Darum gehts
- Europa und die Schweiz rüsten auf – hierzulande bleibt die Finanzierung unsicher
- SVP und Mitte schlagen Staatsanleihen für Armeeaufrüstung vor
- Bis zu 40 Milliarden Franken sollen für Verteidigung aufgebracht werden
Europa rüstet auf. Der Deutsche Bundestag hat ein Mega-Finanzpaket abgesegnet. Am Dienstag hat er einer Neuverschuldung von rund 1 Billion Euro zugestimmt. Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit fallen künftig nur noch teilweise unter die Schuldenbremse.
Auch die EU will bis zum Ende des Jahrzehnts massiv aufrüsten. Weil sie sich von Russland bedroht fühlt, soll die Verteidigungsbereitschaft entscheidend gestärkt werden. Allein in den kommenden vier Jahren sollen insgesamt 800 Milliarden Euro (knapp 765 Milliarden Franken) aufgeworfen werden.
Auch die Schweiz will wieder verteidigungsfähig werden. Das Parlament hat eine Aufstockung des Armeebudgets beschlossen – 30 Milliarden Franken bis 2028, 4 Milliarden mehr als bisher. Bis 2032 soll das Budget 1 Prozent des BIP erreichen.
Doch noch immer ist nicht klar, woher das Geld kommen soll. Bisher scheiterten alle Vorschläge. Und angesichts des Spardrucks kann das Parlament jederzeit wieder Kürzungen beschliessen. Die Finanzierung ist damit nach wie vor unsicher, eine fixe Planung auf mehrere Jahre hinaus für die Armee kaum möglich.
Bürger könnten Staatsanleihen erstehen
Nun unternimmt eine Allianz von SVP und Mitte einen neuen Anlauf. Ihr Ziel: Der Bundesrat soll einen «ausserordentlichen Landesverteidigungskredit» aufgleisen – und das gleich mit bis zu 40 Milliarden! So sollen die Armee vollständig ausgerüstet, Waffensysteme modernisiert und die Munitionsvorräte aufgestockt werden.
Weil die Staatskasse aber leer ist, haben sich die Initianten um den federführenden SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (60) eine besonders kreative Lösung einfallen lassen: Das Geld soll durch die Ausgabe von Staatsanleihen aufgebracht werden, allenfalls garantiert durch Mittel der Nationalbank. Oder anders: Panzer auf Pump!
Die Ausgabe von Staatsanleihen bedeutet nichts anderes, als dass sich der Bund Geld leiht. Das kann er bei Banken machen, er kann es aber auch bei seinen Bürgern versuchen. Nach Ablauf einer bestimmten Laufzeit würde der Bund den Kredit mit Zinsen wieder zurückzahlen.
Schweiz müsse unverzüglich handeln
Auch die Gruppe um SVP-Addor verweist auf Deutschland, das ausnahmsweise von der Schuldenbremse absehe: «Der Entscheid verdeutlicht, wie dringlich es für die Staaten Europas ist, angesichts der globalen Unsicherheiten ihre Verteidigung zu stärken.» Auch die Schweiz müsse unverzüglich handeln. Die bisherigen Beschlüsse des Parlaments würden bei weitem nicht reichen: «Sie erlauben nicht einmal die vollständige Ausrüstung unserer Armee.»
Damit das Schweizer Militär bei einer allfällig deutlichen Budgetaufstockung das Geld aber nicht aus dem Fenster rauswirft, soll das Parlament die «ordnungsgemässe Verteilung» kontrollieren. Die Befürworter sind überzeugt, dass sich das lohnt: Die Investition werde die Wirtschaft stärken, die heimische Industrie ankurbeln, technologisches Know-how festigen und die Beschäftigung fördern.
Bundesrat lehnte bisher alles ab
Beim Bundesrat dürfte der Vorschlag dennoch kaum Begeisterung auslösen. Schon mehrfach hat die Landesregierung Finanzierungsvorschläge für eine rasche Aufrüstung abgeschossen. Getreu dem Motto: Finanz- vor Sicherheitspolitik.
Eine Neuverteilung der OECD-Mindeststeuer, ein zurückzuzahlender Spezialfonds, eine Wehranleihe oder eine befristete Erhöhung der Mehrwertsteuer – frustriert hatte die abtretende Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) an ihrer letzten Medienkonferenz über ein halbes Dutzend Vorschläge aufgezählt. Alle wurden sie vom Bundesrat abgelehnt und darauf vom Parlament versenkt.
Nun nehmen SVP und Mitte einen neuen Anlauf. Und hoffen, dass eine Aufrüstung auf Pump beim Bundesrat auf mehr Wohlwollen stösst.