Auf einen Blick
- USA stoppt bis auf Weiteres die Militärhilfe für die Ukraine
- Trump kritisiert Selenski scharf und sucht Nähe zu Putin
- Über 65 Milliarden Dollar militärische Hilfe seit Kriegsbeginn bereitgestellt
Drei Jahre nach Kriegsbeginn stellt die US-Regierung ihre Militärhilfe für die Ukraine vorerst ein und bringt das von Russland angegriffene Land damit in schwere Nöte. Präsident Donald Trump wolle einen Friedensschluss erreichen, hiess es aus dem Weissen Haus. Die Hilfe werde daher bis auf Weiteres ausgesetzt und überprüft. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski mit der Aussage, ein Deal zur Beendigung des Kriegs sei noch in weiter Ferne, erneut den Zorn Trumps auf sich gezogen.
Der Stopp der US-Militärhilfe, der wenige Tage nach einem beispiellosen Eklat während Selenskis Besuch im Weissen Haus verkündet wurde, dürfte drastische Folgen für die Ukraine haben. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 waren die Vereinigten Staaten der wichtigste Unterstützer des Landes bei der Verteidigung gegen den Aggressor Russland.
Waffen zum Teil schon in Polen
Trumps Anordnung trete sofort in Kraft und betreffe Waffen und Munition im Wert von mehr als einer Milliarde US-Dollar, die bereits in der Auslieferung oder bestellt worden seien, berichtete die «New York Times» – einige davon sind US-Medien zufolge schon im Nachbarland Polen angekommen. Die «New York Times» berief sich auf einen Regierungsbeamten, nach dessen Aussage die Militärhilfe erst wieder aufgenommen werden soll, wenn für Trump erkennbar sei, dass sich die Ukraine zu Friedensverhandlungen mit Russland verpflichtet.
Der «Washington Post» zufolge wurde die Entscheidung bei einem Treffen am Montag im Weissen Haus getroffen. Trump tauschte sich demnach unter anderem mit Aussenminister Marco Rubio, Vizepräsident J.D. Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth aus.
Trump sieht Europäer in der Bringschuld
Trump hatte die Ukraine-Hilfen schon während des Wahlkampfes infrage gestellt und nach dem in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Streit mit Selenski im Oval Office am Freitag offen damit gedroht, Kiew jegliche Unterstützung der USA zu entziehen. Er behauptete, der Präsident der – von unzähligen Kriegstoten und grossflächigen Zerstörungen gezeichneten – Ukraine sei nicht an Frieden interessiert, solange die USA militärisch Hilfe leisten. Denn Selenski sehe darin einen strategischen Vorteil gegenüber Russland.
Die ukrainische Staatsführung wiederum hat mehrfach klargestellt, dass ein Friedens-Deal ohne Sicherheitsgarantien wertlos sei, weil Russland dann jederzeit aufs Neue angreifen könnte. Schliesslich habe sich Kremlchef Wladimir Putin schon in der Vergangenheit nicht um Absprachen, internationale Verträge und das Völkerrecht geschert. Und die USA seien der wichtigste Sicherheitsgarant überhaupt. Trump hingegen sieht die Europäer in der Bringschuld und will ihnen die Absicherung eines etwaigen Friedens überlassen.
Unter Trumps Amtsvorgänger Joe Biden waren die Vereinigten Staaten der wichtigste Unterstützer und mit Abstand grösste Waffenlieferant der Ukraine. Seit dem Beginn der russischen Invasion stellte Bidens Regierung mehr als 65 Milliarden Dollar (gut 62 Milliarden Euro) an militärischer Hilfe für Kiew bereit. Hinzu kamen andere Formen der Unterstützung, etwa wirtschaftlicher oder humanitärer Art – wie auch Hilfe bei der Ausbildung von ukrainischen Kampfjet-Piloten und die Bereitstellung von Geheimdienstinformationen. Offen ist, ob nun auch diese Hilfen vom radikalen Kurswechsel der US-Regierung betroffen sind.
Wie lange reicht der Waffen- und Munitionsvorrat?
Seit Trumps Amtsantritt im Januar gab es keine neuen militärischen Hilfspakete der USA mehr für die Ukraine. Bislang profitierte das angegriffene Land aber noch von Waffenlieferungen, die während Bidens Amtszeit angestossen worden waren. Schätzungen gingen bisher davon aus, dass das ukrainische Militär mit den von Biden eingeleiteten Waffenlieferungen noch etwa ein halbes Jahr in der gleichen Intensität weiterkämpfen könne.
Zwar bekommt die Ukraine auch viel Unterstützung von anderen westlichen Ländern. Ob diese den Wegfall der US-Hilfen aber ausgleichen können, ist höchst fraglich. Besonders bei den Raketen für die Flugabwehrsysteme des Typs Patriot sind die Lieferungen aus den USA nicht zu ersetzen. In der Flugabwehr drohen nun Schwachstellen, die das russische Militär für Attacken mit ballistischen Raketen und Marschflugkörpern ausnutzen könnte. Für das angeschlagene Energiesystem, Rüstungsfabriken und andere strategisch bedeutsame Angriffsziele der Russen gäbe es kaum Schutz.