«Wer kein Geschäft will, wird nicht mehr lange da sein»
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Trump kritisiert Selenski:«Wer kein Geschäft will, wird nicht mehr lange da sein»

Trump stoppt Ukraine-Gelder – was heisst das für die Schweiz?
«Wir sollten jetzt nicht mit Europa mitziehen müssen»

US-Präsident Trump setzt die Militärhilfe an die Ukraine aus. Was bedeutet das für die Sicherheits- und Asylpolitik der Schweiz? Und wie reagiert man im Bundeshaus? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen und liefert Reaktionen.
Publiziert: 04.03.2025 um 15:15 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2025 um 16:20 Uhr
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FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro äussert sich besorgt. Migration sei für Putin eine Waffe, meint sie.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Trump stoppt Ukraine-Hilfe. Schweiz diskutiert Reaktion und Auswirkungen
  • Politiker fordern stärkere Landesverteidigung und europäische Zusammenarbeit
  • 6 Milliarden Franken Fixpreis für F-35-Kampfjets wird in Frage gestellt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

US-Präsident Donald Trump (78) macht Ernst: Die US-Regierung stellt die Militärhilfen für die Ukraine vorerst ein. Die Hilfe werde daher bis auf Weiteres ausgesetzt und einer Überprüfung unterzogen. Die Folgen könnten drastisch sein. Auch für die Schweiz? Blick hat sich im Bundeshaus umgehört und liefert Antworten. 

Wie sollte die Schweiz jetzt reagieren?

Darüber gehen die Meinungen auseinander. Für SP-Aussenpolitiker Fabian Molina (34) ist klar: «Entscheidend für die Sicherheit der Schweiz und Europa ist, dass Putin diesen Krieg nicht gewinnt. Europa und die Schweiz haben darum ein grosses Interesse daran, die Ukraine zu unterstützen.» Die Schweiz müsse ihre Zurückhaltung bei der Unterstützung der Ukraine ablegen. «Die Neutralität erlaubt uns, die humanitäre Hilfe auszubauen, nächste Woche wird sich der Nationalrat damit befassen müssen.»

FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (62) sagt, für Europa müsse das «ein Weckruf sein». «Die Friedensdividende, von der die Schweiz und Europa lange Zeit profitiert hat, wird nicht mehr gelten.»

SVP-Aussenpolitiker Roland Rino Büchel (59) sieht die aktuellen Entwicklungen locker. «Das Vorgehen von Trump ist für ihn typisch: Er haut erst mal rein – und diskutiert dann recht schnell wieder.»

Wie verhält sich die offizielle Schweiz?

Die offizielle Schweiz bleibt bislang ruhig. Nach dem Eklat zwischen Trump und Selenski am Freitag bekräftigte Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61, FDP) erst am Wochenende das Engagement für einen gerechten Frieden in der Ukraine. Die Schweiz bleibe entschlossen, einen gerechten und dauerhaften Frieden zu unterstützen, schrieb sie auf der Plattform X. Die Schweiz verurteile «Russlands Aggression gegen einen souveränen Staat».

Zu wenig? Sibel Arslan (44, BastA/Grüne) will, dass der Bundesrat nun Massnahmen vorlegen muss, wie die Schweiz sich in diesem Konflikt verhalten will und wie man auf die Machtdemonstration der Trump-Administration reagieren will. 

Für FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro (64) ist aber klar: «Wir sollten nicht unnötig mit Statements provozieren. Nun müssen wir uns einfach weiter solidarisch zeigen.»

Was bedeutet das für die Schweizer Landesverteidigung?

Im Grundsatz sind sich die Parlamentarier einig: Die aktuellen Entwicklungen sind der Sicherheit Europas und der Schweiz keineswegs zutragend. Wie die Schweiz darauf reagieren soll, sind sich die Parteien jedoch nicht einig. Für SVP-Nationalrat Mauro Tuena (53) ist klar: Die Schweiz muss neutral bleiben. «Wir sollten jetzt nicht mit Europa mitziehen müssen», sagt er. Die Entwicklungen würden aber zeigen: Eine starke Armee sei wichtiger denn je.

Auch FDP-Ratskollegin de Quattro fordert eine Schweiz, die sich im «Worst Case» selber verteidigen kann. «Wir dürfen nicht die Sicherheitslücke Europas sein», sagt sie. Ein Beitritt zu einer Verteidigungsallianz wie der Nato sei zwar ausgeschlossen, doch müsse die Schweizer Armee dennoch stärker mit der EU zusammenarbeiten. 

Das sieht Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (61) ebenfalls so: «Die Schweiz muss Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur sein, denn sie profitiert ebenfalls davon.» Und selbst im linken Lager dringt die Forderung durch. «Der Krieg bedroht die Sicherheit Europas und wir brauchen eine europäische Antwort darauf», sagt etwa Arslan.

Kommen jetzt mehr Flüchtlinge?

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) schreibt auf Blick-Anfrage, man habe die jüngsten Aussagen aus den USA zur Kenntnis genommen. «Stand heute geht das SEM nicht davon aus, dass diese Ankündigung unmittelbare Auswirkungen auf die Zahl der Asyl- und Schutzgesuche in der Schweiz haben wird.»

Längerfristig könnten aber durchaus mehr Flüchtlinge kommen, so Politiker. «Niemand in der Ukraine will unter russischer Besatzung leben, darum muss man mit vermehrten Flüchtlingen rechnen, sollten die Russen weiter Land annektieren. Zudem werden weniger Ukrainerinnen und Ukrainer zurückkehren können, wenn der Krieg nicht beendet wird», sagt SP-Nationalrat Molina. 

FDP-Nationalrätin de Quattro nennt die Migration «eine Waffe Putins». «Je mehr kommen, desto mehr sinkt die Unterstützung. Das merkt man im Schweizer Volk bereits», sagt sie. «Eine neue Flüchtlingswelle wird für die Schweiz eine grosse Herausforderung. Die Schweiz muss natürlich ihrer humanitären Tradition gerecht werden. Doch der Bund muss selektiver sein – es gibt auch Profiteure, die im Zuge des Kriegs aus anderen Ländern als der Ukraine kommen. Wenn wir da stärker durchgreifen, steigt auch die Akzeptanz wieder.»

Was bedeutet das für die Kampfjet-Beschaffung?

Parlamentarier zweifeln auch, wie verlässlich der Fixpreis von rund 6 Milliarden Franken für die F-35-Kampfjets aus den USA ist. Sicherheitspolitiker fordern gegenüber dem «Tages-Anzeiger» eine erneute Überprüfung des Deals. Der F-35 werde für die Schweiz finanz-, aber auch sicherheitspolitisch immer mehr zum Risiko, sagte SP-Nationalrätin Sarah Wyss (36), die Präsidentin der Finanzkommission, zu «20 Minuten».

Trump habe nicht etwa neue Lieferungen gestoppt, sondern bereits vom US-Parlament bewilligte. «Ein zuverlässiger Vertragspartner verhält sich niemals so», so Wyss. Die Schweiz sollte sich überlegen, den F-35-Vertrag «ganz zu kündigen». Sie sagt: «Ich fordere vom Bundesrat Antworten, wie allfällig aus dem Beschaffungsvertrag ausgestiegen werden kann und welche Konsequenzen dies auch finanziell hätte.»

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