Boostern, boostern, boostern! Um der Omikron-Welle Paroli zu bieten, rufen Bund und Kantone zum dritten Piks auf. Am Mittwoch legte auch Gesundheitsminister Alain Berset (49) nochmals nach. Statt Verschärfungen zu beschliessen, appellierte er auf Twitter an Bevölkerung: «Jetzt impfen lassen! Frische Impfung oder Booster-Impfung schützt sehr gut vor schwerer Erkrankung – auch bei Omikron.»
Bloss, noch nicht alle Kantone sind beim Boostern so richtig in die Gänge gekommen. Stand Dienstag hat mit 23,2 Prozent nur gut ein Viertel der Bevölkerung die Auffrischimpfung erhalten, wie die Impfstatistik des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zeigt.
Spitzenreiter sind Basel-Stadt mit 28,9 Prozent, Graubünden mit 28,3 Prozent und Uri mit 27,7 Prozent. Auch Schaffhausen, Zug, Bern, Basel-Landschaft und Zürich haben die 25-Prozent-Hürde bereits gemeistert.
Westschweizer auf den hinteren Rängen
Am anderen Ende der Skala rangieren hingegen nicht etwa die als Impfmuffel geltenden Ost- und Innerschweizer – selbst die beiden Appenzell tummeln sich im Mittelfeld –, sondern die Westschweizer. Aktuell der grösste Booster-Trödler: Neuenburg mit einer Auffrischungs-Quote von gerade mal 13,2 Prozent. Mit dem zweitletzten Platz begnügt sich ausgerechnet Bersets Heimatkanton Freiburg (14,9 Prozent).
Auch die übrigen Westschweizer Kantone hinken hinterher: Genf und Jura mit jeweils 18,2 Prozent, das Wallis mit 20,6 Prozent und die Waadt mit 21,1 Prozent.
In der Deutschschweiz hingegen hat nur Obwalden die 20-Prozent-Hürde noch nicht geknackt.
Schlusslicht Neuenburg antwortet nicht
Doch woran liegt es, dass ausgerechnet die Welschen beim Boostern lahmen? Liegen sie doch bei den vollständig Geimpften mehrheitlich über dem Schweizer Schnitt.
Das Schlusslicht Neuenburg liess eine Blick-Anfrage bisher unbeantwortet. Ebenso der Kanton Genf.
Kurz angebunden zeigt sich Berset-Kanton Freiburg. Man habe gerade nicht die Zeit, die Zahlen zu analysieren, heisst es aus dem Gesundheitsdepartement. Man müsse aber berücksichtigen, dass die in der Broye wohnhaften Personen im interkantonalen Spital im Kanton Waadt geimpft würden. «Unsere Impfkapazität wird Anfang Januar konsequent ausgebaut», verspricht der Kanton.
Der Kanton Wallis hingegen hat eine Erklärung für seinen Booster-Rückstand: «Einige Kantone hatten bereits während der nationalen Impfwoche mit der Auffrischimpfung begonnen, was im Wallis nicht der Fall war», schreibt das Gesundheitsdepartement. Der Rückstand werde aber aufgeholt. «Der Abstand zum Schweizer Durchschnitt verringert sich allmählich!»
Jura verteidigt sich
Auch der Kanton Jura hat erst Mitte November mit der Booster-Kampagne begonnen. «Wir haben unsere Strukturen nach und nach an unsere Kapazitäten angepasst, um der Nachfrage gerecht zu werden», erklärt ein Sprecher. Der Kanton musste auf die Hilfe der Armee zurückgreifen, «die es uns ermöglichte, der Kampagne eine neue Dynamik zu verleihen». Der Kanton verweist zudem auf den Personalmangel, so dass Personal aus den eigenen Spitälern «nicht wie in diesem Sommer zu Hilfe kommen konnte, da es selbst unter Druck stand».
Immerhin werde das Delta nun aber kleiner, so der Sprecher. Schaue man sich nur die Anspruchsberechtigten nach 4 Monaten Wartefrist an, sei die Quote aktuell bei 41 Prozent. Auf die Gesamtbevölkerung gerechnet habe man die 20-Prozent-Hürde nun auch übersprungen.
Waadt: «Wir haben jeden Tag freie Plätze»
Der Kanton Waadt liegt mit 21,1 Prozent zwar unter dem helvetischen Durchschnitt. Er tröstet sich aber damit, dass er damit die Westschweizer Rangliste anführt. «Wir haben mehr als doppelt so viele Impfungen durchgeführt wie das Wallis und ebenfalls fast doppelt so viele wie der Kanton Genf», schreibt das Gesundheitsdepartement. Tatsächlich hat der grösste Westschweizer Kanton bereits über 170'000 Personen geboostert.
Zudem müsse man auch die Impfraten unter den Älteren betrachten. Diese bekamen den Vorzug. «Bei den über 75-Jährigen haben mehr als 75 Prozent der Berechtigten eine Auffrischungsdosis erhalten oder bereits einen Termin für die nächsten Tage vereinbart, und bei den über 65-Jährigen haben 72 Prozent eine Dosis oder einen Termin erhalten», schreibt der Kanton. «Das sind gute Abdeckungsraten – und auch wenn die Terminvergabe zwischen Weihnachten und Neujahr etwas nachgelassen hat, vereinbaren Bewohnerinnen und Bewohner aller Altersgruppen im Kanton Waadt weiterhin Termine.»
Der Kanton habe zudem genügend Kapazitäten für weitere Impfungen: «Wir haben jeden Tag freie Plätze.» Mit einer Kapazität von 60'000 Plätzen pro Woche habe der Kanton im Moment mehr Angebot als Nachfrage.
Das Beispiel Waadt zeigt: Es liegt nicht nur an den Behörden. Auch die Bevölkerung muss sich an der Nase nehmen.