16 Kantone haben Überschüsse – jetzt werden Steuersenkungen gefordert
Milliarden-Gewinne zurück ans Volk!

Wieder haben zahlreiche kantonale Finanzdirektoren falsch gerechnet: Viele Kantone verzeichnen – entgegen der Prognosen – hohe Überschüsse. Braucht es jetzt Steuerrückvergütungen an die Bevölkerung?
Publiziert: 11.04.2025 um 00:31 Uhr
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Aktualisiert: 11.04.2025 um 10:29 Uhr
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Den Kantonen geht es finanziell im Schnitt sehr gut.
Foto: Pius Koller

Darum gehts

  • Kantone verzeichnen hohe Steuereinnahmen und Überschüsse trotz teils düsterer Prognosen
  • Genf erzielte 541 Millionen Gewinn, Zug 310 Millionen Gewinn
  • Avenir Suisse schlägt Steuerrückvergütungen für ungeplante Überschüsse vor
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Lucien FluriCo-Ressortleiter Politik

In den Büros einiger Finanzdirektoren knallten in den letzten Tagen wohl die Korken. Denn in den meisten Kantonen sprudeln die Steuereinnahmen. Das sorgt für teils satte Gewinne, wie der Blick auf die soeben veröffentlichten Abschlüsse 2024 zeigt. Einige Säckelmeister hatten sich wiederum um mehrere Hundert Millionen Franken verschätzt – und einmal mehr viel zu negativ budgetiert.

Die Mehrheit der Kantone schloss mit einem Plus oder einem relativ ausgeglichenen Budget ab. Ein paar Beispiele: Genf fuhr satte 541 Millionen Gewinn ein, Zug weist 310 Millionen Überschuss aus, Luzern ist 293 Millionen im Plus. Baselland machte 157 Millionen vorwärts, Zürich 150 Millionen und im Aargau sind es noch immer 144 Millionen. Die Liste liesse sich fortsetzen (siehe Grafik).

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Hinzu kommt: 2024 gab es kein Geld von der Nationalbank. 2025 fliessen aber wieder zwei Milliarden an die Kantone. Das dürfte die Rechnungen im nächsten Jahr nochmals aufhübschen. Richtig düster sieht die Situation vor allem in der Waadt (-369 Millionen), im Tessin (-72 Millionen) und in zwei Ostschweizer Kantonen aus: Sowohl der Thurgau (-122 Millionen) als auch St. Gallen (-243 Millionen) sind tief im Minus. 

Muss das Geld zum Volk zurück?

Lukas Rühli (45) befasst sich bei der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse regelmässig mit den Kantonsfinanzen. «Im Durchschnitt geht es den Kantonen finanziell sehr gut», bilanziert er. «In den letzten zehn Jahren gab es im Schnitt deutliche Überschüsse.» Rühli «würde wetten», dass die Abschlüsse auch 2025 besser ausfallen werden als angekündigt. Das legt auch der Blick zurück nahe: In den letzten Jahren waren die Prognosen immer um mehrere Milliarden Franken zu düster. Oft werde vorsichtig budgetiert nach dem Motto: Die Überschüsse gehören der Vergangenheit an, jetzt kommen andere Zeiten. 

Avenir Suisse hat bereits eine Idee lanciert für den Umgang mit Überschüssen, die trotz düsteren Prognosen regelmässig anfallen: Steuerrückvergütungen! Macht ein Kanton ungeplant Überschüsse, könnte er diese der Bevölkerung rückvergüten. «In Kantonen ohne wesentliche Verschuldung gehören Überschüsse eigentlich der Bevölkerung», sagt Rühli. «Wenn es mit der regulären Steuersenkung nicht klappt, ist nichts naheliegender als die Rückerstattung.» Dies wäre auch risikofreier als Steuersenkungen, die den Kanton nach ein, zwei schlechten Jahren auf dem falschen Fuss erwischen könnten. 

Kantone warnen: «trügerische Momentaufnahme»

Trotz teils massiver Gewinne: Die Kantone bestreiten, dass es ihnen insgesamt gut geht. Eben erst hat die Konferenz der Kantonsregierungen dazu ein Schreiben veröffentlicht. «Die teilweise guten kantonalen Abschlüsse der letzten Jahre sind eine trügerische Momentaufnahme», heisst es darin. Die Kantone warnen: Die Unterschiede zwischen den Kantonen hätten deutlich zugenommen, man kämpfe mit Defiziten, müsse Sparpakete schnüren oder Investitionen zurückstellen. Die Kosten im Gesundheits- und Pflegebereich würden stark steigen. 

Der Hintergrund der Warnungen: Der Bund will sparen und dabei Aufgaben (und Kosten) an die Kantone abschieben. Das will man bei den kantonalen Finanzdirektoren unbedingt verhindern. Sie fordern, dass Finanzministerin Karin Keller-Sutter (61) bei ihrem Entlastungspaket «grundlegend nachbessert»: «Die Sanierung der Bundesfinanzen darf nicht auf Kosten der Kantone gehen», verlangen sie. 

Experte Lukas Rühli sieht das etwas anders. Zwar fände er es nicht gut, sollte der Bund Aufgaben nur deshalb an die Kantone abschieben, weil er sparen will. Im Grundsatz aber sieht er es als wichtigen Bestandteil des föderalen Staatsgebildes an, dass die Aufgaben auf tiefstmöglicher Stufe erfüllt werden. Das heisst: Lieber Kantone als Bund, dies gäbe den Kantonen auch mehr Einfluss. In der Realität sei dies aber oft anders: Die Kantone würden alleine aus finanzpolitischer Motivation gerne Aufgaben an den Bund abschieben, so Rühli. 

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