-Präsident Matthias Müller zu BLICK.

Stimmrechtsbeschwerde in vier Kantonen

Seine Partei fährt deshalb schweres Geschütz auf und geht in den vier Kantonen Aargau, Bern, St. Gallen und Thurgau mit Stimmrechtsbeschwerden gegen das kirchliche Polit-Engagement vor. «Es ist zwingend notwendig, dass sich – im Interesse der Rechtssicherheit – die Gerichte dazu äussern können, wo die rechtlichen Grenzen der Kirchen sind», so Müller.

Deutliches Ja zur Konzern-Initiative
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GfS-Umfrage zur Abstimmung:Deutliches Ja zur Konzern-Initiative

Die besagten Kirchen hätten sich bei politischen Abstimmungen strikt neutral zu verhalten, ist er überzeugt. Als öffentlich-rechtliche Körperschaften seien die Kirchen an die grundrechtlich geschützte Abstimmungsfreiheit gebunden und damit zur politischen Neutralität verpflichtet, argumentieren die Jungfreisinnigen. Sie dürften nur in einen Abstimmungskampf eingreifen, wenn sie von einer Vorlage besonders betroffen seien. Das sei hier nicht der Fall.

Die Jungfreisinnigen wollen mit ihren Beschwerden erreichen, dass sämtliche weitere Interventionen in den Abstimmungskampf «umgehend untersagt werden».

Pfarrer: «Gott ist nicht neutral»

Eine Forderung, die bei den betroffenen Kirchen auf wenig Gegenliebe stossen dürfte. Der Zürcher Grossmünster-Pfarrer Christoph Sigrist (57) verteidigt das kirchliche Engagement. Kirchliche Kreise seien schon bei der Lancierung mit dabei gewesen.

Nicht ohne Grund: «Die Kirche hat sich schon immer für die sozial Benachteiligten eingesetzt», sagt er im BLICK-Interview. Und: «Gott ist nicht neutral! Er bezieht Partei für die Armen.»

Darum geht es bei der Konzernverantwortungs-Initiative

Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative ab. Sie will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz dafür haften, wenn sie, ihre Tochterfirmen oder andere kontrollierte Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen. Im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung müssen Unternehmen künftig mögliche Risiken erkennen und geeignete Massnahmen dagegen ergreifen. Diese Sorgfaltspflicht gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.

Dagegen sind Bundesrat und Parlament. Sie argumentieren, dass ein Ja ein Alleingang der Schweiz wäre, der vor allem dem Wirtschaftsstandort schaden würde. Dem Nein-Lager gehören CVP, FDP und SVP an, dazu kommen die Wirtschaftsverbände, allen voran der Dachverband Economiesuisse. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.

Dafür sind neben den über hundert Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative ergriffen haben, SP, Grüne, GLP, EVP und BDP. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit Vertretern von CVP und FDP.

BLICK beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur Initiative.

Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative ab. Sie will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz dafür haften, wenn sie, ihre Tochterfirmen oder andere kontrollierte Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen. Im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung müssen Unternehmen künftig mögliche Risiken erkennen und geeignete Massnahmen dagegen ergreifen. Diese Sorgfaltspflicht gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.

Dagegen sind Bundesrat und Parlament. Sie argumentieren, dass ein Ja ein Alleingang der Schweiz wäre, der vor allem dem Wirtschaftsstandort schaden würde. Dem Nein-Lager gehören CVP, FDP und SVP an, dazu kommen die Wirtschaftsverbände, allen voran der Dachverband Economiesuisse. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.

Dafür sind neben den über hundert Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative ergriffen haben, SP, Grüne, GLP, EVP und BDP. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit Vertretern von CVP und FDP.

BLICK beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur Initiative.

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