Auf einen Blick
- Parlament will Schweizer Stahlindustrie retten
- «Lex Gerlafingen» befreit Werke teilweise von Netzgebühren
- SVP-Nationalrat Thomas Burgherr kritisiert Entscheid als Weg in die Industriepolitik
- Mit einem Vorstoss will er die Industriepolitik verbieten
Das Parlament will die angeschlagene Stahlindustrie in der Schweiz retten. Mit einer «Lex Gerlafingen», welche die stromintensiven Werke zumindest teilweise von Netzgebühren befreit. Zum Ärger von FDP, SVP und GLP, welche die Nothilfe im Nationalrat als «Industriepolitik durch die Hintertür» geisselten und deshalb mehrheitlich ablehnten.
Dabei waren es Abweichler aus den Reihen der SVP (ein Drittel) und der FDP (eine Handvoll), die dem als dringlich erklärten Gesetz in der grossen Kammer zum Durchbruch verhalfen. Ebenso im Ständerat.
Burgherr befürchtet «Subventionsspirale»
Ein Umstand, der SVP-Nationalrat Thomas Burgherr (62) auf die Palme bringt. «Der Entscheid ist einfach unverständlich. Umso mehr ärgert mich, dass auch viele bürgerliche Kolleginnen und Kollegen zugestimmt haben», so der Aargauer zu Blick. Staatspolitisch hätte man diese staatliche Hilfe nie aussprechen dürfen. Es gehe nicht an, dass nur eine einzelne Branche mit wenigen grossen Unternehmungen bevorteilt werde.
Burgherr geht davon aus, dass nun auch andere Branchen eine solche Hilfe einfordern dürften. «Es wird eine Subventionsspirale geben», befürchtet er. Eine solche einseitige Staatshilfe werde eine Wettbewerbsverzerrung bewirken.
Bundesverfassung soll geändert werden
«Mit diesem Entscheid haben wir den Weg in die Industriepolitik eingeschlagen», so Burgherr. Nun will er das Parlament doch noch zur Umkehr bewegen. Mit einem Vorstoss fordert er eine Ergänzung der Bundesverfassung, welche einer nationalen Industriepolitik «sehr enge Grenzen setzt oder sie allenfalls sogar verbietet». Damit will Burgherr verhindern, dass der Staat noch stärker in die liberale Wirtschaftsordnung eingreift.
«Industriepolitik ist sehr kostspielig für den Staat und den Steuerzahler», moniert Burgherr. Die strukturellen Probleme eines Wirtschaftszweigs würden durch die Intervention nämlich nicht gelöst, sondern nur zugedeckt. «Es besteht das Risiko, dass die einmal gewährte Unterstützung immer wieder verlängert werden muss.»
Instrumente bereits vorhanden
Die Politik könne nicht einfach alle möglichen Veränderungen für die Unternehmen auffangen. Der Markt und die Unternehmen müssten selber rasch Lösungen finden, um sich rasch anpassen zu können. Zudem verfüge die Schweiz bereits über genügend Instrumente, wie etwa die Kurzarbeitsentschädigung.
«Solche Instrumente greifen gut und schnell – und treffen auch zielgenau», so Burgherr. Sobald man aber beginne, vorsorglich und spekulativ steuernd einzugreifen, werde es schwierig, kompliziert und teuer. «Eine solche Industriepolitik schafft nur wieder neue Probleme», macht er klar. «Die Politik sollte die Finger davon lassen!»