«Sind bereits heute am Limit»
Der Bundesrats-Sparhammer gefährdet die Wald-Büezer

Die Forstbranche in der Schweiz kämpft mit Fachkräftemangel und finanziellen Herausforderungen. Nun plant der Bundesrat, Fördergelder für Aus- und Weiterbildungen zu streichen. Das bringt die bereits angeschlagene Waldpflege endgültig unter Druck.
Publiziert: 16.04.2025 um 18:37 Uhr
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Aktualisiert: 18.04.2025 um 11:43 Uhr
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Lässt der Bund den Wald im Stich?
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Bundesrat will Förderleistungen für Forstausbildungen trotz Fachkräftemangel streichen
  • Waldausbildungen sind teuer, nun könnten sie für die Auszubildenden noch mehr kosten
  • Beiträge von fast einer Million Franken pro Jahr sollen wegfallen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Im Bundeshaus sägen sie am eigenen Ast. Zwar fordert das Bundesamt für Umwelt (Bafu) in seinem Waldbericht 2025, dass die Schweizer Wälder zwingend an den Klimawandel angepasst werden. Denn Extremwetter, Trockenheit und Schädlinge setzen sie unter Druck.

Andererseits will der Bundesrat sparen. Ist das Wohlergehen der Bäume da nur sekundär? Mit dem geplanten Entlastungspaket will der Bundesrat nämlich seine Förderleistungen für Aus- und Weiterbildungen im Forstwesen ersatzlos streichen – trotz grossem Fachkräftemangel. Die Folgen für den Wald könnten fatal sein, warnen Fachleute.

Waldausbildung ist ausgesprochen teuer

Die Forstbranche hängt bereits heute in den Seilen. Die Arbeitsbedingungen sind hart und die Löhne tief – dementsprechend laufen Försterinnen und Förster in Scharen davon. «Die Absicht des Bundes ist für die Waldwirtschaft deshalb besonders einschneidend», sagt etwa Bruno Röösli (54), Stiftungspräsident der Interkantonalen Försterschule in Lyss BE.

Die Waldausbildungen sind ein enges Geflecht aus betrieblicher und staatlicher Unterstützung. Besonders die Kantone leisten einen gewichtigen finanziellen Beitrag. Elf von ihnen tragen bereits seit mehr als fünf Jahrzehnten die Stiftung des Lysser Bildungszentrums. Es sorgt zusammen mit der interkantonalen Stiftung Försterschule in Maienfeld für die schweizweite Aus- und Weiterbildung von Fachleuten im Wald.

«Man verstand schon früh, dass die Ausbildung in unserer Branche besonders teuer ist», sagt Röösli. Denn die Wälder stehen dort, wo sie stehen. «Wir haben kein Labor oder eine Übungshalle, wo wir alle zentral schulen können.»

Kantone werden kaum einspringen

Mit seiner Sparwut trifft der Bundesrat genau diese empfindliche Stelle. Zwar würde das Bafu auch weiterhin die Koordination der Ausbildungen unterstützen. Und der Beitrag für die Grundausbildung der Forstwarte bleibt bestehen. Unter anderem das Geld für die praktischen Kurse soll jedoch wegfallen – und zwar auf allen Ausbildungsstufen, von der Berufslehre über die Höhere Fachschule bis zu Weiterbildungen auf Hochschulstufe.

Laut Röösli geht es um Beiträge von fast einer Million Franken pro Jahr. Im Vergleich zu den geplanten Gesamtentlastungen des Bundes von bis zu 3,6 Milliarden Franken tönt dies wie Kleingeld – doch wer füllt die Lücke?

Das Loch müssen wohl die Büezer stopfen

Wohl nicht die Kantone. «Die Signale deuten nicht darauf hin, da der Wald eine Verbundaufgabe von Bund und Kantonen ist», sagt Röösli. Auf Anfrage von Blick spricht etwa die Berner Umweltdirektion von einer «Unterfinanzierung mit nicht absehbaren Folgen». Ob der Kanton diese auffangen könne, sei nicht gesichert. Die drohende Konsequenz: Die Büezer im Wald müssen für ihre Aus- und Weiterbildungen tiefer in die Tasche greifen.

«Wir bewegen uns bereits heute am Limit», sagt Rolf Dürig (68), Geschäftsführer des Dachverbandes OdA Wald Schweiz. Zwar kämen immer noch genügend Lehrlinge. Doch nach der Ausbildung wandere rund die Hälfte ab. Das würde sich durch die ausbleibenden Beiträge nur noch verschärfen. «Wenn es tatsächlich passiert, müssten wir zahlreiche Leistungen einschränken», so Dürig. 

Darunter fielen auch Ausbildungskurse für Instruktoren. Diese sind bis anhin kostengünstig. «Wenn diese plötzlich mehr kosten, werden es sich viele zweimal überlegen», sagt Dürig. Damit würden selbst die Fachkräfte fehlen, um willige Fachkräfte weiterzubilden – ein Teufelskreis.

Sparhammer könnte für Bund zum Bumerang werden

Nicht nur Förster, sondern auch Landwirte und andere forstlich ungelernte Arbeitskräfte sind davon betroffen. Wenn sie im Wald arbeiten wollen, schreibt ihnen der Bund Sicherheitskurse vor – die er jetzt selbst verteuern könnte. Heisst: Es verzichten wohl noch mehr darauf, den Wald zu pflegen – oder sie verursachen mehr Unfälle.

Röösli gibt zudem zu bedenken, dass der Bundesrat mit seinen Massnahmen viele Brücken ganz einreisst. «Hier werden gesetzliche Grundlagen gestrichen», sagt er. Ist die Staatskasse nach der Sparkur wieder gesund, können die Gelder also nicht einfach erneut gesprochen werden. Und das ausgerechnet bei einer Branche, die auf staatliche Unterstützung angewiesen ist. Denn die zahlreichen Auflagen und schwierigen topographischen Bedingungen führen zu hohen Kosten. «Zieht sich der Bund zurück, können das die Betriebe nicht einfach kompensieren.»

Sowieso führe das Knausern kaum zu Einsparungen, fügt Röösli an. «Ein grosser Teil des Schweizer Waldes hat eine Schutzfunktion», sagt der Stiftungspräsident und Luzerner Kantonsförster. Diesen zu pflegen, sei gesetzlich verankert. Fällt nun noch mehr Personal in den Forstbetrieben weg, wird die Waldpflege für den Staat schlicht teurer.

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